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„Seltene Erden“ sind Mineralien, die für viele technische Anwendungen von entscheidender Bedeutung sind - von elektronischen Geräten und Elektrofahrzeugen bis hin zu modernen Waffensystemen. Im 21. Jahrhundert sind sie zu einer strategisch wichtigen Ressource geworden, deren Vorkommen sich auf wenige Länder konzentrieren. China, der größte Produzent, hat seine Kontrolle über den Export dieser Elemente gezielt genutzt, um auf die US-Zölle zu reagieren. Einige Analysten sehen sogar das Potenzial, dass Nordkorea China als weltgrößten Produzenten von Seltenen Erden überholen könnte. Doch wie groß sind die Vorkommen an Seltenen Erden in Nordkorea tatsächlich? Und über welche anderen Bodenschätze verfügt das Land?
Über die unterirdischen Ressourcen Nordkoreas sprechen wir heute mit Lee Young-jong, dem Direktor des Zentrums für Nordkorea-Studien am Korea Research Institute for National Strategy.
Nordkoreas Außenministerin Choi Son-hui, weithin bekannt als das diplomatische Gesicht des Landes, reiste im Januar letzten Jahres nach Russland, um an Gesprächen auf Außenministerebene teilzunehmen.
Während der Gespräche sondierten Nordkorea und Russland mögliche Kooperationen in verschiedenen Bereichen – von Lebensmitteln bis hin zur Kultur. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der gemeinsamen Erschließung und Ausbeutung von Bodenschätzen, insbesondere von Seltenen Erden.
Der genaue Umfang der Vorkommen Seltener Erden in Nordkorea ist aufgrund der strikten Geheimhaltung unklar. Die Schätzungen gehen weit auseinander. Nach Angaben der südkoreanischen Gesellschaft für Minenrekultivierung und Mineralressourcen KOMIR könnten zwischen 20 und 48 Millionen Tonnen Seltene Erden in Nordkorea lagern. Sollte die obere Schätzung zutreffen, würde Nordkorea China als größten Besitzer dieser Vorkommen überholen. Die konservativste Schätzung würde dem Land die viertgrößten Vorkommen weltweit zuweisen.
Das Koreanische Forschungszentrum für die Entwicklung von Bodenschätzen auf der koreanischen Halbinsel schätzte 2016, dass in den nordkoreanischen Provinzen Süd-Hamgyong, Nord-Pyungan und Hwanghae rund 2 Milliarden Tonnen Seltene Erden lagern – das 16-Fache der weltweiten Gesamtreserven von 120 Millionen Tonnen. Im Jahr 2014 gab ein britischer Private-Equity-Fonds eine Vereinbarung mit der Korean Natural Resource Trading Corporation in Nordkorea bekannt, um die Vorkommen in der Region Chongju in der Provinz Nord-Pyeongan zu erschließen. Diese wurden damals auf etwa 216 Millionen Tonnen geschätzt.
Die Vorkommen an Seltenen Erden in Nordkorea gelten als weltweit bedeutend. Das offizielle Auslandsportal des Landes „DPRK Today“ bezeichnete sich 2015 als „legendäres Land, reich an Gold, Silber und Schätzen“ und hob die Seltenen Erden als einen der wichtigsten Bodenschätze hervor. Doch große Mengen allein bedeuten wenig, wenn die wirtschaftliche Rentabilität fehlt. Wie steht es also tatsächlich um die Seltenen Erden in Nordkorea?
Bei Seltenen Erden ist nicht nur die Menge entscheidend, sondern auch der „Gehalt“, also der Anteil der verwertbaren Bestandteile im Erz. Untersuchungen zeigen, dass der durchschnittliche Gehalt im nordkoreanischen Chongju bei etwa 3,56 Prozent liegt. Ab einem Gehalt von zwei Prozent gilt eine Lagerstätte in der Regel als wirtschaftlich abbaubar. Liegt der Gehalt darunter, ist der Abbau in der Regel unrentabel.
Eine von KBS vorgelegte Analyse von Gesteinsproben aus einem nordkoreanischen Bergwerk ergab sogar einen Gehalt von über 10 Prozent. Auch wenn dies nur ein Einzelfall ist und keine verlässliche Aussage über das Gesamtvolumen zulässt, deutet es auf ein hohes Ressourcenpotenzial hin.
