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Kultur

Ha Seong-nan: „Ein Haus aus Waffeln“

2019-10-01

ⓒ Getty Images Bank

Die Geschichte „Ein Haus aus Waffeln“ beginnt damit, dass die Protagonistin nach 10 Jahren nach Hause zurückkehrt und feststellen muss, dass ihr altes Haus aufgrund eines städtischen Sanierungplans kurz vor dem Abriss steht. Als ihre Familie vor 30 Jahren hierher gezogen ist, waren die Häuser hier noch modern. Doch schon bald zeigt sich: Das Haus ist nicht so stabil, wie es wirkt. 



Die Schwestern hatten oft Albträume, dass ihr Haus einstürzte. Der Boden brach ein und die Schwestern stürzten in das Elternschlafzimmer. Der Abstand zwischen den beiden Stockwerken betrug kaum zwei Meter, aber die Schwestern stürzten endlos in die Dunkelheit. Die Schreie der Schwestern erklangen mit gedämpftem Echo, als wären sie in einem Brunnen gefangen.

In einem anderen Albtraum wurden sie unter der fallenden Decke begraben. Die Holzbretter stürzten ein und die Balken, die die Decke stützten, gaben nach. Mäusekot und Mäuse, die nicht rechtzeitig entkommen konnten, fielen ihnen ins Gesicht. Sie versuchten aufzustehen, konnten aber keinen Muskel bewegen, weil ihnen immer wieder Dachziegel auf den Kopf fielen. 



Literaturkritikerin Jeon So-yeong:

Ein Waffel ist eine Art Keks, der aus mehreren dünnen Schichten besteht. Oftmals in rechteckigen Blöcken verkauft, wirkt eine solche Waffel von außen solide und robust. Aber wenn man hineinbeißt, zerbröselt sie leicht und man stellt fest, dass der Keks sehr zerbrechlich ist. Das Haus der Hauptfigur in dieser Geschichte ist mit einem Waffelkeks vergleichbar: eine Struktur, die aus dünnen, zerbrechlichen Materialien gebaut wurde.



Als die Mutter nun die Mitte des Wohnzimmers betreten wollte, verbog sich der Holzboden unter ihren Füßen und knarrte. Das knirschende Geräusch des trockenen Holzbodens ähnelte dem eines knusprigen Kekses. Die Mutter trat vorsichtig auf, als würde sie auf dünnem Eis gehen.


Die Schwestern lachten, während die Mutter jeden Zentimeter des Bodens abtrat, um herauszufinden, wo das Geräusch am lautesten war. Die zweitälteste Tochter rief: „Dies ist ein Haus aus Keksen. Der Boden besteht aus Waffeln. Es klingt genauso, wie wenn man Waffeln isst!“

Die Schwestern hoben ihre Fersen an und riefen gemeinsam:

„Also sei lieber vorsichtig! Sei vorsichtig!“




Ha Seong-nan, geboren 1967, debütierte 1996 als Schriftstellerin und gewann 2009 den Hyeondaemunhak-Preis für zeitgenössische Literatur. Ihre Erzählung „Ein Haus aus Waffeln“ entstand 2005.

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