2011 verfilmte der Regisseur Tom Hooper die wahre Geschichte des britischen Königs Georg VI.

In "The King's Speech" wird gezeigt, wie König Georg VI. 1936 den Thron besteigt, nachdem sein älterer Bruder Eduard VIII. zugunsten der Liebe auf die Krone verzichtet. Doch Georg hat einen entscheidenden Makel: er stottert, ist schüchtern und kränklich. Seine Regierungsfähigkeit wird daher ständing in Zweifel gezogen.

Um in Zeiten von Krieg und Unsicherheit seinem Volk ein würdiger Regent zu werden, beginnt König Georg eine Sprachtherapie - mit Erfolg. Nach langen Mühen kann er seine Schwächen überwinden und geht als geliebter und respektierter König in die Geschichte ein. Die Geschichte von König Georg dürfte wohl unzähligen Südkoreanern als Inspiration gedient haben - denn in Korea sind Sprech- und Rhetoriktrainings derzeit sehr beliebt.

In einem kleinen Unterrichtsraum sind die Kursteilnehmer dabei, die Bauchatmung zu trainieren. Durch die Nase wird tief eingeatmet, bis Brust und Bauch aufgebläht sind, dann wird durch den Mund wieder ausgeatmet.

Als nächstes folgen Stimmübungen.

Wir befinden uns in den Räumen eines privaten Institutes für Sprechtraining.



Ich habe lange im Ausland studiert und möchte jetzt meine Aussprache korrigieren. Bei mir machen vor allem das "s" und die Vokale "eu" und "i" Probleme. Es gibt viele Muskeln, die ich beim Sprechen nicht so nutze, wie ich sollte. Das möchte ich verbessern.

So wie der Teilnehmer Oh Byeong-gwan gibt es viele Menschen, denen eine undeutliche Aussprache Sorgen macht. Vor allem in den zahlreichen Vorstellungsgesprächen, die man bei Universitäten und zukünftigen Arbeitgebern absolvieren muss, wird das zum Problem. Denn auch in der südkoreanischen Gesellschaft werden Eloquenz und ein selbstsicheres Auftreten zunehmend gefordert. Die Sprechtrainerin Bae Yun-hee.

Zu uns kommen vor allem Menschen zwischen 20 und 60, Studenten und Berufstätige. Studenten wollen vor allem zukünftige Arbeitgeber in Vorstellungsgesprächen mit ihrer Ausdrucksfähigkeit beeindrucken. Berufstätigen geht es eher darum, in Präsentationen, Vorträgen und Besprechungen ihre Fähigkeiten richtig zur Geltung zu bringen. Die Nachfrage nimmt immer mehr zu.

Eloquenz hilft aber nicht nur in Vorstellungsgesprächen. Wer sich gut ausdrücken kann, wirkt auch im Alltag attraktiver und hinterlässt einen guten Eindruck. Professor Heo Gyeong-ho vom Internationalen Forschungsinstitut für Rhetorik und Diskussionskultur an der Kyunghee-Universität in Seoul.

Bei der Begegnung mit anderen Menschen ist nicht nur die äußere Erscheinung wichtig. Wenn man sich begrüßt und vorstellt, möchte man auch mit seinen Worten seine Ausstrahlung verbessern. Bei einem Date zum Beispiel ist nicht nur das Aussehen wichtig, sondern auch, was man sagt und dadurch über seinen Charakter vermittelt. Daher wollen die Menschen gut sprechen können, um einen guten Eindruck beim Gegenüber zu hinterlassen.

Das Sprechen unterscheidet den Menschen von allen anderen Lebewesen - und ist untrennbar mit der Entwicklung der menschlichen Zivilisation verbunden. Bereits im alten Rom hat man sich im "Forum", wie ein öffentlicher Platz damals hieß, versammelt, um Reden zu halten und zu diskutieren. Die geschichtliche Entwicklung von Politik, Gesellschaft und Kultur ist wohl unzähligen Diskussionen und Debatten zu verdanken. Doch mit der Entwicklung des Internets und vor allem der sozialen Netzwerke wird die direkte Kommunikation von Angesicht zu Angesicht immer weniger. Selbst wenn sie an einem Tisch sitzen, schweigen sich viele Menschen an und beschäftigen sich lieber mit ihren Smartphones.

Wegen der sozialen Netzwerken wird die direkte Kommunikation immer weniger, und die Gelegenheiten zum Sprechen nehmen dadurch ab. Aber Sprechen ist eine Übungssache. Durch die mangelnde Übung funktioniert es leider auch dann nicht, wenn man es wirklich braucht.

SMS und Fotos ersetzen das Gespräch, und auch in der Familie fehlt oft die Zeit zum Miteinandersprechen. Im Alltag wird also immer weniger gesprochen. An Universität und im Beruf nehmen die Situationen, in denen Eloquenz gefordert wird, dagegen zu: Diskussionen im Unterricht, Vorstellungsgespräche, Präsentationen und Besprechungen werden auch in Südkorea immer mehr. Eine gute Ausdrucksfähigkeit ist für den Erfolg in Studium und Beruf für Südkoreaner also unerlässlich. Denn in der heutigen Wettbewerbsgesellschaft muss man auf sich aufmerksam machen und seine Gedanken und Behauptungen überzeugend rüberbringen können. Der Weg dorthin fängt mit mehr Selbstbewusstsein an. Die Sprechtrainerin Bae Yun-hee.

