Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Lifestyle

Menschen mit Behinderungen in Korea 3

#Sie fragen, wir antworten l 2016-05-07

Hörerecke

Q:Sehr interessant fand ich die Beantwortung der letzten Hörerfrage zu Behinderten in Korea. Dazu habe ich noch einige Nachfragen: Wie werden Behinderte im Straßenverkehr von Korea berücksichtigt? Gibt es Behinderten-Parkplätze in Korea? Gibt es ausreichend Aufzüge an Stationen für den Nahverkehr? Ist die Einstiegshöhe für Behinderte bei den U- und S-Bahnen angepasst? In Deutschland gibt es bei diesem Thema, besonders was den Öffentlichen Nahverkehr angeht, noch einen großen Nachholbedarf. Oftmals sind in Deutschland S-Bahn-Stationen als Hochbahnsteige angelegt und diese nur über Treppen und Rolltreppen erreichbar, wobei die Rolltreppen oftmals auch ausfallen. Auch für Eltern mit Kinderwagen ist es dann beschwerlich, die S-Bahn zu erreichen.

A:1997 wurde in Korea ein Gesetz erlassen, nach dem Straßen, Parks, öffentliche Gebäude und Anlagen barrierefrei und behindertengerecht sein müssen. So haben mittlerweile alle öffentlichen Gebäude Toiletten für Menschen mit Behinderungen wie Rollstuhlfahrer. Auch das gesamte Seouler U-Bahn-Netz ist behindertengerecht ausgestattet, sei es mit Aufzügen und/oder speziellen Transportvorrichtungen die Treppen entlang. Mittlerweile dürften alle U-Bahn-Stationen des Seouler Netzes Aufzüge haben, die auch von lauftüchtigen Senioren meist lieber benutzt werden als die Rolltreppen. Die Aufzüge sind in der Regel auch mit Blindenschrift versehen, das gilt auch für viele öffentliche Gebäude, Kaufhäuser usw. Probleme mit den Bahnsteigen gibt es ebenfalls keine. Alle Bahnsteige sind angepasst und damit für Rollstühle und Kinderwagen überhaupt kein Problem. Der Zugang ist mit Aufzügen möglich. Privatunternehmen, die ihre Gebäude und Anlagen behindertengerecht anlegen oder umbauen, wurden bzw. werden übrigens mit Steuervergünstigungen belohnt.

Für das zumindest in den Augen eines gesunden Menschen mittlerweile deutlich behindertenfreundlichere Lebensumfeld haben die Behinderten zum Teil aber auch gekämpft. So haben sich in den frühen Nullerjahren in einigen U-Bahn-Stationen Behinderte an die U-Bahnschienen gekettet und besseren Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln verlangt. Tatsächlich wurden durch solche Aktionen, die natürlich auch in den Medien Schlagzeilen machten, einige ältere Stationen nachgerüstet.

Was Behindertenparkplätze betrifft, so gibt es sie mittlerweile überall, sei es in Kaufhäusern, Firmen oder öffentlichen Einrichtungen aller Art. Sie sind vorgeschrieben. Wer widerrechtlich auf einem für Behinderte reservierten Parkplatz parkt, kann mit 200.000 Won (rd. 170 Euro) bestraft werden. Wie sehr man sich in den letzten Jahren um Behindertenfreundlichkeit bemüht, zeigt z.B. auch, dass 20% der Seouler Stadtbusse mit einer automatischen Rampe für Rollstuhlfahrer ausgerüstet sind. Auch Korail, die staatliche Eisenbahngesellschaft, hält - wenn nötig - mobile Rampen für Rollstuhlfahrer bereit, die Züge – zumindest alle modernen Züge - haben rollstuhlgerechte bzw. behindertengerechte Toiletten.
Auch gibt es extra Rollstuhltaxis in Seoul. Und einige Banken haben Geldautomaten, die speziell für Rollstuhlfahrer konzipiert sind. Auch viele öffentliche Schulen und Restaurants sind mit Rampen neben der Treppe ausgestattet, aber nicht alle. Dass heutzutage darüberhinaus so gut wie alle Geldautomaten auch mit Blindenschrift versehen sind, versteht sich von selbst.

Auch im Bereich Kunst bemüht man sich um Inklusion. Im Juni 2014 wurde z.B. die erste Able Access Art Fair im Ausstellungsraum des alten Seouler Bahnhofes abgehalten. Sie wurde vom Verband für behinderte Künstler organisiert und unterstützt vom Ministerium für Kultur, Sport und Tourismus sowie der Koreanischen Stiftung für Kunsthandwerk und Design. Ausgestellt wurden die Arbeiten von 88 Künstlern mit Behinderungen. Dahinter stand die Bemühung zu mehr gesellschaftlicher Inklusion von Menschen mit Behinderungen und der Versuch, ihnen mehr Möglichkeiten im Kunstbereich zu eröffnen.

Überhaupt tut sich einiges, wie man erfahren kann, wenn man auf die Seite der The Korea Differently Abled Federation (KODAF) geht, ein Zusammenschluss von 28 Behindertenorganisationen in Korea, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und mehr Inklusion einsetzen. Dazu gehört z.B. das 1996 gegründete, dem Ministerium für Kultur und Tourismus unterstehende Institut zur Förderung behinderter Menschen im Kunst und Kulturbereich, das bei Ballett- und Theatervorführungen Tänzer im Rollstuhl auf die Bühne bringt. Weiterhin der 1957 gegründete Blindenverband, der Verband für Menschen mit geistigen Behinderungen und die regionalen Verbände für Menschen mit Behinderungen. Zu nennen ist vielleicht auch noch der koreanische Taubstummenverband, der auch einen eigenen TV-Sender unterhält. Sowieso werden in Korea die Sendungen der öffentlichen Rund- und Fernsehanstalten oft mit Einblendungen in Gebärdensprache angeboten. Im Internet ist zudem DBN, Deaf Broadcasting Network, ein Sender speziell für Gehörlose, abrufbar.

In dem Zusammenhang zu nennen ist vielleicht auch noch die 2004 gegründete und dem Arbeitsministerium unterstellte Agentur zur Förderung der Beschäftigung von Behinderten. Diese Agentur unterstützt z.B. Firmen, die behinderte Menschen einstellen, mit Computern, die per Kopfnicken oder mit Augenbewegungen gesteuert werden können. Der Etat für diese Agentur kommt übrigens aus der Nationalen Lotterie.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >