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Kultur

"Frankenstein": Ein koreanisches Musical mit berühmter Vorlage

2014-04-22

In der Chungmu Art Hall im Seouler Bezirk Jung-gu wird derzeit das Musical "Frankenstein" aufgeführt. Auch wenn es auf dem gleichnamigen Roman der britischen Autorin Mary Shelley beruht, handelt es sich bei dem Musical überraschenderweise um eine koreanische Originalproduktion.

Ich fand es so gut, dass ich es mir gleich mehrmals angeschaut habe. Die heutige Vorstellung war besonders gut. Die Stimmen von Victor und Henry harmonierten hervorragend, und entwickelten unglaublich viel Energie und Spannung. Ich bin wirklich überrascht, dass ein koreanisches Musical ein solches Niveau erreichen kann.

Das Musical "Frankenstein" wurde von der Chungmu Art Hall aus Anlass ihres zehnjährigen Jubiläums entwickelt - drei Jahre lang. Der Aufwand scheint sich gelohnt zu haben, denn Kritik und Publikum sind begeistert. Herr Kim Hui-cheol, Leiter der Abteilung für Programmplanung bei der Chungmu Art Hall, über die Motivation, die hinter der Produktion stand.

Das Musical "Frankenstein" wurde von koreanischen Musicalmachern von Anfang an mit Blick auf den Weltmarkt entwickelt. Die Chungmu Art Hall war für die gesamte Produktion zuständig: von der Auswahl der Schauspieler und Mitarbeiter bis zum Fundraising. Die Chungmu Art Hall ist ein öffentliches Theater, das vom Seouler Bezirk Jung-gu betrieben wird. Wir haben uns daher gefragt, welche Rolle sie als öffentliches Theater erfüllen sollte. Als Ergebnis legen wir heute unseren Schwerpunkt auf die Förderung von Originalmusicals. Die Eigenproduktion eines Musicals war Teil dieser Zielsetzung. Wir wollten damit neue Möglichkeiten für Theaterhäuser in Korea aufzeigen.



Bisherige erfolgreiche koreanische Originalmusicals waren unter anderem "Kaiserin Myeongseong" und "Der Held".

Beide Musicals handelten vom Leben historischer koreanischer Persönlichkeiten: der Kaiserin Myeongseong, die Ende des 19. Jahrhunderts ermordet wurde, und dem Unabhängigkeitskämpfer An Jong-geun. Auf dem heimischen Markt wurden beide Produktionen für ihre Größenordnung und die Qualität von Skript, Musik und Bühnenbild hoch gelobt. Doch durch die ausgesprochen koreanischen Themen waren ihrem Erfolg im Ausland Grenzen gesetzt. Professor Won Jong-won von der Abteilung für Medienwissenschaften an der Soonchunhyang-Universität.

In Korea herrschte allgemein die Vorstellung, dass koreanische Originalmusicals auch koreanische Themen behandeln mussten. Dadurch gab es oft Probleme beim Export der Musicals. Wenn man mit koreanischen Produktionen ein ausländisches Publikum ansprechen will, dann kann man sich nicht nur auf die eigene koreanische Kultur versteifen. In dieser Hinsicht ist es eine interessante neue Entwicklung, dass ausländisches Material auf koreanische Art verarbeitet und dann wieder ins Ausland zurückverkauft wird. In letzter Zeit gibt es immer mehr koreanische Musicals, die sogenannte "universale Inhalte" behandeln. Also Geschichten erzählen, mit denen sich jeder identifizieren kann. Das ist positiv zu bewerten.

Vom ersten Stummfilm aus dem Jahr 1910 vom Regisseur J. Searle Dawley bis zum Actionfilm "Ich, Frankenstein" dieses Jahr...

... die Geschichte von Frankenstein und seinem Monster ist durch zahlreiche Adaptationen in Film und Fernsehen in vielen Ländern gut bekannt. Damit eignet sie sich hervorragend als Stoff für den internationalen Markt. Herr Kim Hui-cheol von der Chungmu Art Hall.

In meinen 20 Jahren in der Branche habe ich mich oft gefragt, warum koreanische Originalmusicals keine Anerkennung beim Publikum finden und warum sie sich immer nur auf koreanische Themen konzentrieren. Bei der Planung dieses Musicals habe ich daher von Anfang an ein internationales Thema und den Export ins Ausland im Hinterkopf gehabt. Vor zwei Jahren kam dann der Regisseur Wang Yong-beom mit dem Vorschlag, ein Musical auf Basis des Romans "Frankenstein" zu entwickeln, und ich habe sofort angebissen. Musicals nur für den koreanischen Markt haben heute keine große Bedeutung mehr. Auch die Musicalbranche muss auf den Weltmarkt, so wie andere Genre der koreanischen Populärkultur auch. Mit globalen Themen, die Menschen weltweit bekannt sind, können wir denke ich eine neue Koreanische Welle auslösen.

Die koreanischen Musicals "Jack the Ripper" und "Die Drei Musketiere" haben in asiatischen Ländern wie China und Japan große Erfolge einheimsen können. Mit K-Pop-Stars in Haupt- und Nebenrollen konnten sie an den Erfolg der anderen Genres der koreanischen Populärkultur in den Ländern anschließen. Aber bei beiden Musicals handelte es sich ursprünglich um tschechische Musicals, deren Adaptationsrechte 2008 aufgekauft wurden. Man konnte also nicht wirklich von einem internationalen Erfolg eines original koreanischen Musicals sprechen. Die Macher von "Frankenstein" verfolgten nun eine völlig andere Strategie. Bei der Handlung wurde zwar auf ein populäres Thema geachtet, beim Casting jedoch bewusst auf K-Pop-Stars verzichtet. Der Regisseur Wang Yong-beom.

Bei der Produktion haben wir die Frage des kommerziellen Erfolges völlig außer acht gelassen. Uns war vor allem die Qualität des Musicals wichtig. Wir sind dem Stoff "Frankenstein" mit Respekt begegnet, und bei den Schauspielern achteten wir vor allem darauf, wer die jeweilige Rolle am besten spielen könnte. Die Zugkraft der Schauspieler spielte keine Rolle, es zählte nur ihr Können. Das merkt man dem Stück denke ich an.

Yu Jun-sang, Park Eun-tae, Lee Geon-myeong: bei "Frankenstein" spielen vor allem erfahrene Musicaldarsteller mit, die über hervorragende gesangliche und schauspielerische Fähigkeiten verfügen. Dank ihnen schaffte die Produktion es, die koreanischen Zuschauer auch ohne K-Pop-Stars ins Theater zu locken.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Dr. Viktor Frankenstein. Nachdem er als Kind in kürzester Zeit beide Eltern verlor, ist Frankenstein überzeugt davon, dass er von einem Fluch belegt ist. Um diesen zu brechen, versucht er neues Leben zu kreieren - eine Aufgabe, die eigentlich nur Gott vorbehalten ist. An seiner Seite befindet sich sein bester Freund Henry Dupre. Diese Figur gibt es nur in der koreanischen Musicalversion. Herr Kim Hui-cheol.

Bei der Entwicklung des Musicals haben wir uns viele Gedanken über das Monster gemacht. Zwischen dem Schöpfer Viktor Frankenstein und seinem Monster besteht ja ein besonderer Konflikt, und der Körper des Monsters muss ja auch irgendwoher kommen. Daher schöpft Frankenstein bei uns das Monster aus dem Körper seines Freundes Henry. Darin unterscheiden wir uns von der Vorlage. Durch diese neue Beziehung entwickelt sich eine besondere Mischung aus Zuneigung und Hass, und das Monster in Menschengestalt erweckt Mitgefühl und besondere Emotionen.

