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Kultur

Koreas Bergfestung Namhansanseong: ein neues UNESCO-Welterbe

2014-07-22

Am 22. Juni bei der 38. Sitzung des Welterbekomitees der UNESCO in Doha, Katar. An diesem Tag wurde die südkoreanische Bergfestung Namhansanseong in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Die Festung ist der elfte südkoreanische Eintrag in die Liste des UNESCO-Welterbes. Den Anfang machten 1995 die Grotte Seokguram und der Tempel Bulguksa, die Tripitaka Koreana und ihre Lagergebäude im Tempel Haeinsa und der Jongmyo-Schrein in Seoul. In den folgenden Jahren kamen dann noch der Changdeok-Palast, die Hwaseong-Festung in Suwon, die Dolmenstätten von Gochang, Hwasun und Ganghwa, die historischen Stätten von Gyeongju, die Vulkaninseln und Lavatunnel von Jeju, die Königlichen Gräber der Joseon-Dynastie und die historischen Dörfer Hahoe und Yangdong dazu - und jetzt eben die Festung Namhansanseong. Sie alle gelten als ein Erbe der gesamten Menschheit, das bewahrt werden will.

Die Festung Namhansanseong wurde ursprünglich zur Verteidigung Hanyangs errichtet, der Hauptstadt Joseons und dem heutigen Seoul. Doch sie war auch Schauplatz einer der traumatischsten Episoden in der fünfhundertjährigen Geschichte der Joseon-Dynastie. Im Dezember 1636 überquerten einhundertausend Soldaten der mandschurischen Qing-Dynastie den zugefrorenen Yalu-Fluss und fielen in Joseon ein. Der Joseon-König Injo flüchtete daraufhin mit seinem Hofstaat überstürzt in die Festung Namhansansong. Mit Essensrationen für 50 Tage schlossen sie sich in die Festung ein, die schon bald vom Feind umzingelt war. Doch die eisige Kälte, die unermüdlichen Angriffe auf die Festung und die Gewissheit, dass außerhalb der Festung unzählige seiner Untertanen ihr Leben lassen mussten, machten König Injo schließlich mürbe. Er ergab sich dem Qing-Kaiser Hong Taiji und machte damit Joseon zu einem Tributstaat Chinas. Diese Niederlage wird in Korea bis heute als große nationale Schmach erinnert.

Heute, 377 Jahre später, hat die Festung diese unrühmliche Rolle in der koreanischen Geschichte nun wieder gut gemacht: als stolzes neues Mitglied des UNESCO-Weltkulturerbes.

Seit der Aufnahme der Festung in das Weltkulturerbe besuchen sie noch mehr Menschen als sonst.

Ich wollte sie mal in echt sehen, wo sie ja jetzt zum UNESCO-Welterbe gehört, und nicht nur davon lesen. Die Führung ist sehr interessant und leicht verständlich, aber es ist jetzt schon ziemlich anstrengend.

Der übliche Rundgang durch die Festung beginnt beim Nordtor und führt über das Westtor und einige Gebäude innerhalb der Festung bis zum dazugehörigen Palast. Zu Beginn kann man dabei die Festung von außen bewundern. Die Führerin Hong Min-ja.



Hier können sie die Festungsmauern sehen. Es gibt mehrere Arten. Die ursprünglichen Mauern, Wonseong, sind acht Kilometer lang. Bei den „äußeren Festungsmauern“, den Oeseong, handelt es sich um Anbauten, die nach der Invasion der Mandschu unter König Injo errichtet wurden. Dann gibt es noch die sogenannten Ongseong, die normalerweise als Vormauern zum Schutz von Festungstoren errichtet wurden. Hier wurden sie aber einfach an verschiedenen Stellen außen an die Mauer gebaut. Insgesamt gibt es fünf Ongseong in der Festung, die auf einem gebirgigen Gelände mit einem Tal steht.

