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Smartphones in Nordkorea

2025-07-16

ⓒ KBS News
Im Fernsehen und auf Social-Media-Plattformen läuft ununterbrochen Smartphone-Werbung, insbesondere, wenn ein neues Gerät auf den Markt kommt. Diese Werbe-Dauerberieselung zeigt, wie tief Smartphones in unseren Alltag vorgedrungen sind. Auch Nordkorea scheint da keine Ausnahme zu bilden. Kürzlich wurde im nordkoreanischen Fernsehen ein neues Smartphone auf eine Weise vorgestellt, die an eine Werbung erinnert. Was motiviert Nordkorea zu diesem scheinbar verkaufsfördernden Ansatz bei der Einführung eines neuen Smartphones?

Heute untersuchen wir gemeinsam mit der Forscherin Baek Yeon-ju vom Wirtschaftsforschungsinstitut Nord und Süd (North and South Economic Research Institute) die Smartphones in Nordkorea.

Am 21. Juni zeigte das nordkoreanische Zentralfernsehen (Korean Central Television) eine Sendung mit dem Titel „Wissenswertes zur Nutzung von Smartphones“. Man sah dort verschiedene praktische Tipps wie Hinweise zur Minimierung der elektromagnetischen Strahlung und Vorsichtsmaßnahmen beim Aufladen des Akkus. Die Sendung beschrieb Smartphones als unverzichtbare Geräte und stellte ihre Funktionen ausführlich vor, fast wie in einem Werbespot.

In Nordkorea gilt kommerzielle Werbung traditionell als unvereinbar mit sozialistischen Prinzipien, und Werbeaktivitäten sind streng auf wenige Produkte wie Bier, Ginseng und Lebensmittel beschränkt. Die jüngste Werbepräsentation über das faltbare Smartphone „Madusan“ (마두산) unterschied sich jedoch deutlich davon, technische Details sowie das spezifische Design wurden detailliert vorgestellt. Es sah aus wie eine kommerzielle Werbung. Durch die Hervorhebung einer bestimmten Marke und die Ausrichtung auf Verbraucher mit ausreichender Kaufkraft nutzen die nordkoreanischen Behörden Smartphones strategisch sowohl als Propagandainstrument als auch als wirtschaftliches Instrument zur Ankurbelung des Binnenkonsums.

In Nordkorea werden alle Propagandakanäle vollständig kontrolliert. Es gibt kein Fernsehprogramm ohne die Genehmigung der Propaganda- und Agitationsabteilung der Arbeiterpartei. Die jüngste Smartphone-Präsentation scheint ein strategischer Schachzug zu sein, um Informationen über das Produkt „Madusan“ zu verbreiten. Aber benutzen die Nordkoreaner Smartphones tatsächlich so intensiv, dass die Behörden sogar Propaganda für eine bestimmte Marke betreiben?

Laut einem im September 2024 veröffentlichten Bericht des amerikanischen Forschers Martyn Williams wird die Zahl der Mobilfunkteilnehmer in Nordkorea auf 6,5 bis 7 Millionen geschätzt. Bemerkenswert ist, dass sich die Zahl der im Land verkauften Smartphone-Modelle in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt hat und ständig neue Marken auf den Markt kommen. Derzeit bieten etwa zehn Unternehmen Smartphones und andere Handys an.

Mobiltelefone tauchten in Nordkorea erstmals Ende der 1990er Jahre auf und waren zunächst ein Privileg ausschließlich für Parteifunktionäre und die Elite. Seit den 2010er Jahren ist die Nutzung von Mobiltelefonen für normale Nordkoreaner jedoch selbstverständlich geworden.

Martyn Williams ist Forscher am Stimson Center. In seinem Bericht schätzt er, dass von den 24 Millionen Nordkoreanern etwa 30 Prozent Smartphones nutzen. Dieser Prozentsatz erscheint relativ gering, verglichen mit der Smartphone-Durchdringungsrate von 95,3 Prozent in Südkorea, wie aus einer Umfrage zum Konsumverhalten von Rundfunkmedien von 2024 hervorgeht. Dennoch sieht man immer häufiger Nordkoreaner, die unterwegs ihr Smartphone in der Hand halten.

Smartphones haben sich nahtlos in den nordkoreanischen Alltag integriert. Die kürzlich ausgestrahlte Fernsehserie „Ein neuer Frühling in der Paekhak-Ebene“ zeigt Szenen, in denen Menschen ganz beiläufig Fotos mit ihren Smartphones machen, was verdeutlicht, dass das Gerät zu einem Teil des Alltags geworden ist. Mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones wird auch die Auswahl an Geräten immer vielfältiger.

Zu den nordkoreanischen Smartphone-Marken gehören Arirang, Jindallae (Azalee), Phurun Hanul (Blauer Himmel), Gildongmu (Mitreisender), Samtaesong und Hwawon. Die Marke Jindallae hat eine relativ lange Geschichte und es gibt bereits Versionen bis hin zu Jindallae 12. Diese Geräte sind technologisch fortschrittlich und verfügen über Sprach-, Gesichts- und Fingerabdruckerkennung sowie künstliche Intelligenz. Der Markenname Samtaesong bedeutet „drei helle Sterne“ und bezieht sich auf den nordkoreanischen Gründer Kim Il-sung, seine Frau Kim Jong-suk und seinen Sohn Kim Jong-il.

In letzter Zeit hat das faltbare Smartphone „Madusan“ große Aufmerksamkeit auf sich gezogen, insbesondere wegen seiner auffälligen Ähnlichkeit mit dem Samsung Galaxy Z Flip im äußeren Design. Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass Nordkorea sich bei seiner Produktgestaltung und Markenstrategie zunehmend auf kundenorientierte Elemente konzentriert. Nordkorea ist zwar in Bezug auf die zugrunde liegende Technologie von China abhängig, hat aber die klare Absicht, den Binnenkonsum durch die Entwicklung eigenständiger, nordkoreanischer Marken anzukurbeln.

Nordkorea behauptet, eigenständig Smartphones entwickelt zu haben, um der Außenwelt seine technologische Kompetenz zu demonstrieren und Kontroversen über internationale Sanktionen zu vermeiden. Die Medien sprechen von „unseren intelligenten Telefonen“, also Smartphones, die Nordkorea angeblich selbst entwickelt hat. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass es sich dabei tatsächlich um im Ausland gefertigte Technologien handelt. Das bedeutet, dass Nordkorea fertige Smartphones aus China importiert oder importierte Teile zusammenbaut und sie als einheimische Geräte neu vermarktet.

Nordkorea vertreibt seit 2013 Smartphones, wobei neue Modelle in immer kürzeren Abständen auf den Markt kommen. Früher wurden etwa einmal pro Jahr neue Modelle vorgestellt, heute jedoch bereits alle drei Monate. Da Nordkorea aufgrund seiner Abschottungspolitik vom globalen Internet abgeschnitten ist, verfügen die Smartphones im Land nicht über eine Internetverbindung, die sonst überall auf der Welt unerlässlich ist. Dies wirft eine interessante Frage auf: Wie nutzen Nordkoreaner eigentlich ihre Geräte?

Erstens betreibt Nordkorea ein geschlossenes Intranet namens Kwangmyong. Im Jahr 2018 führte es zusätzlich ein spezielles Smartphone-Netzwerk namens Mirae ein. Darüber stellt das Land selbst Nachrichten, Videos und Bildungsinhalte bereit. Auch elektronische Zahlungssysteme und Messaging-Funktionen werden unterstützt. Zweitens sind Smartphones in Nordkorea mit lokal entwickelten Apps vorinstalliert, die die physische Verbreitung von Inhalten wie Filmen und Musik ermöglichen. Daher können Nordkoreaner auch ohne Zugang zum Internet ihre täglichen digitalen Interaktionen innerhalb dieser eingeschränkten Umgebung durchführen.

