Schritte zur Wiedervereinigung

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Schritte zur Wiedervereinigung

Die Berichterstattung über Katastrophen in Nordkorea

2023-09-13

ⓒ YONHAP News
Als im Juli der Taifun „Khanun“ über die koreanische Halbinsel hinwegzog, brachte er heftige Regenfälle mit sich. Die Sender in Südkorea einschließlich KBS strahlten Sonderberichte über die jeweilige Lage aus. Die Berichterstattung kann dabei helfen, die Menschen vor den Risiken bei möglichen Katastrophen zu warnen und Schlimmeres zu verhüten. Wie sieht die Berichterstattung dazu in Nordkorea aus? 

Heute wurde in der Stadt Kaesong die höchste durchschnittliche Niederschlagsmenge in irgendeiner Provinz verzeichnet. Von Mitternacht bis 18.00 Uhr fielen in jedem Bezirk der Stadt mehr als 50 Millimeter Regen, die durchchnittliche Niederschlagsmenge erreichte 68 Millimeter. 

Als der monsunartige Niederschlag Nordkorea am 26. Juni traf, berichteten die staatlichen Medien, dass die Regensaison begonnen habe. Das Wetteramt betonte, wie wichtig es jetzt sei, sich darauf vorzubereiten: 

Es ist nötig, gründliche Vorbereitungen zu treffen, um Schaden während der Regensaison in allen Bereichen einschließlich der Landwirtschaft gering zu halten. 

Als der Taifun “Khanun” am 10. August zunächst auf die südliche Küste der koreanischen Halbinsel traf, berichtete Nordkorea darüber in den 20.00-Uhr-Nachrichten. Bis zum darauffolgenden Tag wurde immer wieder über den aktuellen Stand der Dinge berichtet: 

Bis jetzt, zwei Uhr am 11. August, regnet es stark, und der Wind wird hier in Chongjin infolge des Einflusses des sechsten Taifuns in diesem Jahr stärker. 

Zum Thema Desaster-Berichterstattung in Nordkorea sagt Seo So-young vom Korea-Institut für die Entwicklung der Informationsgesellschaft in Südkorea:   

Im Vergleich zu den vergangenen Jahren sind die nordkoreanischen Nachrichtensendungen über Taifune in diesem Jahr etwas zurückgefahren worden. Von Mai bis Juli analysierten nordkoreanische Medien die Risiken durch El Niño, und sie berichteten über die Erderwärmung. Während derselben Periode bereitete das Land Programme über Taifune und Sonderberichte über den Katastrophenschutz vor. In diesem Jahr wurden einfach nur ältere Sendungen über El Niño erneut ausgestrahlt. 2023 ist das letzte Jahr des nordkoreanischen Fünf-Jahres-Plans für die Wirtschaftsentwicklung. Angesichts der aktuellen Situation ist es für das Land schwierig, Ergebnisse des Plans vorzulegen. Um die schlechte Stimmung in der Bevölkerung aufzuhellen, tendiert Nordkorea dahin, weniger über Schäden durch Taifune zu berichten. 

Bis vor wenigen Jahren gab es in Nordkorea so gut wie keine Katastrophen-Berichterstattung. Die Überschwemmungen von 1995 waren so schwerwiegend, dass Nordkorea von „den schlimmsten Überflutungen seit 100 Jahren“ sprach. Damals berichtete KBS in Südkorea davon: 

Schwere Niederschläge führten in Nordkorea zu großen Schäden. Die einheimischen Medien berichteten ungewöhnlicherweise über die Schäden durch den Regen und riefen die Menschen auf, an die Opfer Hilfsgüter zu verteilen. 

Bei den Überflutungen kamen damals 68 Menschen ums Leben. Rund 5,2 Millionen Menschen waren von der Katastrophe betroffen, die Sachschäden von etwa 15 Milliarden Dollar verursachten:

Es scheint, als ob Nordkorea die Medien über die Flutschäden informierte, um die internationale Gemeinschaft zu humanitärer Hilfe zu bewegen. Es ging weniger um Schadensvermeidung und wirksame Maßnahmen gegen Katastrophen. Nach den Überschwemmungen richtete Nordkorea ein Komitee zur Beseitigung der Überflutungsschäden unter dem Außenministerium ein und organisierte die hydro-meteorologische Behörde, die unter dem nationalen Umweltschutzkomitee stand, zu einer unabhängigen Behörde um.  

Eine Frau, die 2016 aus Nordkorea geflüchtet war, sagt über die Desaster-Berichterstattung in ihrer alten Heimat:

Das Staatsfernsehen strahlte um 17.00 und 20.00 Uhr seine Nachrichtensendungn aus. Doch sah ich kaum einmal einen Wetterbericht im Fernsehen. Manchmal hörte ich morgens im Radio Wettervorhersagen.

Als sich Ende August 2016 der tropische Wirbelsturm “Lionrock” in Richtung Nordkorea bewegte, warnte die staatliche Fernsehstation zunächst nur vor möglichen Schäden durch starke Winde und heftige Regenfälle. Erst als das Land unter den direkten Einfluss des Taifuns kam, berichtete das Fernsehen über Regenfälle, einen Sturm und hohe Wellen. Auch rief es die Menschen dazu auf, Schutzmaßnahmen zu treffen. 

Damals war Nordkoreas System der Wettervorhersage sehr ungenau. Das Land hatte nur wenig Erfahrung mit der Katastrophen-Berichterstattung, und nur wenige entsprechende Informationen wurden an die Bevölkerung weitergeleitet. Wenn die Menschen dieses Problem und das fehlerhafte Katastrophenmanagement erkennen, würde das eine Last für den Machthaber und die Partei bedeuten. Das ist der Grund, warum die Katastrophen-Berichterstattung nicht die erwünschte Rolle spielte. Nordkorea richtete den Fokus eher auf den Wiederaufbau und zeigte der Bevölkerung, wie der Staat und die Partei die Notlage meistern können, um eine günstige soziale Atmosphäre zu schaffen. 

Als der Taifun “Lingling” 2019 über die koreanische Halbinsel hinwegfegte, versuchte Nordkorea, auf niedrigem Niveau eine Katastrophen-Berichterstattung aufzuziehen. Damals wurden die Straßen in Sariwon in der Provinz Nord-Hwanghae überflutet. Machthaber Kim Jong-un berief ein Notfalltreffen der zentralen Militärkommission der Arbeiterpartei ein, um über die Auswirkung des Taifuns zu beraten:

Der Machthaber betonte, dass die Zentral- und Provinzbeamten zu träge sind, um die Ernsthaftigkeit der Situation zu überschauen, und er kritisierte sie dafür, die gleiche alte Haltung einzunehmen und das Problem nicht anpacken zu können. 

Danach versuchten nicht nur die Bürger, sondern alle Industriebereiche, sich künftig besser auf Taifune einzustellen. Die Staatsmedien berichteten über den erwarteten Kurs und die Stärke der Stürme: 

Das Nordkorea-USA-Gipfeltreffen im Februar 2019 in Hanoi war gescheitert. Hinzu kam, dass der internationale Druck und die Sanktionen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Nordkoreas verschärften. Vor diesem Hintergrund berichteten die nordkoreanischen Medien, dass sich Kim Jong-un um die Menschen kümmern würde. Das hatte den offensichtlichen Zweck, eine günstige Atmosphäre zu schaffen und zu verhindern, dass sich die öffentliche Stimmung verschlechtert. Nordkoreas Katastrophen-Berichterstattung befand sich damals im Vergleich zu derjenigen in Südkorea auf einem niedrigen Niveau. Nachrichtensprecher und Experten des nationalen Wetterdienstes erschienen im Rahmen von Eilmeldungen im Fernsehen. Die Sendungen hatten keinen offiziellen Titel, und sie erklärten einfach nur die Bewegungen der Taifune und Niederschläge. 