Die Festung Namhansanseong liegt auf mehr als 500 Metern Höhe in einem rauen Berggebiet. Die eigentliche Festung ist umgeben von 9 Kilometern Mauern, dazu kommen noch Anbauten mit einer Länge von 2,7 Kilometern. Im Inneren ist die Festung flach und eben, aber vor den Mauern gibt es viel Gefälle und eine raue Landschaft. In ihren Mauern finden sich vier Haupttore in allen vier Himmelsrichtungen, dazu kommen noch 16 geheime Tore. Um das Eindringen von Feinden zu verhindern, sollen die Haupttore meist geschlossen gewesen sein, und Waren und Soldaten wurden durch diese geheimen Tore rein- und rausgelassen. Innerhalb der Festung befindet sich der Haenggung, ein temporärer Palast für den König. Professorin Lee Hye-eun von der Dongguk-Universität.



Die Hauptstadt Joseons hatte den königlichen Palast in der Mitte, den Jongmyo-Schrein im Osten und den Sajikdan-Altar im Westen. Dieselbe Anordnung ist auch in der Festung Namhansanseong zu sehen. Es gibt den Interimspalast, links davon ist der Jwajeon-Schrein und rechts davon der Woosil-Altar. Diese räumliche Anordnung macht deutlich, dass die Festung auch als Ersatzhauptstadt gedacht war. Es gibt zwar noch andere Bergfestungen mit Residenzen für den König, aber keine, die über die kompletten Anlagen einer Haupstadt in Notzeiten verfügte. Auch im Ausland findet man zwar einige Bergfestungen, in denen Menschen lebten, aber das waren Zivilisten und keine Soldaten. Die Festungen konnten daher nicht die Rolle einer Hauptstadt übernehmen. Die Festung Namhansanseong ist die einzige Festung in der Welt, die auch als eine Hauptstadt diente.

In die Mauern, die sich am Berg entlangschlängeln, sind insgesamt 1.940 Schießscharten eingebaut, aus denen Soldaten aus dem Verdeck auf den Feind schießen konnten. Von den Militärbaracken, die sich innerhalb der Festungsmauern befanden, sind heute nur noch Überreste zu finden. An der Festung lässt sich auch die Entwicklung der militärischen Verteidigung und der Waffen in Korea ablesen. Professor Lee.

Im 17. und 18. Jahrhundert hatten sich die Waffen der Armee von Pfeil und Bogen zu Gewehren und Kanonen gewandelt. Auch andere Technologien entwickelten sich weiter, um sich den neuen Waffen anzupassen. Die Festung war darauf ausgerichtet, Artillerieattaken zu widerstehen, und die Schießscharten hatten unterschiedliche Größen und Formen für Gewehre und Kanonen. Die verschiedenen Teile der Festung zeigen unterschiedliche Lösungen, mit denen man sich an die fortschreitende Waffenentwicklung anpasste. Die Architektur der verschiedenen Teile der Namhansanseong reflektierte also den jeweiligen neuesten Stand in der Waffentechnologie. Selbst die Art und Weise, wie Felsen und Steine verwendet wurden, wandelte sich während dem Bau, und all diese Veränderungen können bis heute an der Festung gesehen werden.

Die Führung beginnt am Jeonseungmun, dem Nordtor. Der Name hat eine besondere Geschichte, wie die Führerin Hong Min-ja erklärt.

Den Namen Jeonseungmun hat das Nordtor von König Jeongjo erhalten. Die zweite Mandschurische Invasion 1636 fand im tiefsten Winter statt. Als die Koreaner in die Festung Namhansanseong flohen und sich dort einschlossen, häufte die Armee der Qing-Dynastie vor den Mauern Berge von Essen an und brachte Pferde herbei. Den Menschen innerhalb der Festung ging nach kurzer Zeit Essen und Kleidung aus, und so mussten sie sich herauswagen und versuchen, das Essen und die Pferde hineinzuholen. Auch wenn sie natürlich wussten, dass es eine Falle war. Dreihundert Soldaten wagten sich heraus, um diese Mission zu erfüllen, aber keiner von ihnen kehrte zurück.

Jeongseungmun bedeutet „Siegestor“. Auf den ersten Blick erscheint dieser Name für ein Tor, durch das dreihundert Soldaten in ihren Tod gingen, reichlich zynisch. Aber König Jeongjo wählte den Namen, um die Menschen an diese Tragödie zu erinnern und Joseon so in der Zukunft zum Siege zu führen. Nach dem Nordtor kommen die Besucher dann zur Yeonjubong Ongseong, der wohl schönsten Vormauer der Festung. Wenn man hier auf die Mauer hinaufsteigt, hat man einen fantastischen Ausblick auf den Nordhang des Acha-Berges und den Verlauf des Han-Flusses in der Stadt Namyangju. Und auch über das Innere der Festung kann man sich hier einen guten Überblick verschaffen. Dann geht es weiter zum Westtor.