Unseren Teilnehmern fehlt vor allem das Selbstbewusstsein. Es gibt viele, die zwar unter Freunden oder im Zweiergespräch selbstbewusst auftreten können, vor einer Gruppe aber ganz klein werden. Das ist zum einen eine Frage der Persönlichkeit, aber es spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Man ist sich zum Beispiel zu den Fakten nicht sicher, oder stellt sich Fragen wie "Darf ich das so sagen?" oder "Was denken die von mir?". Es gibt viele, die unter mangelndem Selbstbewusstsein leiden.

So zieht es immer mehr Koreaner in private Bildungsinstitute, die Sprech- und Rhetoriktrainings anbieten. Eine von ihnen ist Jo Hyeon-a, die derzeit auf Arbeitssuche ist.

Ich spreche etwas schnell, und an meiner Ausdrucksweise gibt es auch etwas zu verbessern. Daher habe ich mich für die Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche hier angemeldet. Ich habe bereits einige erfolglose Vorstellungsgespräche hinter mir. Ich glaube, es lag an meiner Ausdrucksweise und daran, dass ich mit den Gepflogenheiten in diesen Situationen nicht vertraut bin. Ich wusste nicht, was von mir erwartet wurde, aber nach dem Training hier bin ich zuversichtlicher. Es ist nicht einfach, langjährige Gewohnheiten zu ändern. Aber ich möchte auch irgendwann klar sprechen können und vertrauenswürdig wirken.

Die Teilnehmer sind dabei, sich selbst vorzustellen. In dieser Stunde geht es vor allem um die richtige Sprachmelodie. Dafür werden auch spielerische Methoden genutzt.

Im Sprechtraining wird die Bauchatmung vermittelt, die richtige Sprachmelodie beigebracht und an Ausdrucksvermögen und Mimik gearbeitet. Diese Kurse für Erwachsene dauern gewöhnlich zwei Monate.

Auch für die Kleinen gibt es schon Sprechtrainings. In diesem Kurs sind Grundschüler versammelt. Der Beginn des Unterrichts unterscheidet sich nicht groß von den Kursen für Erwachsene.

Es werden die Bauchatmung trainiert und Stimmübungen gemacht. Dann stellen sich die Schüler einer nach dem anderen mit fester Stimme vor.

Auch die Kurse für Kinder erfreuen sich in letzter Zeit immer größerer Nachfrage. Frau Lee Ji-eun, Leiterin eines auf Kinder spezialisierten Rhetorikinstitutes.

Die Nachfrage steigt deutlich an. Das liegt daran, dass im Schulunterricht die mündliche Beteiligung immer wichtiger wird. Als wir jung waren, hat es gereicht, wenn man den Stoff einfach nur verstanden hat. Aber heute ist es schwer, Anerkennung zu finden, wenn man sein Wissen nicht zum Ausdruck bringen kann. Deswegen bringen viele Mütter ihre Kinder hier her. Es gibt viele Anfragen online oder per Telefon, aber immer mehr Kunden kommen auch einfach vorbei.

Bei jüngeren Kindern geht es meistens um mehr Selbstbewusstsein und eine deutlichere Aussprache. Viele Kinder haben nach Schuleintritt mit mangelndem Selbstvertrauen zu kämpfen, oder sind wegen Sprachfehlern Hänseleien ausgesetzt.

Meine Tochter ist eigentlich sehr lebhaft, aber aufgrund verschiedener Umstände ist sie schüchtern geworden. Sie ist unsicher und übervorsichtig. Ich wollte ihr wieder zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen und habe sie deswegen hier angemeldet.

Bei älteren Kindern gibt es viele, die sich zum Sprechtraining anmelden, weil sie in der Schülervertretung aktiv werden wollen. Denn auch in der Grundschule gehören bei den Wahlen der Schülervertreter Wahlkampfreden schon zum Programm. Die Sechstklässlerin Kim Min-hee.



Ich will mich hier auf meine Rede bei der Wahl zur Vorsitzenden der Schülervertretung vorbereiten. Ich bin jetzt drei Wochen hier und habe gelernt, laut und deutlich zu sprechen und die richtigen Gesten zu verwenden. Es ist viel effektiver, als alleine zu üben. Man lernt ein selbstbewusstes Auftreten. Allen, die bei Referaten unsicher werden oder eine undeutliche Aussprache und wenig Selbstbewusstsein haben, kann ich dieses Training nur empfehlen.

Gründe für ein Sprechtraining gibt es viele: der eine will sich auf die Jobsuche vorbereiten, der andere will mehr Freunde kennenlernen, der nächste will einfach besser kommunizieren können und wieder ein anderer will seine Führungsqualitäten trainieren. Doch egal, wo die Motivation liegt, das Ziel ist immer das gleiche: Sie alle wollen durch bessere Ausdrucksfähigkeiten auf sich aufmerksam machen, mehr Selbstbewusstsein gewinnen und damit ein erfolgreicheres Leben führen. In der heutigen Gesellschaft geht bei diesen Zielen an einer eloquenten und selbstsicheren Ausdrucksweise wohl kein Weg vorbei - und genau damit lässt sich auch der Boom von Sprech- und Rhetoriktrainings in Südkorea erklären.