Die erste Hälfte des Musicals handelt von der tiefen Freundschaft zwischen Viktor und Henry. Viktor, der von der Allmacht der Wissenschaft überzeugt ist, und Henry, der vor einem Eingriff in die Sphäre Gottes warnt - die Überzeugungen der beiden klaffen weit auseinander, aber sie sind wahre Freunde, die sich gegenseitig unterstützen.

Auch in das Bühnenbild wurde viel investiert. Das Labor des Doktors, die Kneipe, in der sich die beiden Freunde treffen - alles ist sehr realistisch gestaltet. Die Treppen auf beiden Seiten der Bühne und die anderen Teile des Bühnenbildes sind beweglich, und so verwandelt sich die Szenerie immer wieder vollständig. Vor allem die Szene, in der Henry für einen Mord, den er nicht begangen hat, geköpft wird, ist beeindruckend.

Henry bittet Victor, seine Leiche für die Wissenschaft zu nutzen. Victor gelingt es daraufhin, Henrys Körper wieder zum Leben zu erwecken. Als Victor den Kopf des geköpften Henry in den Händen hält, entlädt sich Gottes Zorn in Blitz und Donner.

Doch Victor hat nicht seinen Freund Henry zum Leben erweckt, sondern ein Monster. Dieses wird daraufhin von den Menschen verstoßen, sieht sich Mordversuchen ausgesetzt und wird wie ein Sklave behandelt. Das Experiment, mit dem Viktor seinen Fluch brechen wollte, hat also nur eine weitere verfluchte Kreatur hervorgebracht.

Nach der Geburt des Monsters verwandelt sich die Stimmung auf der Bühne und wird dunkler und verzweifelter. Die schlechte Behandlung durch die Menschen lässt in dem Monster den Wunsch nach Rache erwachsen. Zur dramatischen Musik des 22-köpfigen Orchesters kommt es dann zum großen Finale. Frankenstein und sein Monster begegnen sich am Nordpol und stehen sich in eisiger Kälte mit Pistolen gegenüber. Das Monster erwischt nur Frankensteins Oberschenkel, aber Frankenstein schießt dem Monster ins Herz. Erst als alles Leben aus dem Monster gewichen ist, überkommt Victor die Reue über seine Taten.

Im Originalroman tötet das Monster Victors Geliebte, woraufhin erst Victor und dann das Monster Selbstmord begehen. Im Musical muss Victor mit seinem Schmerz weiterleben - und erfährt so eine noch härtere Strafe als den Tod.

Die Uraufführung fand am 18. März statt. Nur einen Monat später gibt es bereits die ersten ausländischen Interessenten an den Adaptationsrechten. Die Hartnäckigkeit und Ausdauer der Macher haben sich offensichtlich ausgezahlt.



"Frankenstein" hatte einen guten Start. In nur einem Monat konnte das Musical 40.000 Zuschauer ins Theater locken. Danke dieses Erfolgs wurden die ursprünglich geplanten 80 Vorstellungen um neun Vorstellungen ergänzt. Als Originalproduktion mit internationalem Potential zeigt "Frankenstein" also deutlich neue Möglichkeiten für koreanische Musicals auf. Und die Macher zeigen sich optimistisch. Zum Abschluss noch einmal der Regisseur Wang Yong-beom.

Bis jetzt gelang es keinem der großen Musicals in Korea, die kommerziellen Erfolg und künstlerischen Anspruch vereinten, ins Ausland verkauft zu werden. Aber "Frankenstein" wird der Sprung ins Ausland denke ich gelingen: nicht nur als einmalige Aufführung oder Tournee, sondern als vollständige Adaptation für den dortigen Markt. Bislang war Korea vor allem Konsument ausländischer Musicals, der Markt wurde durch den Import von Musicals aus Großbritannien und den USA vergrößert. Mit "Frankenstein" wird Korea der Wandel zum Produzentenland denke ich gelingen. Ich wünsche mir, dass dadurch auch viele weitere koreanische Originalmusicals ihren Weg ins Ausland finden werden.

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