Nordkorea hat sein Intranet-System Ende der 1990er Jahre eingerichtet. Ein Intranet ist ein Computernetzwerk, das Internet-Technologien nutzt, aber ausschließlich innerhalb eines abgegrenzten Bereichs zugänglich ist. Im Falle Nordkoreas bedeutet dies, dass Computer im ganzen Land miteinander verbunden sind, der Zugang zur Außenwelt jedoch blockiert ist. Trotz dieser Einschränkungen werden Smartphones in Nordkorea auf vielerlei Weise genutzt, etwa bei der Suche nach Informationen und dem Aufnehmen von Videos, für Essenbestellungen und Online-Shopping sowie fürs elektronische Bezahlen. Außerdem gehen Nordkoreaner zu sogenannten „IT-Austauschzentren“, die mit Elektronikgeschäften in anderen Ländern vergleichbar sind, um Servicegebühren zu bezahlen und neue Apps zu installieren.

Über tausend Apps sind in Nordkorea registriert, wie zum Beispiel das beliebte Handyspiel „Boy General“. Die jüngeren Generationen, die sehr auf die neuesten Trends bedacht sind, wechseln häufig ihre Geräte. Im Gegensatz zu älteren Generationen, die ihre einfachen Handys vor allem als Kommunikationsgeräte benutzen, gibt sich die sogenannte „Jangmadang-Generation“, die der südkoreanischen MZ-Generation entspricht, Berichten zufolge nur mit modernen Smartphones zufrieden. Da die Nutzung von Smartphones immer weiter zunimmt und der Umfang der Informationsverbreitung wächst, verstärken die nordkoreanischen Behörden ihre Bemühungen zur Überwachung und Kontrolle der digitalen Kommunikation.

In Nordkorea sind Smartphones nicht nur Kommunikationsgeräte, sondern dienen auch der staatlichen Überwachung. Im Februar 2024 hat das Land sein Mobilfunkgesetz überarbeitet. Diese Gesetzesänderung ermächtigt die Regierung, nach eigenem Ermessen auf Kommunikationsinhalte und digitale Verläufe zuzugreifen und diese zu kontrollieren. Darüber hinaus zeigen aktuelle Beobachtungen, dass Nordkorea obligatorische Betriebssystem-Updates durchführt, um extern heruntergeladene Anwendungen und geteilte Medien effektiv zu überwachen und einzuschränken. Das Verweigern der vorgeschriebenen Updates hat schwerwiegende Konsequenzen und kann zur Beschlagnahmung des Geräts oder zu persönlichen Strafen führen.

Die BBC führte eine Analyse eines Smartphones durch, das im vergangenen Jahr aus Nordkorea geschmuggelt worden war. Die Ergebnisse geben einen Einblick in die harte Realität Nordkoreas als streng kontrollierte Gesellschaft.

Südkoreanische Rundfunkübertragung (BBC-Reporter, Englisch) 
Schauen Sie, was passiert, wenn man das Wort „oppa“ eingibt. Es wird automatisch in das Wort „Genosse“ geändert. Sehen Sie nun, was passiert, wenn ich das Wort „Namhan“ eingebe, was Südkorea bedeutet. Es wird in „Marionettenstaat“ geändert. Dies ist der Begriff, den Nordkorea verwendet, um Südkorea zu bezeichnen.

Nordkorea bringt kontinuierlich neue Smartphones auf den Markt, die mit den neuesten IT-Technologien ausgestattet sind, und fördert deren Nutzung. Die kürzliche Vorstellung eines neuen Smartphones im Fernsehen kann in diesem Zusammenhang gesehen werden. Gleichzeitig baut das Regime seine Überwachungskapazitäten durch den Einsatz neuer Technologien aus.

