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Gesellschaft

Südkoreas erste Cannes-Preisträgerin für Art Direction: Ryu Seong-hee

2016-06-21

Der Film „The Handmaiden“ (Dienerin oder Magd) des vielfach preisgekrönten Regisseurs Park Chan-wook („Old Boy“) ist ein düsterer Film, der im japanisch besetzten Korea der 1930er Jahre spielt. Die Geschichte handelt von vier Personen: der reichen Erbin Lady Hideko, dem intrigranten Grafen Fujiwara, der es auf ihr Vermögen abgesehen hat, der jungen Taschendiebin Sook-hee, vom Grafen als Dienstmädchen für Hideko angeheuert, sowie Hidekos hinterlistigem Onkel Kouzuki. Die Lebenswege dieser vier Menschen überschneiden sich, als Graf Fujiwara versucht, Lady Hideko um ihr Vermögen zu bringen.

„The Handmaiden“ ist Park Chan-wooks erster koreanischer Spielfilm seit „Durst“ vor sieben Jahren. Es war der einzige korenische Film, der zu den 69. Internationalen Filmfestspielen von Cannes als Wettbewerber eingeladen wurde. Er gewann zwar nicht den Hauptpreis des Festivals, die Goldene Palme, wurde aber auf dem dortigen Filmmarkt an 176 Länder verkauft, ein neuer Rekord für einen südkoreanischen Film. Und als weitere Ehre erhielt dessen künstlerische Leiterin Ryu Seong-hee den Prix Vulcain de l’Artiste Technicien für Art Direction, die erste koreanische Preisträgerin in dieser Kategorie. Hier ist Regisseur Park Chan-wook über seine Kollegin.

Ryus Auszeichnung als Art Director wurde von den absoluten Profis in technischen Bereichen wie Art Direction, Audio, Fotografie usw. vergeben. Die Preisträger hier kommen daher aus verschiedenen Bereichen. Der Preis wurde zum ersten Mal seit Jahrzehnten für Art Direction vergeben, und erstmals ohne einen zweiten Preisträger. Dies ist eine sehr wichtige Auszeichnung für die Profis auf diesem Gebiet. Die Anerkennung gilt dem technischen Aspekt des Films insgesamt, aber es ist auch eine Anerkennung für das Talent und die Leistung der Preisträgerin. Ich möchte Ryu gratulieren und ich bin auch sehr stolz auf sie.



Die Auszeichnung kam für Ryu Seong-hee völlig überraschend. Kein Wunder, dass sie es immer noch nicht richtig fassen kann.

Als ich zum ersten Mal davon hörte, dachte ich: „Habe ich das etwa verdient?“ Es war eine große Ehre, davon habe ich geträumt, seit ich mich mit Kinofilmen beschäftige. Es gab so viele großartige Filme in Cannes. Ich war immer beeindruckt von den großen Talenten in der Fotografie, Art Direction, Ton und anderen Bereichen, und wie viel Mühe sie sich mit der technischen und künstlerischen Filmgestaltung gaben. Es ist eine Auszeichnung, die mich schon immer anregte und inspirierte.

Ryu Seong-hee begann vor sechzehn Jahren als Produktionsdesignerin in Korea. Jetzt wurde sie in Cannes als technische Künstlerin von Weltrang anerkannt. Das große Herrenhaus in einer architekturischen Mischung aus Joseon, Japan und England, die auf die verschiedenen Filmfiguren abgestimmten Farben und die Requisiten waren wichtig, um die geheimnisvolle Atmosphäre des Films zu verstärken. Die Szenen aus „The Handmaiden“ bleiben noch lange in Erinnerung, wenn die Zuschauer das Kino verlassen.

Mann 1: Ryu Seong-hee ist großartig. Die künstlerische Leitung des Films war wirklich beeindruckend. Sie hat die besondere Gabe, die Requisiten und den Geist der Zeit in das große Ganze einzufügen. Die persönlichen Farben wie Lady Hidekos Grün und diese groteske Villa übertrafen alles. Die Atmosphäre ist wirklich düster und unheimlich, aber auch klassisch. Sie hat den Film mit einer Einzigartigkeit erfüllt, die in koreanischen Filmen nur selten zu sehen ist.

Mann 2: Das Bühnenbild war wirklich schön. Die Ausstattung und visuelle Elemente waren sehr hübsch. Es war toll, die antiken Möbel und Puppen zu sehen, die es in den japanischen Häusern zu dieser Zeit oft gab.


Ryu Seong-hee erfüllte als Produktionsdesignerin eine neue Aufgabe, als noch niemand als professioneller Art Director im koreanischen Kino gearbeitet hatte. Sie war an mehreren preisgekrönten Filmen wie „Memories of Murder“, „Oldboy“, „Ode an meinen Vater“ und „Assassination“ beteiligt, um den Filmen Atmosphäre zu geben. Sie hat für koreanische Filme auf dem Gebiet der filmischen Ästhetik Pionierarbeit geleistet. Der Filmkritiker Choi Kwang-hee erzählt uns mehr über Ryus Arbeit.

