Schritte zur Wiedervereinigung

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Schritte zur Wiedervereinigung

Innerkoreanischer Sportaustausch

2025-08-06

ⓒ KBS News
Während des Kalten Krieges versuchten die USA und China ihre diplomatischen Beziehungen durch die sogenannte „Ping-Pong-Diplomatie“ zu verbessern. In ähnlicher Weise dienten Sportaustausche auch zwischen Süd- und Nordkorea als bedeutende Brücke der Annäherung. Jüngste Entwicklungen deuten darauf hin, dass Süd- und Nordkorea erneut Austauschformate im Sportbereich in Betracht ziehen. Können sie – ähnlich wie bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang – erneut über den Sport politische und militärische Spannungen abbauen? 

Heute sprechen wir ausführlich über den innerkoreanischen Sportaustausch mit Seong Mun-jeong, leitender Forscher am Koreanischen Institut für Sportwissenschaften. 

Bei den Olympischen Sommerspielen in Paris im vergangenen Jahr schrieb der südkoreanische Bogenschütze Kim Woo-jin Geschichte. Er gewann seine fünfte olympische Goldmedaille bei drei Olympiateilnahmen. Auch das südkoreanische Frauen-Bogenteam stellte mit dem zehnten Olympiasieg in Folge im Mannschaftswettbewerb einen beispiellosen Rekord auf. Nun bietet sich erneut die Gelegenheit, Südkoreas Vormachtstellung im Bogenschießen zu untermauern. Die Weltmeisterschaften im Bogenschießen 2025 finden im September in Gwangju im Südwesten Südkoreas statt. Top-Bogenschützinnen und -schützen aus aller Welt werden teilnehmen – darunter auch eine speziell eingeladene Delegation. 

Das Organisationskomitee der Bogenschießen-WM 2025 in Gwangju erhielt am 27. Juni die Genehmigung des Vereinigungsministeriums, direkt Kontakt zu Nordkorea aufzunehmen. Damit können das Komitee und die Stadt Gwangju Nordkorea offiziell zur Teilnahme vom 5. bis 12. September einladen. Nach Erhalt der Genehmigung informierten sie den Verband World Archery über ihre Einladung an Nordkorea. Als Mitglied des Bogensport-Weltverbandes ist Nordkorea grundsätzlich berechtigt, an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen. Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen sind bei Weltmeisterschaften keine regionalen Qualifikationen nötig, so dass Sportlerinnen und Sportler aus IOC-Mitgliedsländern in Einzel- und Teamdisziplinen starten dürfen. Nordkorea zählt zwar nicht zur Weltspitze, gilt aber in Asien als konkurrenzfähig. 

„Der Widerhall des Friedens“ – so lautet das Motto der Weltmeisterschaften in Gwangju. Es symbolisiert das demokratische und friedensorientierte Erbe der Stadt. Passend dazu lud das Organisationskomitee das nordkoreanische Team offiziell ein. Bei einem Treffen mit dem Inspektionsteam von World Archery unterstrich das Komitee seine Bemühungen, über verschiedene diplomatische Kanäle mit Nordkorea in Kontakt zu treten. Damit sendet Südkorea ein klares Signal der Gesprächsbereitschaft. Die Frage bleibt, ob Nordkorea die Einladung annehmen wird. 

Als jemand, der im Sportbereich tätig ist, hoffe ich sehr auf eine Teilnahme Nordkoreas. Angesichts der aktuell angespannten Beziehungen zwischen Süd- und Nordkorea wäre ein solches Sportereignis ein wichtiges Signal für Frieden. Es wird spekuliert, dass Nordkorea solche Turniere nutzt, um sich als kooperationsbereites, normales Land zu präsentieren. Nachdem es sich wegen der COVID-19-Pandemie von den 2021 nachgeholten Olympischen Spielen in Tokio zurückgezogen hatte, wurde Nordkorea vom IOC suspendiert – ein herber Imageverlust. Ein erneutes Fernbleiben ohne triftigen Grund könnte seiner sportlichen Glaubwürdigkeit bei zukünftigen Wettbewerben schaden. 

Rund 900 Athletinnen und Athleten aus 90 Ländern nehmen an dem achttägigen Wettkampf in Gwangju teil, einem der weltweit renommiertesten Bogensportturniere. Auch nordkoreanische Schützinnen und Schützen könnten dabei sein, denn unter Kim Jong-uns Führung strebt das Land konsequent eine führende Rolle im Sport an. 

