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Nordkorea und die Fußball-Weltmeisterschaften

2024-01-24

ⓒ Getty Images Bank
Im Juni 2026 beginnt die nächste Fußball-Weltmeisterschaft, die gemeinsam von den USA, Kanada und Mexiko ausgetragen wird. Bis dahin soll auch der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann die südkoreanische Fußball-Nationalmannschaft betreuen. In der zweiten Runde der Asien-Qualifikation zur WM besiegte Südkorea bisher die Mannschaften Singapurs und Chinas. Sollten sie sich erneut qualifizieren, wäre es das elfte Mal in Folge, dass die Südkoreaner bei einer WM dabei sind. Auch Nordkorea nimmt an der Qualifikation teil. Wie sieht die WM-Geschichte Nordkoreas aus? Im vergangenen August kündigte Nordkorea seine Teilnahme an der WM-Qualifikation an, nachdem das Land lange Zeit seine Grenzen wegen der Corona-Pandemie geschlossen hatte. Zum Thema sagt Seong Mun-jeong vom Korea-Institut für Sportwissenschaft in Südkorea: 

Nordkorea spielt in einer Gruppe mit Japan, Syrien und Myanmar. Es verlor 0:1 gegen Syrien und besiegte Myanmar mit 6:1. Es fragten sich einige, ob der weltweit bekannte nordkoreanische Spieler   Han Kwang-song spielen würde. Er war nicht bei den Asienspielen in Hangzhou im vergangenen Jahr dabei. Doch für die WM-Asien-Qualifikation kamen die nordkoreanischen Fußballer, die zuvor in Europa gespielt haben, wieder zusammen. Ich denke, das ist bedeutsam.   

Nordkorea beteiligte sich 2019 zunächst an der Qualifikationsrunde für die WM 2022 in Katar. Doch nach dem Ausbruch der Pandemie zog sich das Land wieder aus der Qualfikation zurück. Bei der jetzigen WM-Ausscheidung liegen die Hoffnungen des Landes unter anderem auf Han Kwang-song, der sowohl in Europa als auch im Nahen Osten gespielt hat. Wann tauchte Nordkorea erstmals bei einem WM-Turnier auf? 

Nordkorea debütierte bei der WM-Endrunde 1966 und spielte auch bei der WM 2010 mit. Insbesondere über den überraschenden 1:0-Sieg über Italien bei der WM 1966 wurde viel diskutiert. Niemand hatte damit vorher gerechnet. Die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg bei der WM mit 16 Mannschaften wurde damals auf ein Prozent geschätzt. Die meisten glaubten, dass Nordkorea nach einer Niederlage gegen Italien in der Gruppenphase ausscheiden würde. Der Torschütze für die Nordkoreaner war Pak Doo-ik, der auch unter südkoreanischen Fußballspielern bekannt war. Nordkorea erreichte das Viertelfinale, wo es dann Portugal mit 3:5 unterlag. Trotz der Niederlage schaffte es Nordkorea, drei Tore zu erzielen. Das zeigte, dass sich das Team sehr gut präsentiert hat.  

Mit dem unerwarteten Sieg über Italien stellte Nordkorea die erste asiatische Mannschaft, die über die erste Runde eines WM-Turniers hinausgelangte. Bis heute gilt der Sieg als eine der größten Überraschungen in der Geschichte der FIFA-Weltmeisterschaft. Danach schied Nordkorea bei Qualifikationsrunden aus oder erklärte, nicht daran teilnehmen zu wollen. Im Jahr 2010 erlebte der nordkoreanische Fußball so etwas wie eine Wiederbelebung. Im Nationalteam, das bei der Endrunde 2010 in Südafrika wieder dabei war, standen auch An Yong-hak und Jong Tae-se, die in Japan geboren wurden. Obwohl Nordkorea kein Spiel gewann, überraschte die Auswahl mit ihrer Verteidigung und dem Tor im Match gegen WM-Rekordsieger Brasilien. Nach ihrer Rückkehr von der WM wurde die Mannschaft von den Bürgern in Pjöngjang auf den Straßen begrüßt. Fußball ist in dem Land die populärste Sportart: 