Die Berichterstattung über Katastrophen nahm 2020 konkrete Gestalt an. Es gab Sonderberichte und Eilmeldungen vom Ort einer Katastrophe einschließlich Informationen über den Beginn der Regensaison. Die Sparte „Mitteilung der staatlichen hydro-meteorologischen Behörde” wurde eingeführt. Die Medien nutzten visuelle Effekte und Computergrafiken, Wetter- und Textkarten. Auch Wetterexperten wurden interviewt. Reporter berichteten vor Ort bei starken Winden und hohen Wellen über den Einfluss der Taifune „Bavi“, „Maysak“ und „Haishen“, die Ende August jenes Jahres hintereinander das Land trafen. Auch betraten sie überflutete Straßen. Solche Szenen wurden damals oft in Echzeit ausgestrahlt. 

Nordkoreas Katastrophen-Berichterstattung wurde 2020 vollwertig. Der Taifun „Bavi“ näherte sich im August jenes Jahres der koreanischen Halbinsel. Nordkorea hielt die Menschen über den Taifun auf dem Laufenden. Es wurden seltene nächtliche Wettervorhersagen gezeigt und genau erklärt, warum sich die Situation in den verschiedenen Regionen ändert. Nordkorea berichtete über den Taifun “Masak” sogar noch systematischer. Das Sendestudio, die staatliche hydro-meteorologische Behörde und die Reporter vor Ort wurden miteinander verbunden, um die Bevölkerung über die Bewegungen des Taifuns zu informieren. 

Beim 8. Kongress der Arbeiterpartei im Januar 2021 betonte Machthaber Kim Jong-un, dass es nötig sei, ein System für den Katastrophenschutz und das Risikomanagment aufzubauen. Die offizielle Zeitung Rodong Sinmun berichtete regelmäßig über Maßnahmen zum Schutz gegen ungewöhnliche Klimamuster und über die Vorbereitung auf Katastrophen. Das Staatsfernsehen strahlte Programme über die Folgen großer Hitze und Dürren aus. Nordkorea wollte damit wirksamer als vorher gegen Naturkatastrophen, insbesondere Wetterkatastrophen, gewappnet sein:

Nordkoreas Katastrophen-Berichterstattung glich 2021 immer mehr derjenigen in Südkorea. Interessanterweise wurden in den Sendungen Interviews mit Überschwemmungsgeschädigten mitsamt Untertiteln in die Sendungen aufgenommen, um realistischer zu wirken. Seit 2021 wurden die Wettervorhersagen auch mit nützlichen Tips für die Landwirtschaft verknüpft. 

Im August dieses Jahres berichteten Nordkoreas Medien, dass Kim Jong-un die von Überflutungen geschädigten Gebiet in der Provinz Kangwon besucht habe, um zu Wiederaufbaumaßnahmen aufzurufen. Es scheint, als ob die Berichte auch dem Zweck dienen sollen, die interne Einheit zu stärken: 

Im Gegensatz zu Südkorea veröffentlicht Nordkorea nicht die Zahlen der Todesopfer bei Katastrophen. Auch nennt es nicht die Namen der Gebiete, die etwa von Überschwemmungen am stärksten beschädigt sind. Bis 2021 lenkte Nordkorea die Aufmerksamkeit auf die Zuverlässigkeit der Informationen. Doch in diesem Jahr wird sich, so denk ich, Nordkoreas Katastrophen-Berichterstattung mehr auf den Katastrophenschutz richten und darauf, wie gut die staatlichen Systeme zu diesem Zweck arbeiten. 

Nach einem Bericht der UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und die Pazifik-Region von Ende August waren in der Zeit zwischen 1991 und 2020 gut 51 Millionen Menschen in Nordkorea von Naturkatastrophen wie etwa Überschemmungen und Dürren betroffen. In dem Bericht mit dem Titel „Die Erkundung der Desaster-Risiko-Landschaften der Demokratischen Volksrepublik Korea“ hieß es, dass das Land jedes Jahr zahlreiche Todesopfer infolge von Naturkatastrophen zu verzeichnen habe. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Katastrophen-Berichterstattung des Landes auch zum Schutz der Menschen weiterentwickeln wird. 

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