Seit dem Amtsantritt legt Kim Jong-un großen Wert auf den Sport und erklärte den Aufbau eines starken Sportstaates zur nationalen Priorität. Bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris gewann Nordkorea zwei Silber- und vier Bronzemedaillen. Das Regime nutzt internationale Erfolge gezielt für Propaganda und zur Stärkung der inneren Einheit. Nordkorea wird 2026 die Junioren-Asienmeisterschaften und 2028 die Asienmeisterschaften im Tischtennis ausrichten. Sollte das Turnier 2028 wie geplant stattfinden, wäre es die erste große Tischtennisveranstaltung in Pjöngjang seit 49 Jahren. In dieser Disziplin hat sich Nordkorea in den letzten Jahren verbessert und rechnet sich gute Medaillenchancen aus – vermutlich auch, um diese Erfolge der Führung Kim Jong-uns zuzuschreiben. Wahrscheinlich strebt das Land die Austragung gezielt an, um die Erfolge propagandistisch zu nutzen. 

In seiner Neujahrsansprache 2015 stellte Kim Jong-un seine Vision einer Sportgroßmacht vor. Er förderte gezielt die Ausbildung von Athletinnen und Athleten auf Weltklasseniveau und stärkte internationale Sportkontakte durch die Einrichtung des Staatlichen Sportlenkungskomitees, dem hochrangige Beamte angehören. Erfolgreiche Sportler wurden auf nationaler Ebene geehrt. In der Folge nahmen immer mehr nordkoreanische Athletinnen und Athleten mit beachtlichem Erfolg an internationalen Wettbewerben teil. 2024 gewann Nordkorea die FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft, und Kim Kum-young sicherte sich den Titel im Dameneinzel bei den Asienmeisterschaften im Tischtennis. Auch die Ausrichtung internationaler Turniere ist ein Schwerpunkt, in den Nordkorea massiv investiert. Pjöngjang wird 2026 und 2028 zwei kontinentale Tischtennisturniere ausrichten. Nach über drei Jahren pandemiebedingter Isolation nimmt Nordkorea wieder aktiv an internationalen Sportereignissen teil. Viele hoffen daher auf Nordkoreas Teilnahme in Gwangju. 

Nordkorea nahm in der Vergangenheit an internationalen Wettbewerben in Südkorea teil, um die innerkoreanischen Beziehungen gezielt zu beeinflussen oder zu verbessern. 2002, in einer Phase guter Beziehungen, entsandte Nordkorea eine große Cheerleader-Gruppe zu den Asienspielen in Busan und zog damit viel Aufmerksamkeit auf sich. 2014 beteiligte sich Nordkorea an den Asienspielen in Incheon und schickte drei ranghohe Funktionäre zur Abschlusszeremonie, um den innerkoreanischen Dialog zu fördern. Trotz verschärfter Nukleardrohungen 2017 kündigte Kim Jong-un am 1. Januar 2018 in seiner Neujahrsansprache Nordkoreas Teilnahme an den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang an – ein diplomatischer Wendepunkt. Nordkorea engagierte sich aktiv beim Aufbau eines gemeinsamen koreanischen Teams. Diese Beispiele zeigen, wie Nordkorea Sport als strategisches Diplomatiemittel nutzt, wenn sich Chancen zur Annäherung bieten. 

Nordkorea hat im Rahmen der innerkoreanischen Beziehungen an internationalen Wettbewerben in Südkorea teilgenommen und seine Haltung je nach politischer Lage angepasst. Daher wird spekuliert, dass Nordkorea auch an der Bogenschießen-WM in Gwangju teilnehmen könnte. Diese Annahme stützt sich unter anderem auf die versöhnliche Haltung der südkoreanischen Regierung unter Präsident Lee Jae-myung, etwa durch das Aussetzen der Lautsprecher-Propaganda und den Verzicht auf Flugblattaktionen - Schritte zur Entspannung. Tatsächlich diente der sportliche Austausch zwischen den beiden Koreas wiederholt als Türöffner für Dialog und Annäherung. 