Zu den Seltenen Erden gehört eine Gruppe von 17 chemischen Elementen. Diese kommen nur selten in angereicherter Form vor und müssen in einem aufwändigen Verfahren – bestehend aus etwa 20 Einzelschritten – getrennt und aufbereitet werden. Daher ist die wirtschaftliche Bewertung der Erzgehalte von besonderer Bedeutung. Nordkoreas Vorkommen sind in dieser Hinsicht von bemerkenswerter wirtschaftlicher Relevanz. Im Jahr 2009 ordnete der damalige Machthaber Kim Jong-il persönlich an, die Produktion von Seltenen Erden deutlich zu steigern.
Nach Angaben der Korea International Trade Association exportierte Nordkorea im Jahr 2014 mehr als 62.000 kg Seltenerdminerale nach China. Seltene Erden sind aber bei weitem nicht die einzigen Rohstoffe, die unter nordkoreanischer Erde lagern.
Nordkorea wird seit langem als wahre „Mineralienkammer“ bezeichnet. Eine kürzlich erschienene Publikation der japanischen Wissenschaftler Kimura Matsuhiko und Abe Keiji mit dem Titel „Nordkoreas militärische Industrialisierung“ beschreibt detailliert die Rohstoffforschung Japans im Norden der koreanischen Halbinsel während der Kolonialzeit. Schon damals war Japan an strategischen Mineralien wie Wolfram und Magnesit interessiert. Insbesondere die Region Tanchon in der Provinz Süd-Hamgyong war für ihre riesigen Graphitvorkommen bekannt, während die Gegend um Kanggye als Standort für Graphitabbau von Weltrang galt.
Bereits in den 1930er Jahren begann die japanische Kolonialregierung mit dem systematischen Abbau von Gold, Silber und Eisen. Auch das Interesse an Seltenen Erden war groß – 1943, kurz vor dem Ende der Kolonialherrschaft, wurde sogar ein eigenes Forschungsteam gegründet. Unternehmen wie Mitsubishi und Nihon Mining wollten frühzeitig vom Zugang zu diesen wertvollen Ressourcen profitieren. Viele dieser Rohstoffe sind bis heute weitgehend unerschlossen.
Ein KOMIR-Bericht aus dem Jahr 2006 schätzte, dass Nordkorea über rund 360 verschiedene Arten von Bodenschätzen verfügt. Eine Statistik aus dem Jahr 2010 zeigt, dass das Land unter anderem über 2.000 Tonnen Gold, 4,5 Milliarden Tonnen Anthrazitkohle und rund 2,9 Millionen Tonnen Kupfer verfügt. Besonders hervorzuheben sind die Magnesitvorkommen.
Tanchon in der Provinz Süd-Hamgyong beherbergt eines der weltweit bedeutendsten Magnesitvorkommen – einen riesigen Tagebau, weithin sichtbar durch seine ausgedehnten, weiß schimmernden Hänge. Die geschätzten Reserven belaufen sich auf beeindruckende 5,4 Milliarden Tonnen, was fast der Hälfte der weltweiten Magnesitreserven entspricht. Bereits unter Kim Jong-il versuchte das Regime, Magnesit als Devisenquelle zu nutzen. Im Juli 2009 ordnete er den Bau des Hafens von Tanchon an, dessen Fertigstellung im Mai 2012 gefeiert wurde. Auf dem 7. Parteitag der Arbeiterpartei im Mai 2016 kündigte die Führung zudem den zügigen Bau eines großen Wasserkraftwerks in Tanchon an. Der Bau des Hafens, der Ausbau der Eisenbahninfrastruktur und der Bau des Kraftwerks – all diese Maßnahmen dienten letztlich dem Ziel, die riesige Magnesitmine in Tanchon zu erschließen.
Magnesit ist ein wichtiger Rohstoff für die Veredelung von metallischem Magnesium, das fester und leichter als Stahl ist. Deshalb hat Nordkorea große Anstrengungen unternommen, um Magnesit abzubauen. Kim Il-sung gründete in den 1960er Jahren ein Forschungsinstitut zur Nutzung der Magnesitvorkommen in Tanchon, und Kim Jong-il initiierte den Bau des Hafens von Tanchon. Auch der Bau des Wasserkraftwerks Tanchon, das die Wasserressourcen des Amnok-Gebietes nutzen soll, läuft seit 2017, ist aber immer noch nicht abgeschlossen. Andere Bergbauprojekte weisen ähnliche Verzögerungen auf.
