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Kultur

Sinchon Play Bus
Der Sinchon-Musikbus

2014-12-16

An einem Sonntag im Dezember erklingt wie an jedem Wochenende und Feiertag am Star Plaza auf der Yonsei Avenue in Westen Seouls ein Konzert. Doch dieses Konzert ist anders als sonst. Es findet in einem Doppeldecker-Bus statt.

Die Aufbauten des roten Doppeldecker-Busses am Star Plaza sehen aus, als wenn der Bus einen riesigen Kopfhörer tragen und Musik hören würde, und der Eingang hat die Form einer Musikkassette. Das bloße Aussehen weckt die Neugier der Passanten und lockt sie ins Innere hinein. Wer in den Bus einsteigt, sieht an den Wänden alte Schallplatten und CDs mit Kopfhörern davor. Man ist eingeladen, sich die Kopfhörer aufzusetzen und die Musik seiner Wahl anzuhören.

Frau 1: Ich mag Hahn Young-ae, ihr Song „Isn’t There Anyone” war der erste, den ich mir anhörte. Es ist ein alter Song, aber er klingt immer noch sehr anspruchsvoll.
Mann 1: Ich habe mir „Alleyway” von Sinchon Blues und einen Song des Sängerduos Sunflower angehört. Es erinnerte mich an meine Jugend, ich fand das gut. Ich glaube, der Musikbus verbindet das Alte mit dem Neuen.
Frau 1: Es ist schön, dass es die Alben hier gibt und dass man sich die Songs anhören kann. Ich glaube, das ist es, wofür der Sinchon-Musikbus eigentlich da ist.


Der Sinchon-Musikbus ist ein Musikstudio auf Rädern. Die Stadtverwaltung in Seoul hat Musik als dasjenige Symbol bestimmt, das Sinchon am besten repräsentiert. Hier ist Frau Jin Ok-hyun von der Abteilung für Tourismus von der Seouler Stadtverwaltung.



Fast fünf Monate lang haben wir darüber diskutiert, wie wir einen Doppeldecker-Bus umbauen können, um etwas Repräsentatives mit einem eigenständigen Charakter zu erschaffen. Wir sprachen mit Anwohnern darüber, sammelten Material und kamen zu dem Schluss, dass Sinchon am besten durch Musik repräsentiert wird. So kamen wir zu diesem Musikbus. Musik kann Menschen aller Nationalitäten und Generationen zusammenbringen. Es gibt so viele Musikstücke und Songs über Sinchon, dass wir dachten, das würde den Leuten sicherlich gefallen.

In Sinchon gibt es vier wichtige Universitäten: Hongik, Sogang, Yonsei und die Ewha-Frauenuniversität. Junge Leute voller Tatendrang und mit Zukunftsplänen bevölkerten seit den 1960er bis in die 90er Jahre die Straßen entlang der Universitäten. An jeder Ecke dieser Gegend konnte man jugendlicher Leidenschaft und hoffnungsvollen Träumen begegnen. Hier ist der Regisseur Hahn Gil-woo von der Kulturgruppe Mueonga in Sinchon.

Die Sinchon-Gegend repräsentierte den Zeitgeist. In den 1970er Jahren war Sinchon der Zufluchtsort für Musiker, die gegen das Regime eingestellt waren. Ab den 80ern und 90ern kamen Dachgeschoss-Cafés auf, in denen sich die jungen Leute trafen, um neue Arten von Kultur kennenzulernen und zu kreieren. Dies war auch die Wiege der Jugendszene, die gegen die Diktatur auf die Straße ging. Sinchon war der Vorreiter der neuen Kultur und das Symbol der Jugend.

Die Gassen in Sinchon waren übersät mit kleinen Bars und Musikcafés, in denen sich die jungen Leute trafen, um ihren Kummer durch Musik zu vergessen. Wo immer Musikcafés mit Livemusik eröffneten, kamen die jungen Leute, um ihr Musiktalent auszuleben. Nadeul gehört zum Männerduett Weather Forecast; er möchte einige seiner schönen Erinnerungen über Sinchon mit uns teilen.

Nach meinem Abschluss am Art College der Hongik-Universität eröffnete ich ein Studio gegenüber der Universität. Sinchon war mein Spielplatz. Damals gab es viele Orte in Sinchon, wo man Musik machen und Spaß haben konnte. Obwohl es meist keine geeigneten Soundanlagen gab, konnten Sänger in vielen Cafés hinter der Ewha-Frauenuniversität ihre Gitarre nehmen und anfangen zu singen. Hier hat auch der legendäre Kim Gun-mo damals gesungen. Seine legendäre Karriere begann in den Cafés am Bahnhof Sinchon.