Nordkorea hat Fußball seit den Jahren unter Republikgründer Kim Il-sung gefördert. Dieser sagte, dass es eine Sportartei ist, die zum koreanischen Körpertyp passt. Nordkoreas Fernsehen strahlte 2022 mehrmals internationale Fußballspiele aus, was andeutet, wie populär der Sport in dem Land ist. Anders als in Südkorea hat Nordkorea keine eigene professionelle Fußball-Liga. Doch werden bei nationalen Sportveranstaltungen auch immer Fußballspiele ausgetragen. Es gibt zahlreiche Sportvereine, die eher den Betriebsmannschaften in Südkorea entsprechen. Fußball-Mannschaften in diesen Vereinen tragen mit ihren Spielen zur wachsenden Beliebtheit des Fußballs bei. 

Das große Interesse an Fußball in dem Land spiegelt sich auch im Programm der lokalen Medien wider. Während der WM 2022 in Katar strahlte Nordkorea aufgezeichnete Spiele sowie jeweils eine Zusammenfassung der einzelnen Duelle aus. Es gibt auch eine Fußball-Liga, in der die Vereine wie der Sportclub vom 25. April in Pjöngjang oder der Kigwancha-Sportclub (Lokomotive), der zur staatlichen Eisenbahn gehört, gegeinander antreten. Zudem betreibt der Staat eine Fußballschule, um talentierte Spieler auszubilden: 

Nordkorea öffnete 2013 die Internationale Fuballschule in Pjöngjang. Die Schule wählt talentierte Kinder aus, die in der Anfänger-Klasse oder Fortgeschrittenen-Klasse ein systematisches Training erhalten. Es ist wohl so, dass bekanntere Spieler, die früher in der Nationalmannschaft spielten, ebenfalls dort arbeiten. Die Schule hat bekannte Fußballtrainer aus europäischen Ländern wie Italien eingeladen und schickt herausragende Spieler nach Europa. 

Nordkoreanische Spieler, die in der internationalen Arena spielen, erhielten oft ein systematisches Training von Kindesbeinen an. Nordkorea misst sich auch an den Trainingsprogrammen der starken Fußball-Nationen. Die Fußballschule in Pjöngjang wurde im Einklang mit der Vision des jetzigen Machthabers Kim Jong-un geöffnet, das Land zu einer Sportmacht zu entwickeln. Die Schule bietet die beste Erziehung für junge Spieler und Spielerinnen, die im ganzen Land für diesen Unterricht ausgewählt wurden. Um den nordkoreanischen Fußball zu globalisieren, erhalten die Schüler auch Unterricht in Englisch und am Computer. Besonders talentierte Schüler werden zum Training nach Europa geschickt. Auch Han Kwang-song besuchte die Pjöngjanger Fußballschule: 

Nach der Öffnung der Schule wurden mit Unterstützung der Regierung 14 Schüler nach Spanien und 15 nach Italien geschickt. Han Kwang-song war einer der Schüler, die nach Spanien gingen. Er zog 2015 die Aufmerksamkeit der italienischen Fußballmanagement-Akademie auf sich. In seinem vierten Jahr des Trainings im Ausland schloss er sich 2017 offiziell der Jugendmannschaft von Cagliari, das in der ersten Liga Serie A spielte, an. Er schaffte es direkt in die Profimannschaft und erzielte nur eine Woche nach seinem Debüt sein erstes Tor. Einige sagen, dass Han als „nordkoreanischer Ronaldo“ gilt und als Spieler Son Heung-min aus Südkorea ähnelt. 