Auf dem Weg vom Westtor zum Südtor kommt man zum Sueojangdae, einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Festung. Sueojangdae war ein Gefechtsstand für den Befehlshaber der Festung und befindet sich an der höchsten Stelle der Festung. Früher gab es fünf solcher Gefechtsstände in der Namhansanseong, aber nur einer von ihnen ist bis heute erhalten. Sueojangdae war ursprünglich ein einstöckiger Bau, bis unter König Yeongjo ein weiterer Stock hinzugefügt würde und das Gebäude in Mumangru umbenannt wurde. Der Name Mumangru bedeutet „nie vergessen“. König Yeongjo wollte damit das Volk dazu aufrufen, die Kapitulation König Injos gegenüber der Qing-Dynastie und die Leidenszeit des späteren König Hyojeong, der acht Jahre als Geisel in China verbringen musste, nie zu vergessen. Im Hof vor dem Gefechtsstand befindet sich außerdem ein großer Felsbrocken mit dem Namen „Felsen des Generals“. Er erinnert an den General Lee Hoe, der den Bau der östlichen Festungsmauer überwacht hatte - dem unwegsamsten Gebiet der gesamten Festung.

Die östliche Festungsmauer ist drei Meter hoch, an manchen Stellen sogar 7,5 Meter. General Lee Hoe war sehr gründlich, weswegen er lange für diesen Abschnitt der Mauer brauchte. Seine Feinde warfen ihm daraufhin vor, Geld und Zeit durch Trinken und Frauengeschichten verschwendet zu haben, und er wurde bei dem Felsen geköpft. Doch vor seiner Hinrichtung sagte der General, dass seine Unschuld durch ein ungewöhnliches Ereignis bewiesen werden würde. Und so, wie er es vorhergesagt hatte, flog in dem Moment seiner Köpfung ein weißer Falke aus dem Westen herbei, landete auf dem Felsen und schrie. Früher sollen hier auch noch Fußspuren zu sehen gewesen sein, aber die wurden von den Japanern entfernt.

In der Nähe des Gefechtsstandes gibt es auch einen Schrein namens Cheongryangdang, mit dem der Geist des Generals besänftigt werden sollte. Auch an eine andere zentrale Figur bei der Errichtung der Festung wird hier erinnert, und zwar an den Mönch Gakseong. Der Direktor des Manhae-Museums, Jeon Bo-sam.



Der Mönch Gakseong kam mit anderen Mönchen, um sich an dem Bau der Festung zu beteiligen. Innerhalb der Festung gibt es neun buddhistische Tempel: acht für die acht Provinzen und einen weiteren als Kommandozentrale für die buddhistischen Mönchsoldaten. Die Mönche mussten insgesamt acht Kilometer Festungsmauern errichten, und als sie das unter der Aufsicht von Gakseong schneller als geplant schafften, bedankte sich König Injo mit einem Regierungsposten und anderen Geschenken bei dem Mönch.

In der Festung wurden Mönchsoldaten in den Kampfkünsten ausgebildet, und in den buddhistischen Tempeln wurden Waffen gelagert. Bei der Invasion der Mandschuren 1636 spielten buddhistische Mönche eine wichtige Rolle bei der Verteidigung der Festung - durchaus interessant in Anbetracht der Tatsache, dass Joseon ein konfuzianisches Königreich war.

Einige Teile der Festung Namhansanseong konnten dem Zahn der Zeit keinen Widerstand leisten, andere wurden unter der japanischen Besatzung zerstört. Dennoch ist die Festung die Einzige weltweit, die in Kriegszeiten als Hauptstadt ihres Landes diente und einen Ahnenschrein beherbergte. Von hier aus wurde das Joseon-Reich verteidigt, und die Festung selbst fiel nie in die Hände der Invasoren. Dennoch wurde sie bislang vor allem mit der Kapitulation vor Qing-China in Verbindung gebracht - ein Manko, das mit ihrer Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe nun hoffentlich in den Hintergrund rückt.

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