Nicht nur Nadeuls Musik wurde von Sinchon beeinflusst, auch wichtige Stationen seines Lebens fanden dort statt. Dort fand er seine erste Liebe und verlor sie auch wieder. Sinchon wird also immer einen besonderen Platz in seinem Herzen einnehmen.

Meine Freundin besuchte damals ein College in Sinchon, wir trafen uns also immer hier. Im College gab es einen Jodelklub, auch sie trafen sich regelmäßig in Sinchon, um zu jodeln. Sinchon war das Herz und das Zentrum des College-Lebens.

Diese unvergesslichen Erinnerungen veranlassten Nadeul dazu, das Wort Sinchon im Erkennungssong „I Like, I Like“ von Weather Forecast zu verwenden. Aus Sinchon stammt auch eine Rockband namens Sinchon Blues. Sie wurde 1986 in dem Café Led Zeppelin gegründet und trägt den legendären Ort im Namen. Eine andere Rockgruppe namens Postman veröffentlichte einen Song mit dem Titel „I Can’t Go To Sinchon“, der von einem jungen Mann handelt, der sich vor Sinchon fürchtet, weil er seiner Ex-Freundin nicht über den Weg laufen will.

In manchen Ecken Sinchons ist die alte nostalgische Kultur der vergangenen Jahrzehnte noch erhalten. Ein solches Beispiel ist das Café Minerva, damals der bevorzugte Treffpunkt der Literaten Sinchons.

Minerva eröffnete 1975 und ist das älteste Kaffeehaus in Sinchon, das gemahlene Kaffeebohnen statt lösliches Kaffeepulver benutzte. Hier ist der Besitzer, Herr Hyeon In-seon:



Damals gab es nicht so viele Kaffeehäuser. Minerva begann als ein Café, in dem es echt gebrühten Kaffee gab. Als Minerva eröffnete, war es eine Sensation, so wie bei den großen Kaffeehaus-Ketten Ende der 1990er. Unser Kaffee war anders, die Tische und Stühle waren kleiner als anderswo und die Decke war aus Holz, damit die Musik sich besser verbreiten konnte. Wir spielten nur klassische Musik. Das machen wir immer noch so. Ich habe gehört, dass Musiker und Autoren aus diesem Grund in unser Café kamen.

Minerva-Kaffee wird nach dem Siphon-Vakuumverfahren gemacht. Dazu wird eine runde Glaskaraffe mit Wasser über ein kleines Feuer gestellt, bis das Wasser kocht, nach oben in einen zweiten Behälter verdampft und sich dort mit dem Kaffeepulver vermischt. Dann wird das Feuer entfernt, die Glaskaraffe kühlt sich ab und es entsteht ein Unterdruck, wodurch der fertige Kaffee durch einen Filter zurück in die Glaskaraffe gesaugt wird. Es ist ein Erlebnis, dieser Zubereitungsmethode zuzusehen. Die Einrichtung bei Minerva ist immer noch wie vor vierzig Jahren und bietet seinen Gästen eine komfortable und familiäre Atmosphäre.

Mann 1: Man kann den Eingang nur schwer finden, weil er sich nicht direkt an der Straße befindet. Aber es ist schön hier, weil es nicht zu voll ist. Die Atmosphäre ist alt, aber klassisch. Mir gefällt der altertümliche Stil in diesem Café.
Frau 1: Seit ich am College bin, habe ich gehört, wie berühmt dieses Kaffeehaus war. Ich kann hier in alter, nostalgischer Umgebung klassische Musik hören.


Junge Schreiber, die ein College in Sinchon besuchten, hielten sich die ganze Zeit im Minerva auf. Es kommt einem vor, als könnte man in dem Café immer noch die Echos ihrer heißen Diskussionen hören. Hier ist noch einmal der Besitzer, Hyeon In-seok:

Mir gefiel die einladende und gemütliche Atmosphäre, als ich selbst noch Gast im Minerva war. Es ist klein, aber es gibt viele treue Kunden, weshalb ich den Laden weiter betreiben kann. Die früheren Besitzer liebten dieses Café und gaben es immer nur an andere ab, die es so weiter führten, wie es war. Ich habe immer noch die gleiche Ausstattung und die originalen Bedienungsanleitungen der Vorbesitzer. Das bin ich den früheren Besitzern und meinen treuen Gästen schuldig, die Atmosphäre der 1970er Jahre hier zu erhalten. Es fühlt sich an, als ob die Zeit im Café stehen geblieben wäre; das war nur durch meine treuen Gäste möglich.

Der Bahnhof Sinchon wurde 1920 erbaut und ist als nationales Kulturgut Nr. 136 registriert. Auch er erinnert an das alte Sinchon. Herr Kim Seung-ho vom Touristeninformationszentrum Sinchon erklärt mehr darüber.