Nordkorea überwacht und unterdrückt den Zustrom ausländischer Kulturinhalte streng, um zu verhindern, dass ideologische Laxheit unter jungen Leute die Stabilität des Regimes gefährdet. Die Bemühungen der Behörden konnten die Verbreitung südkoreanischer Kulturinhalte im Norden jedoch nicht verhindern. Daraufhin wurden neue Elemente eingeführt, die es zuvor noch nicht gegeben hatte, um die jüngere Generation für sich zu gewinnen. Dieser Ansatz nutzt die wachsende Begeisterung für Informations- und Kommunikationstechnologie und KI, die Kim Jong-un seit seiner Machtübernahme immer wieder betont hat.

In der gemeinsamen Neujahrsansprache 2012, dem ersten Jahr unter der Führung von Kim Jong-un, wurde die Informationstechnologie als eine der wichtigsten Prioritäten hervorgehoben. Dies zeigt deutlich, dass das Regime von Beginn an die Bedeutung der Digitalisierung erkannt hat. Entsprechend werden Technologien, die für das Zeitalter der digitalen Wirtschaft unerlässlich sind, wie künstliche Intelligenz und Big Data, als wichtige Triebkräfte für zukünftiges Wachstum betrachtet. Infolgedessen wurden an renommierten Einrichtungen wie der Kim-Il-Sung-Universität und der Technischen Universität Kim Chaek KI-Abteilungen eingerichtet, in denen aktiv geforscht wird. Was internationale wissenschaftliche Publikationen angeht, so hat Nordkorea zwischen 2017 und 2023 etwa 161 Beiträge zum Thema KI veröffentlicht.

Unter der Herrschaft von Kim Jong-un legt Nordkorea einen starken Fokus auf wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt, insbesondere im KI-Bereich. Die Fähigkeiten von Universitätsstudenten im Bereich der Informationswissenschaft und -technologie werden jährlich geprüft. Außerdem wurden KI-gestützte Tools für das Erlernen englischer Vokabeln in Grundschulen eingeführt.

Trotz dieser Bemühungen bestehen weiterhin Einschränkungen. Die allgegenwärtige Überwachung und die strengen Kontrollmechanismen, die die nordkoreanische Gesellschaft im Griff haben, behindern die IT-technologische Entwicklung des Landes und seine Bereitschaft für das KI-Zeitalter. Für Nordkoreaner bleibt trotz moderner Smartphones die der IT-Technologie zugrunde liegende, umfassende und offene Kommunikation verschlossen. Falls Nordkorea jedoch seine Türen öffnete und den Austausch mit Südkorea ermöglichte, könnte sich auch die Lage der Smartphone-Nutzung verändern.

Ich bin davon überzeugt, dass der IT-Sektor eine Plattform für Integration bietet, die ideologische und politische Barrieren überwinden kann. Durch die Förderung des Austauschs von Technologie und Infrastruktur könnte eine innerkoreanische IT-Zusammenarbeit den Grundstein für eine umfassendere Integration legen und die Zusammenarbeit über den wirtschaftlichen Bereich hinaus auf soziokulturelle Bereiche wie Bildung und Gesundheitswesen ausweiten. Die Kombination aus Südkoreas fortschrittlichem ICT-Know-how und Nordkoreas Fähigkeiten könnte erhebliche Synergieeffekte hervorbringen. Ich denke, dass die grenzüberschreitende IT-Zusammenarbeit der erste Schritt in Richtung einer digitalen Friedensära sein könnte, in der beide Koreas zusammen ihre gemeinsame Zukunft vorbereiten können.

Smartphones eroberten seit 2007 die Weltbühne und läuteten weltweit revolutionäre Veränderungen ein. Auch Nordkorea fördert die Benutzung von Smartphones aktiv. Wenn die beiden Koreas durch einen sinnvollen Austausch gemeinsam in die Zukunft gehen, könnten Nordkoreas Smartphones vielleicht eine wichtige Rolle für eine positive Entwicklung spielen.

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