Han ist der erste nordkoreanische Spieler, der in einer der stärksten europäischen Fußball-Ligen ein Tor erzielt hat. Nachdem er auch für Perugia gespielt hatte, zog er weltweit Aufmerksamkeit auf sich, als er sich Juventus Turin anschloss. Die Internationale Fußballschule in Pjöngjang wurde mit zahlreichen „Goldmedaillen“ ausgezeichnet und brachte in den vergangenen zehn Jahren Preisträger bei internationalen Wettbewerbern hervor. Neben Han sind dabei auch Spieler wie Pak Kwang-ryong, Jong Il-gwan und Choe Song-hyok zu nennen, die ebenfalls in Europa spielten. Warum fördert Nordkorea den Fußball?

Es ist möglich, Fußballspieler auszubilden, ohne große Investitionen in die Einrichtungen zu tätigen. Zudem ist Fußball stärker im internationalen Sportmarkt vertreten als andere Sportarten. Ich denke, Nordkorea blickt besonders auf diesen Bereich. Ein einzelner, gut ausgebildeter Spieler kann mehr Geld machen als tausende Arbeiter im Ausland. Han Gwang-song ist ein gutes Beispiel. Die Transfersumme für ihn betrug fünf Millionen Dollar. Es wird vermutet, dass er den größten Teil seines Gehalts in die Heimat gesandt hat. Seine Karriere wurde von den Sanktionen der UN behindert, die die Mitgliedsländer aufruft, keine Arbeitserlaubnis mehr für nordkoreanische Gastarbeiter auszustellen und diese nach Hause zu schicken. Doch aus Nordkoreas Sicht dienen herausragende Fußballspieler wie Han nach wie vor als wichtige Einkommensquelle. Das ist der Grund, warum Nordkorea so stark in das Training der Spieler investiert. 

Das Interesse am Fußball hat in dem Land zugenommen. Seit Beginn seiner Herrschaft hat Machthaber Kim Jong-un dem Fußball seine volle Unterstützung zugesichert, weil die talentierten Spieler auch Devisen anschaffen. Wenn ein Spieler für einen berühmten Verein spielt, hat er ein Gehalt und erzielt Transferzahlungen, von denen ein normaler Fußballer in dem Land nur träumen kann. Sobald Sportler ihr Geld im Ausland verdienen, sammelt Nordkorea einen gewissen Anteil davon als „Loyalitätsfonds“ ein. Aus diesem Grund beschreibt der UN-Sicherheitsrat nordkoreanische Fußballspieler in Europa als Arbeitskräfte, die ausländische Devisen verdienen. Sobald nordkoreanische Spieler im Ausland erfolgreich sind, kann das auch eine große Auswirkung auf das Image ihres Landes haben. In diesem Sinn könnte der Fußball das Bild von Nordkorea als eines normalen Staats fördern, das Einkommen durch den Export talentierter Spieler erhöhen und das Interesse der Nordkoreaner am Sport verstärken. Nordkorea ist jetzt nach vier Jahren wieder zur WM-Qalifikation zurückgekehrt. Wie wird es in der Asienrunde abschneiden?

Die WM 2026 könnte eine Gelegenheit für Nordkorea sein. Bisher nahmen nur 32 Länder an der Endrunde teil. Doch 2016 werden es viel mehr sein. Das heißt, die Quote für das Turnier ist gestiegen. Asien wird jetzt acht Startplätze haben. Berücksichtigt man das Niveau des nordkoreanischen Fußballs, könnte das Land auf der Liste der Acht erscheinen. Das hängt davon ab, wie stark Nordkoreas Teamarbeit im Vergleich zu anderen Ländern sein wird. 

Mit der Vergrößerung der WM 2026 erhöht sich die Startplatzquote für Asien von 4,5 auf 8,5. Damit steigen auch die Chancen für Nordkorea, bei der Endrunde wieder dabei zu sein. Nordkorea bringt dem Fußball großes Interesse entgegen und bildet aktiv talentierte Spieler aus. Wie sich die Entwicklung auf den nordkoreanischen Fußball in Zukunft insgesamt auswirken wird, ist noch unklar. Das hängt auch davon ab, inwieweit der Sport in dem Land noch weiter gefördert wird.

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