Der Bahnhof wurde 1920 gebaut, fünf Jahre früher als der Seouler Hauptbahnhof. Die Gyeongui-Linie war die erste Eisenbahnstrecke Koreas, sie wurde 1906 von der japanischen Imperialregierung gebaut und lief von Seoul nach Sinuiji, das jetzt in Nordkorea liegt. Der Bahnhof Sinchon nimmt einen wichtigen Platz in der koreanischen Geschichte ein, denn von hier aus schickte die Kaiserlich Japanische Armee Verstärkung für den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg von 1937-1945.

Der alte Bahnhof Sinchon ist im Jahr 2006 durch ein neues Gebäude ersetzt worden. 2009 wurde der Pendlerzug, der Seoul mit Ilsan, Paju und Munsan verbunden hat, in das Seouler Nahverkehrsnetz eingebunden. Das alte Bahnhofsgebäude dient heute als Touristeninformationszentrum und Bürgerzentrum der Region. Man kann sich dort Fotos vom alten Sinchon ansehen. Hier ist noch einmal Herr Kim Seung-ho vom Touristeninformationszentrum Sinchon.

Im alten Gebäude des Sinchon-Bahnhofs befinden sich Fotos von Sehenswürdigkeiten aus der Umgebung, wie zum Beispiel das Unabhängigkeitstor, Dongnipmun, von 1896, oder das Seodaemun-Gefängnis, der alte buddhistische Tempel Bongheon-sa sowie der Yeongcheon-Markt. Das sind Bilder aus der jüngeren Zeitgeschichte Koreas.

Sinchon war einst das Symbol für Musik und die Jugendbewegung, doch seitdem sich die Studenten immer mehr auf ihre Noten konzentrierten und sich um ihre Berufsaussichten sorgten, verlor die Gegend allmählich ihren typischen romantischen Charakter. Genau aus diesem Grund ist der Sinchon-Musikbus eingerichtet worden. So können Leute, die von den dramatischen Veränderungen in Sinchon enttäuscht sind, ihren Träumen von der Wiederauferstehung des alten Sinchon nachhängen. Sogar die Seouler Stadtverwaltung beteiligte sich an der Realisierung des Projekts, und die Rockband Sinchon Blues nahm an der Eröffnungsveranstaltung des Musikbusses teil.

Der Sinchon-Musikbus ist in drei Bereiche eingeteilt. Der erste Bereich befindet sich direkt hinter dem Musikkassetten-Eingang und besteht aus einem Informationsstand mit dem Motto „Willkommen in Sinchon“. Dort erhalten Besucher Informationen über die Musik, die sie sich anhören können. Hier ist noch einmal Frau Jin Ok-hyun von der Tourismus-Abteilung der Seouler Stadtverwaltung.

Die Besucher können ihre Kommentare in einem Video-Gästebuch am Informationsstand hinterlassen. Sie können sogar Nachrichten an E-Mail- und Facebook-Adressen ihrer Freunde verschicken. Dies ist eine sehr beliebte Einrichtung.

Im zweiten Bereich kann man die Musik Sinchons erleben. Ausgerüstet mit DJ-Equipment und Internetzugang kann man sich all die Musik anhören, die man hören möchte, und professionelle Musiker können ihre eigenen Stücke verbreiten. Es gibt über 150 Schallplatten und CDs, und gleich daneben befinden sich Informationen zu den Sängern und den Songs. Die Besucher begeben sich regelmäßig auf eine Reise zurück in ihre Jugend. Dieser Bereich des musikalischen Erlebnisses stellt eine Brücke zwischen den Generationen dar. Der letzte Bereich ist das DJ-Pult, wo professionelle DJs ihr Können unter Beweis stellen. Frau Jin Ok-hyun von der Seouler Stadtverwaltung erklärt dies genauer.

Im Sinchon-Musikbus gibt es ein DJ-Mischpult für professionelle Musiker. Man kann das Mischpult vorher reservieren, wenn man es benutzen will. Der Bereich sieht aus wie ein altes Kaffeehaus, man kann sich auch einfach davor fotografieren lassen. Regulär wird pro Tag ein Podcast erstellt, man kann sich den Podcast also online anhören oder sogar aktiv dabei mitmachen und bei der Sendung über Sinchon sprechen.

Der Sinchon-Musikbus ist die neue Attraktion in Sinchon. Er ermöglicht eine nostalgische Reise in die Vergangenheit, um sich anhand vieler Bilder und der alten Musik an das alte Sinchon zu erinnern und das neue Sinchon dadurch besser zu verstehen. Der Sinchon-Musikbus wird sicherlich eine Anlaufstelle für die Generationen darstellen, um sich im Zeichen von Musik und Kultur zusammenzufinden.

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