Ryu Seong-hee ist Koreas erster professioneller Art Director. Sie hat eine Ausbildung in Produktionsdesign am American Film Institute gemacht. Sie hat nicht nur mit Regisseur Park Chan-wook gearbeitet, sondern auch mit anderen namhaften koreanischen Filmemachern wie Ryu Seung-wan, Bong Joon-ho und Kim Ji-hoon. Ihr Produktionsdesign besticht in ihren Filmen mit einer einzigartigen Persönlichkeit und Atmosphäre. Ihre Kompetenz leistet einen wesentlichen Beitrag zur Förderung des künstlerischen Aspekts in koreanischen Filmen.

Finden wir mehr über Ryu Seong-hee heraus, die sich von einer Keramik-Künstlerin in eine weltweit anerkannte Filmemacherin wandelte. Ryu hatte ursprünglich eine Ausbildung in der Keramikkunst gemacht. Bis zum Ende ihrer Ausbildung war die Meisterschaft in Keramikkunst ihr Lebensziel. Doch während sie Keramiken erschuf, Ausstellungen durchführte und ihre Werke an Fremde verkaufte, änderte sich ihre Einstellung allmählich.

Ich machte eine Ausstellung in Gangnam, als mir klar wurde, dass es eine Grenze bei der Interaktion mit den Menschen gab, sobald meine Werke erst einmal verkauft waren. Wenn eine Person meine Keramik kaufte, hatte nur diese eine Person etwas davon. Nur eine Handvoll Menschen kommen zu Kunstausstellungen, weil die Mehrheit der einfachen Leute mit ihrem eigenen Leben beschäftigt ist und keine Zeit hat, Kunstgalerien in Gangnam zu besuchen. Ich sehnte mich nach Interaktion mit echten Menschen.

Ihr Bedürfnis nach mehr Kommunikation mit normalen Menschen veranlssste Ryu zu einem Studium in den USA. Im Jahr 1995 ging sie zum American Film Institute (AFI), um Kinofilme zu studieren, was sie schon lange interessiert hatte. Ihr Hauptfach am AFI war Filmkunst. Das AFI war der perfekte Ort für sie, da dort das Filmemachen durch praktische Produktionsarbeit anstelle von theoretischen Erörterungen gelehrt wurde. Ryu hätte es nicht besser treffen können.

Es war so toll. Das zu machen, was mir gefiel, war wie ein Traum für mich. Es war keine akademische Schule, an der über Filmtheorien diskutiert wurde. Es ging nur um die praktischen Aspekte des Filmemachens. Die Schule brachte uns auch bei, dass Kino eine gemeinsame Aufgabe ist. Filmemacher sollten sich untereinander austauschen, um die Szenarien zu verstehen und ihre eigenen künstlerischen Welten zu erschaffen. Ich habe am AFI gelernt, wie man mit Regisseuren spricht und wie man einen Film fertig stellt. Meine Erfahrung dort half mir enorm, als ich versuchte, mich wieder an das Leben in Korea anzupassen.

Als Ryu nach Korea zurückkehrte, klopfte sie an den Türen von Filmproduktionsfirmen. Doch ihre Qualifikation als im Ausland ausgebildeter Art Director war eher ein Hindernis als ein Türöffner. Nach vielen Ablehnungen wurde sie endlich für den Kurzfilm „Blumeninsel“ von Regisseur Song Il-gon engagiert. Der Film handelt von drei Frauen – die eine in ihrer Jugend, die zweite in ihren 20ern und die dritte in ihren 30ern –, die ihr Zuhause nach einem psychischen Trauma verlassen. Die drei Frauen reisen gemeinsam zu einem mysteriösen Ort namens Blumeninsel, wo alle Schmerzen und Sorgen vergessen werden können. Der Film war zu den 58. Internationalen Filmfestspielen von Venedig eingeladen und erhielt von Filmkritikern positive Bewertungen für seine zarten und poetischen Bilder.

Nach Ryus Beginn bei einem Kunstfilm, der ein eher kleineres, exklusiveres Publikum anzog, hielt sie nach einer erweiterten Interaktion mit der Öffentlichkeit ausschau. Der Film „Kein Blut, keine Tränen“ von Regisseur Ryu Seung-wan von 2002 verschaffte ihr Zugang zur Welt der kommerziellen Filme. Ryu Seong-hee begann ihre Arbeit bei Ryu Seung-wan als Produktionsdesignerin. Sie leitete ein Team für technische Kunst aus Spezialisten für Kunstproduktion, Requisite und Masken- und Bühnenbild. Durch ihre reibungslose Arbeit wurde sie nach und nach die begehrteste künstlerische Leiterin in der koreanischen Filmbranche. In „The Handmaiden“ war die Kulisse des abgelegenen Herrenhauses für die Atmosphäre des Films entscheidend. Hier ist erneut Regisseur Park Chan-wook.