Kurz nach dem Waffenstillstand im Koreakrieg, in einer Phase eisiger Beziehungen, begannen Süd- und Nordkorea erste Gespräche über ein gemeinsames Olympia-Team. 1963 kam es in Lausanne in der Schweiz zu einem Treffen von historischer Bedeutung - dem ersten offiziellen Kontakt seit dem Krieg. Doch aufgrund politischer Spannungen scheiterte es, begleitet von gegenseitigen Vorwürfen. Ein Durchbruch gelang erst 1991 bei der 41. Tischtennis-WM in Chiba in Japan: Ein vereintes Korea-Team gewann den Titel im Damen-Mannschaftswettbewerb. 

1963 schlug das IOC vor, bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio ein gemeinsames Team zu entsenden. Es folgten mehrere Treffen – meist ohne Ergebnis. Doch mit dem Ende des Kalten Krieges Ende der 1980er Jahre bekam der Sportdialog neuen Schwung. Bei den Asienspielen 1990 in Peking feuerten beide Koreas erstmals gemeinsam an. Im Oktober folgten Fußballfreundschaftsspiele mit Hin- und Rückspiel in Seoul und Pjöngjang. 1991 wurde das vereinte Tischtennisteam schließlich Realität. Zum ersten Mal seit der Teilung Koreas im Jahr 1945 gewann ein vereintes Team unter dem Namen „Korea“ gegen das übermächtige China den Titel. Ein historischer Erfolg. 

Das Team stand mit der Melodie des koreanischen Volkslieds „Arirang“ im Hintergrund auf dem Podium und vergoss Tränen. Der legendäre Sieg bleibt ein Symbol der vereinten Kraft beider Koreas im Tischtennis. Auch bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney bewegte ihr gemeinsamer Einzug bei der Eröffnungs- und Schlussfeier Menschen weltweit. 

Der olympische Gedanke basiert historisch auf dem Prinzip des Friedens: Während der Spiele galt ein heiliger Waffenstillstand – auch für kriegführende Nationen. Bis heute sind die Olympischen Spiele eine globale Plattform zur Friedensförderung, auch zwischen den beiden koreanischen Staaten. Ein historischer Moment war der gemeinsame Einzug beider Koreas bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2000 in Sydney. 180 Teilnehmende – je 90 aus Süd und Nord – marschierten unter der Flagge der koreanischen Halbinsel ein. Zwar traten beide Teams getrennt an, doch die symbolische Geste fand weltweit Beifall. Seitdem ist der gemeinsame Einzug fester Bestandteil vieler großer Sportereignisse. Er fand bereits zwölfmal statt, darunter bei den Winterspielen in Pyeongchang und den Asienspielen in Jakarta-Palembang 2018. 

Nach den Olympischen Spielen in Sydney traten beide Koreas bei weiteren Turnieren gemeinsam auf – etwa bei den Asienspielen 2002 in Busan, den Olympischen Spielen 2004 in Athen und den Winter-Asienspielen 2007 in Changchun. 2018 wurde die Tradition mit einem gemeinsamen Einzug bei den Pyeongchang-Spielen nach langer Pause fortgeführt. 

Die Einheitsflagge kehrte nach elf Jahren international zurück. Das starke Symbol für Harmonie und Frieden markierte zugleich einen Wendepunkt in den bilateralen Beziehungen. Bis 2017 führten Provokationen wie Nuklear- und Raketentests zu einem Tiefpunkt. Doch die Olympischen Winterspiele 2018 boten eine wichtige Chance für Dialog. Mit dem innerkoreanischen Gipfel am 27. April 2018 im Waffenstillstandsdorf Panmunjeom begann eine neue Phase der Annäherung, gekrönt von drei Gipfeltreffen im selben Jahr. Angesichts solcher Erfahrungen könnten auch kommende Sportereignisse wie die Bogenschießen-WM in Gwangju oder die Junioren-Tischtennis-Asienmeisterschaft in Pjöngjang 2026 neue Impulse für Entspannung bringen. 

Auch im Alltag weisen Rituale oft auf zukünftige Entwicklungen hin, so auch in den innerkoreanischen Beziehungen. Sportaustausch war häufig der Beginn diplomatischer Annäherung - vielleicht auch diesmal. Im Fokus steht besonders die Junioren-Tischtennis-Asienmeisterschaft im Juni nächsten Jahres in Pjöngjang. Sie wird das erste große Sportereignis nach dem 9. Parteitag Nordkoreas um die kommende Jahreswende sein, bei dem ein neuer Fünfjahresplan beschlossen werden soll. Sollte Nordkoreas neue Außenpolitik auf Versöhnung setzen, könnte das frischen Wind in die Beziehungen bringen – mit Sport als Brücke. 

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