Ein wesentlicher Grund für die langsame Entwicklung ist Nordkoreas Fokus auf Atomwaffen und Raketen, wodurch Investitionen in den Bergbau und Infrastruktur ausbleiben. Stattdessen flossen immense Mittel in den Bau militärischer Tunnel – zum Beispiel für eine mögliche Invasion Südkoreas. Wären diese Mittel in den Bergbau geflossen, hätte das Land größere Fortschritte machen können. Doch das politische System setzt dem Land enge Grenzen.
Trotz rund 700 Minen sind viele Produktionsprozesse aufgrund veralteter Technik problematisch. Vor allem Seltenerdmetalle könnten das Land wirtschaftlich stärken, doch internationale Sanktionen verhindern den Export. Ohne politische Veränderungen bleiben die Chancen für eine wirtschaftliche Nutzung der Ressourcen gering.
Nach einem Bericht des südkoreanischen Statistikamtes aus dem Jahr 2011 betrug der geschätzte Wert der Bodenschätze Nordkoreas im Jahr 2009 rund 6.983 Billionen Won, umgerechnet etwa 4,85 Billionen US-Dollar. Obwohl der Bergbausektor mehr als 10 Prozent der nordkoreanischen Industrie ausmacht, gelingt es dem Land nicht, seine Ressourcen effektiv zu nutzen – nicht zuletzt aufgrund des militärisch geprägten Wirtschaftsmodells. Zudem leidet der Sektor unter veralteter Technik und Stromausfällen, die eine effiziente Förderung behindern.
Nach dem fünften nordkoreanischen Atomtest 2016 verhängte der UN-Sicherheitsrat ein Exportverbot für nordkoreanische Kohle. Diese Sanktionen erschwerten den Rohstoffabbau erheblich. In diesem Vakuum hat China schnell reagiert und sich einen Vorteil beim Zugang zu Nordkoreas Ressourcen verschafft.
Bereits seit den 2000er Jahren sind chinesische Unternehmen in nordkoreanische Bergwerke eingedrungen – mit Investitionen, Technologie und äußerst günstigen Einkaufskonditionen. Als Kim Jong-un 2013 seinen Onkel Jang Song-taek hinrichten ließ, lautete ein zentraler Vorwurf, er habe Kohle zu Dumpingpreisen an China verkauft.
Tatsächlich verkauft Nordkorea seine Mineralien weit unter dem Weltmarktpreis. China stellt diese Geschäfte als „Investitionen“ und „Modernisierungshilfe“ dar. Die von Nordkorea selbst betriebenen Minen arbeiten derzeit meist nur mit 20 bis 30 Prozent ihrer eigentlichen Kapazität.
Allein in Musan in der nordkoreanischen Provinz Nord-Hamgyong lagern über 7 Milliarden Tonnen Eisenerz. Bereits 2005 sicherten sich chinesische Unternehmen ein Abbaurecht von 50 Jahren. Auch für die größte Anthrazitmine Nordkoreas, die Yongdung-Mine in Kujang in der Provinz Nord-Pyungan, wurde ein langfristiger Vertrag abgeschlossen. Damit sichert sich China einen exklusiven Zugang zu nordkoreanischen Rohstoffen.
Zwar bemüht sich Nordkorea verstärkt um die Ausbeutung seiner Ressourcen – sogar Soldaten werden in den Minen eingesetzt – doch die starke Abhängigkeit von menschlicher Arbeitskraft zeigt die Grenzen des Systems deutlich auf. Nordkorea verfügt über riesige Rohstoffvorkommen – sieben davon gehören zu den zehn größten Reserven der Welt. Im Jahr 2001 haben Süd- und Nordkorea sogar vereinbart, diese Ressourcen gemeinsam zu erschließen.
Südkorea bezieht viele Rohstoffe, zum Beispiel Kohle, aus weit entfernten Ländern wie Australien – verbunden mit hohen Transportkosten. Könnten diese Rohstoffe mit der Bahn aus dem Norden importiert werden, wäre das deutlich günstiger. Auch wenn die innerkoreanischen Beziehungen derzeit stagnieren, könnte eine Annäherung zwischen Nordkorea und den USA – etwa durch die diplomatischen Bemühungen der Trump-Administration – auch zu einer Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen führen.
Ein solches Szenario könnte große Investitionen in gemeinsame Rohstoffprojekte ermöglichen. Südkorea bringt Kapital und Technologie ein, Nordkorea Arbeitskräfte und Zugang zu wertvollen Ressourcen – eine echte Win-Win-Situation.