In diesem Film ist die Villa die fünfte Person. Dieser Ort, eine Kombination aus koreanischen, japanischen und westlichen Architekturelementen, hat seine Rolle darin, unterschiedliche Stimmungen für die vielen Wendungen der Handlung zu schaffen. Die Erschaffung dieses einzigartigen Herrenhauses war eine Aufgabe, die viel Denken erforderte. Die Bibliothek zum Beispiel war äußerlich im japanischen Stil, aber das Innere war wie eine große Bibliothek in Europa eingerichtet. Den Flur herunter lag ein Raum mit Tatami-Fußmatten, wie eine Bühne in der Mitte eines Theaters. Das Zimmer sollte nicht nur stilvoll oder überwältigend sein. Es sollte die Doppelzüngigkeit visuell darstellen, die in den Köpfen der Intellektuellen und in der herrschenden Klasse während der Kolonialzeit vorherrschte.

Auffällig an der Bibliothek war ein kunstvoll angelegter japanischer Garten. Der Garten mitten in der Bibliothek diente als Hinweis auf die selbstgefälligen Bedürfnisse von Lady Hidekos Onkel Kouzuki. Der Onkel ist ein pro-japanischer Koreaer, der eine Japanerin geheiratet hat, um ein echter Japaner zu werden und lebt als zwielichtige Figur mit zwei Ehefrauen, einer koreanischen und einer japanischen, im gleichen Haus.

Die Reden und Dialoge in diesem Film sind sehr ausgefeilt. Daher sollte auch die Kulisse stilvoll und edel sein, aber auch eine gewisse Unbeholfenheit oder Künstlichkeit zeigen. Ich dachte, ein künstlich angelegter Garten in der Villa würde eine Atmosphäre der Dekadenz hinzufügen, da diese Figur den Prototyp der menschlichen Gier darstellt. Ich wollte, dass das Publikum spürt, dass Onkel Kouzuki bereits am Ende war.

Lady Hidekos Zimmer reflektiert auch ihre Persönlichkeit und ihr Schicksal. Die blauen und grünen Farbtöne in ihrem Zimmer vermitteln eine unheimliche Atmosphäre und weisen auf ihren Schwermut hin.

Lady Hideko lebt in dieser Villa, seit sie 5 Jahre alt ist, und ihr war es nicht erlaubt, sich nach draußen zu wagen. Hier traf sie Sook-hee, und ihr Zimmer bedeutet ihr sehr viel. Ich benutzte eisblauen Farben, um aus dem Raum einen kalten, einsamen Ort zu machen und Hidekos Einsamkeit zu unterstreichen. Auf der Tapete waren Pflanzen, die Hidekos weibliche Seite betonen. Aber ein genauerer Blick zeigt, dass das Tapetenmuster sehr sexualisiert ist, nicht nur opulent und schön anzusehen.

Die visuelle Gestaltung der Kulisse hinterließ bei der Jury in Cannes einen bleibenden Eindruck. Für die Künstlerin Ryu Seong-hee stellen Kulisse und Requisite eigene Filmfiguren dar. Die richtige Art der Umgebung erlaubt es dem Publikum, stärker in die Geschichte und die Protagonisten einzutauchen.

Ich erhielt die Auszeichnung für die schöne Farbgestaltung des Films. Aber ich habe schon an vielen Filmen mitgearbeitet, die nicht ausgezeichnet wurden. Auch bei solchen Filmen versuchte ich, die Tiefe der einzelnen Figuren zu verstärken und durch reich ausgeschmückte Bilder die richtigen Gefühle beim Publikum auszulösen.

Ryus Absichten sind vom Publikum verstanden worden. Kinogänger betrachteten die filmische Darstellung auf die gleiche Art, wie sie die Figuren wahrnehmen.

Frau: Das Gefühl, das durch die Kulisse erzeugt wurde, repräsentierte ganz gut den Handlungsverlauf. Ich habe es genossen.

Mann: In einer Szene, in der Hideko ein Buch liest, gruppieren sich mehrere Menschen auf der anderen Seite. Es gab mir das Gefühl, als ob ich mich unter den Menschen am Rand befand. Da habe ich erkannt, dass die Kulisse ein starkes Element in einem Film sein kann.


Ryu Arbeitsphilosophie ist, dass ohne neue Versuche kein Fortschritt erfolgen kann. Alle ihre vorhergehenden Werke waren das Ergebnis ihrer mutigen Entscheidung, über die bisherige Vorstellungskraft hinauszugehen. Sie möchte diese Einstellung mit ihren Assistenten teilen, die den gleichen Karriereweg eingeschlagen haben wie sie, damit sie sich von den schlechten Arbeitsbedingungen nicht entmutigen lassen und ihre Träume nicht aufgeben. Ryu Seong-hees Hoffnung ist, eine Inspiration für die Ambitionen junger technischer Künstler zu werden.

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