Schritte zur Wiedervereinigung

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Schritte zur Wiedervereinigung

Porträtabzeichen in Nordkorea

2025-04-23

ⓒ KBS News

Von hochrangigen Funktionären bis hin zu gewöhnlichen Bürgern – alle Nordkoreaner tragen auf der linken Brust ein Abzeichen. Diese sogenannten Porträtabzeichen, meist mit dem Bild von Kim Il-sung und Kim Jong-il, sind ein zentrales Symbol des nordkoreanischen Systems. Doch was macht dieses Abzeichen so bedeutend?  

Heute werfen wir gemeinsam mit der Forschungsprofessorin Park Min-ju vom Institut für Vereinigungsstudien der Ewha-Frauenuniversität einen genaueren Blick auf dieses besondere Abzeichen. 

In nordkoreanischen Medien sieht man oft Kinder mit roten Halstüchern. 
Diese Kinder gehören der Koreanischen Kinderunion an, einer Organisation, in der eine Mitgliedschaft für alle nordkoreanischen Kinder verpflichtend ist. Mit 14 Jahren, beim Eintritt in die Oberschule, legen sie das rote Halstuch ab und tragen stattdessen ein Porträtabzeichen. 

Mit Eintritt in die Oberschule im Alter von 14 Jahren werden sie verpflichtet, dem Sozialistischen Patriotischen Jugendverband beizutreten. Damit beginnt auch das Tragen des Porträtabzeichens – ein Symbol dafür, als vollwertiger Bürger anerkannt zu sein. Wer „wie ein Tier“ behandelt wird, bekommt dieses Abzeichen nicht. Als Beispiel gilt Jang Seong-taek: Am 8. Dezember 2013 wurde seine Entmachtung beschlossen, noch mit Abzeichen. Doch wenige Tage später, als er vor ein Sondergericht des Militärs gestellt und zum Tode verurteilt wurde, war es verschwunden – ein Zeichen dafür, dass er nicht mehr als Mensch galt. Das Tragen des Abzeichens ist somit ein Ausdruck dafür, als legitimer Bürger in der nordkoreanischen Gesellschaft anerkannt zu sein.

In Nordkorea ist es Gefangenen untersagt, Porträtabzeichen zu tragen. Jang Seong-taek, der Onkel Kim Jong-uns und einst zweitmächtigster Mann im Staat, erschien 2013 beim Gerichtsprozess ohne Abzeichen - ein symbolischer Akt, der ihn öffentlich entmachtete und als Gefangenen kennzeichnete.
Nordkoreaner müssen das Abzeichen ab dem Eintritt in den Sozialistischen Patriotischen Jugendverband tragen, der Schüler und junge Menschen im Alter von 14 bis 30 Jahren umfasst. Da es lebenslang und in allen öffentlichen Situationen getragen werden muss, gelten strikte Vorschriften für seinen Gebrauch. 

In Nordkorea gilt das Tragen des Porträtabzeichens als eine Art „Weihehandlung“, nicht als gewöhnliches Anlegen. Zu sagen „Ich habe das Abzeichen angelegt“ gilt als respektlos, denn es wird als heiliger, fast lebendiger Gegenstand betrachtet. 
Die „Zehn Prinzipien zur Errichtung eines monolithischen ideologischen Systems“, die oberste Richtschnur für das tägliche Leben der Nordkoreaner, verlangen höchsten Respekt gegenüber Porträts – ob in Zeitungen, Gemälden, Videos, auf Abzeichen oder Statuen. Das bedeutet unter anderem, dass man es strikt vermeiden muss, Gegenstände daraufzulegen, mit dem Finger darauf zu zeigen oder auf der Oberfläche zu kritzeln oder etwas zu markieren. Auch die Reinigung erfolgt mit einem speziellen Tuch und nach festen Regeln – stets in ehrfürchtiger Haltung.

Das Porträtabzeichen, das in Nordkorea eher als „geweiht“ denn als „getragen“ gilt, muss stets makellos und unversehrt sein. Da die Bürger ein Symbol höchster Würde ständig bei sich tragen, wird von ihnen auch ein untadeliges Verhalten erwartet. Die wichtigste Vorschrift lautet: Das Abzeichen muss exakt über dem Herzen auf der linken Brustseite angebracht sein. 

Das Abzeichen wird leicht oberhalb des Herzens auf der linken Brustseite getragen – so nah wie möglich am Herzen. Diese Position soll den tief empfundenen Willen ausdrücken, den Führern mit größter Aufrichtigkeit zu dienen, sie sogar über das eigene Leben hinaus zu verehren. Das Herz steht für das Leben, und das Tragen des Abzeichens an dieser Stelle zeigt, dass es etwas noch Wertvolleres als das Leben selbst verkörpert.
In der Wissenschaft gibt es dafür den Begriff „unveränderliches, bewegliches Objekt“. Ein solches Objekt behält seine symbolische Bedeutung, obwohl es beweglich ist - wie etwa ein Ehering, der ständig an das Eheversprechen erinnert. Das Porträtabzeichen erfüllt denselben Zweck: Es ist klein und tragbar, aber durch das Tragen wird die unerschütterliche Loyalität zum Ausdruck gebracht.

Für Nordkoreaner ist das Porträtabzeichen ein äußerst kostbarer Gegenstand – wichtiger als das eigene Leben. Schülerinnen und Schüler, die eine Oberschule oder Hochschule besuchen, müssen das Abzeichen in der Schule tragen. Diese Pflicht gilt auch für alle Berufstätigen, Teilnehmer an offiziellen Veranstaltungen sowie nordkoreanische Diplomaten im Ausland. Das Nichttragen kann schwerwiegende Folgen haben – bis hin zu Zwangsarbeit. Das Abzeichen ist damit ein fester Bestandteil des nordkoreanischen Alltags. Wann wurde das Tragen des Porträtabzeichens in Nordkorea eingeführt? 

In China waren Mao-Zedong-Abzeichen ab 1966, zu Beginn der Kulturrevolution, weit verbreitet. Auch in Russland waren Lenin-Abzeichen seit den 1950er Jahren beliebt und fanden später ihren Weg nach Nordkorea. Dort trugen Funktionäre zunächst Lenin-Abzeichen als Ausdruck ihrer Loyalität zur Arbeiterpartei. 
Im Jahr 1967 beseitigte Kim Il-sung seine politischen Gegner und festigte seine Alleinherrschaft. Ab diesem Zeitpunkt begann der Aufbau eines Systems, in dem Bürger ein Porträtabzeichen mit seinem Bildnis tragen mussten. Auf dem fünften Parteikongress im Jahr 1970 schlug Kim Jong-il vor, ein Abzeichen mit dem Porträt seines Vaters herzustellen und landesweit zu verbreiten. Mit der Produktion wurde das Mansudae-Kunststudio in Pjöngjang beauftragt.

Laut der staatlichen Koreanischen Zentralen Nachrichtenagentur wurde das Kim Il-sung-Abzeichen erstmals 1970 auf Empfehlung von Kim Jong-il produziert und verbreitet. Es galt von Anfang an als zentrales Symbol, das jeder nordkoreanische Bürger tragen musste. 

Im Laufe der Jahre hat sich das Porträtabzeichen mehrfach verändert. Ursprünglich war es rund und zeigte ausschließlich Kim Il-sung. Später wurde daraus ein „Parteiabzeichen“, bei dem sein Porträt in die rote Flagge der Arbeiterpartei eingebettet war. Danach kam das sogenannte „Doppelporträt“-Abzeichen mit Kim Il-sung und Kim Jong-il. Später erschien ein Abzeichen nur mit dem Porträt Kim Jong-ils. Und im vergangenen Jahr wurde erneut ein neues Abzeichen eingeführt. 

Der derzeitige Machthaber Kim Jong-un distanziert sich zunehmend vom Erbe seines Großvaters Kim Il-sung – besonders sichtbar durch den Wandel bei den Porträtabzeichen. Zu Beginn seiner Amtszeit trug er das Abzeichen regelmäßig, doch irgendwann hörte er damit auf. Heute legt er es nur noch gelegentlich an, meist dann, wenn er gezielt auf seine Vorgänger Bezug nehmen will. Diese Veränderung signalisiert den Anspruch, seine eigene Autorität in den Vordergrund zu stellen. 
Ein markantes Beispiel gab es am 29. Juni letzten Jahres, dem zweiten Tag der 10. Plenarsitzung des 8. Zentralkomitees der Arbeiterpartei: Alle anwesenden Funktionäre trugen ein Abzeichen mit dem Porträt Kim Jong-uns. Bis dahin war das nur bei internen Kaderbesprechungen üblich. Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass bald offiziell verfügt wird: „Ab sofort ist das Kim-Jong-un-Abzeichen zu tragen.“ Dies würde den Personenkult um ihn deutlich vorantreiben.

Tatsächlich wurde ein solches Abzeichen – nur mit seinem Konterfei – erstmals letztes Jahr bei einer offiziellen Veranstaltung getragen, ein klares Zeichen für den wachsenden Führerkult. Anfangs bemühte sich Kim Jong-un, das Andenken an Vater und Großvater hochzuhalten, da seine Machtbasis schwach war. Doch bereits 2015, zum 21. Todestag Kim Il-sungs, erschien er ohne Abzeichen, während die anwesenden Militärfunktionäre alle Porträts der früheren Führer trugen. 
Seit 2021 macht sich Kim Jong-un aktiv daran, ein eigenes politisches Profil zu etablieren. Er ließ die Porträts seiner Vorgänger aus Parteisälen entfernen. 2022 erschien erstmals ein Wandgemälde mit seinem Abbild, und 2024 wurde schließlich auch sein offizielles Porträt veröffentlicht. 

Im Mai des vergangenen Jahres nahm Kim Jong-un an der Einweihungszeremonie der Zentralkaderschule der Arbeiterpartei teil. Auf einem veröffentlichten Foto war zu sehen, dass sein Porträt gleichrangig neben den Bildern seines Vaters und Großvaters platziert war – eine in Nordkorea tiefe symbolische Geste.

In Nordkorea bezieht sich der Begriff „Porträt“ ausschließlich auf die Bilder von Kim Il-sung, Kim Jong-il und Kim Jong-un. Diese Porträts sind allgegenwärtig: Sie hängen in Bahnhöfen, U-Bahn-Wagen, Schulen, Fabriken, Büros sowie in den Wohnzimmern privater Haushalte – sowohl innerhalb als auch außerhalb von Gebäuden. 
Wenn ein Bürger in eine neue Wohnung zieht, ist das erste, was er tun muss, das Aufhängen der Porträts – ein verpflichtender Akt. Sie müssen an der saubersten und sichtbarsten Stelle des Raumes angebracht werden, und kein anderer Gegenstand darf über ihnen hängen. Die tägliche Reinigung dieser Bilder gilt als Pflicht und wird als „Akt der Aufrichtigkeit“ verstanden. Dafür wird ein spezielles, hochwertiges Tuch verwendet, das als „Tuch der Aufrichtigkeit“ bekannt ist und sorgfältig in einer „Box der Aufrichtigkeit“ aufbewahrt wird. Jeden Morgen wird das Tuch feierlich hervorgeholt, um die Porträts behutsam abzuwischen – kein Staubkorn darf das Gesicht der verehrten Führer berühren.

Die nordkoreanischen Staatsmedien feiern Menschen, die ihr eigenes Leben riskieren, um Porträts der Führer zu retten, als wahre Helden. Doch warum misst das Regime sowohl den Porträtabzeichen als auch den Porträts eine so enorme Bedeutung bei? 

Es geht darum, die Führer in eine quasi-göttliche Sphäre zu erheben. Einen Mitmenschen zu verraten, mag vorstellbar sein – aber Götter zu verraten, ist undenkbar. Nordkorea vermittelt eine klare Botschaft: Wenn jemand über so viel Macht verfügt, dass sein Bild auf der Brust jedes Bürgers getragen und in jedem Raum des Landes aufgehängt wird – wie könnte man es da wagen, ihn zu hintergehen? 
Die Gesichter von Kim Il-sung, Kim Jong-il und Kim Jong-un sind allgegenwärtig. Tag für Tag umgeben sie die Menschen – in Form von Abzeichen und Porträts. Diese senden eine stumme, aber eindringliche Botschaft: „Wir sehen dich.“ Es ist eine ausgeklügelte Form psychologischer Kontrolle. Auch wenn man sie nicht aktiv wahrnimmt, erzeugt ihre konstante Präsenz ein Gefühl permanenter Überwachung. 
Rebellion wird so zur Unmöglichkeit. Menschen wachsen mit diesen Bildern auf, als seien sie ein natürlicher Bestandteil der Umwelt. Das hemmt kritisches Denken und fördert blinden Gehorsam. Diese Mechanismen sind keineswegs Zufall – sie sind bewusst konzipiert, strategisch geplant und tief in das gesellschaftliche Gefüge eingebettet, um die Stabilität und den Fortbestand des Regimes zu sichern.

Kim Il-sung festigte seine absolute Herrschaft, indem er 1972 – zwei Jahre nach der Einführung seines Porträtabzeichens – die sozialistische Verfassung überarbeiten ließ. Sein Sohn Kim Jong-il sicherte sich 1993 die alleinige Macht, als er zum Vorsitzenden der Nationalen Verteidigungskommission ernannt wurde – nur ein Jahr nach der Einführung seines eigenen Porträtabzeichens. 
In ähnlicher Weise arbeitet Kim Jong-un heute daran, ein Ein-Mann-System zu etablieren. Durch Abzeichen und Porträts formt er Schritt für Schritt seinen eigenen Personenkult. Doch eines bleibt offen: Wird diese Strategie reichen, um die Herzen der nordkoreanischen Bevölkerung wirklich zu gewinnen?  

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