Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Geschichte

Lieder der Freude über die Unabhängigkeit Koreas

2015-01-06

Lieder der Freude über die Unabhängigkeit Koreas
Der Tag ist gekommen: es ist der 15. August 1945. Lange wurde dieser Tag der Unabhängigkeit in den vergangenen 36 harten Jahren der Besetzung durch Japan von allen Koreanern ersehnt.

Das ganze Land war durchströmt von Jubel, Koreaner schwangen ihre lange Zeit versteckten koreanischen Flaggen durch die Luft und sangen laut die koreanische Nationalhymne. Das koreanische Volk wurde wiedergeboren und ein neues Kapitel in der Geschichte der nun endlich unabhängigen Nation wurde aufgeschlagen.

Am 15. August 1945 wurde zur Mittagszeit die 30-minütige Kapitulationserklärung des japanischen Kaisers im ganzen Lande per Hörfunk übertragen. Diese Rede hat das augenscheinlich unbesiegbare japanische Kaiserreich endgültig zu Fall gebracht und Korea schließlich aus dem Eisengriff der Eroberer befreit. Die Unabhängigkeitskämpfer Lee Ju-ho und Jang Byeong-ha können sich noch immer lebhaft an den Tag erinnern.

Lee: Das war ein unglaublich schöner Tag! Ich wusste nicht, wie ich meine Freude ausdrücken sollte. Meine Freunde hatten mir von der Kapitulationserklärung des japanischen Kaisers erzählt und alle haben die ganze Nacht lang gefeiert. Es war mein zweiter Geburtstag!

Jang: Ich wusste gar nichts von der Kapitulation, weil ich damals im Gefängnis war. Als ich aus dem Fenster sah, wurde mir anhand der Art, wie sich die Leute aufführten, klar, dass irgend etwas passiert sein musste. An dem Abend kam der Wärter und erzählte mir und den anderen Gefangenen von der japanischen Kapitulation und Koreas Befreiung. Zuerst war ich komplett sprachlos, dann weinte ich und dachte, dass jetzt endlich ein neues Leben für uns alle anfängt. Dann umarmten wir uns alle gegenseitig und weinten.


Das Lieblingslied der Koreaner ab 1941, dem Jahr seiner Veröffentlichung, bis weit nach der Befreiung war das Lied der Morgendämmerung, „The Song of Dawn“. Als die japanische Kolonialherrschaft am brutalsten war, drückten die Koreaner ihr Verlangen nach Unabhängigkeit mit den im Liedtext metaphorisch versteckten Andeutungen aus. Am Ende wurde ihre Sehnsucht nach Unabhängigkeit wahr, genau wie in dem Lied. Das Leben der Koreaner zur Zeit der japanischen Kolonialherrschaft war voller Erniedrigung und Elend. Park Chan-seung, Professor für koreanische Geschichte an der Hanyang-Universität in Seoul, erzählt uns mehr darüber.

In der Zeit der Kolonialherrschaft hatten die Koreaner viel zu leiden, besonders unter den aufgezwungenen Arbeitsdiensten und den Plünderungen von Waren gegen Ende der Kolonialzeit. Als Japan den Krieg gegen China begann und in den Zweiten Weltkrieg eintrat, wurden unzählige Koreaner zum Militär eingezogen, um für Japan zu kämpfen. Rund 190.000 Koreaner wurden Soldaten, 150.000 wurden gezwungen, in der Militärverwaltung zu arbeiten, und weitere geschätzte 1,2 Millionen wurden angeworben. Insgesamt wurden etwa 1,5 Millionen Koreaner in den Krieg gezwungen.

Einer alten Volkszählung zufolge, die sich in der koreanischen Statistikbehörde befindet, betrug die Gesamtbevölkerung der koreanischen Halbinsel damals um die 25 Millionen Einwohner. Somit sind geschätzte 6 Prozent der gesamten koreanischen Bevölkerung zum Militärdienst zwangsverpflichtet worden. Die japanische Kolonialregierung versuchte, Koreas Geschichte, Sprache und Schrift auszulöschen und nahm ihnen Waren und Nahrungsmittel weg. So erinnert sich der Unabhängigkeitskämpfer Jang Byeong-ha an diese Zeit:

Alles, was in Korea hergestellt wurde, wurde für die Unterstützung der japanischen Kriegsanstrengungen gebraucht. Sogar das Messinggeschirr und die Küchenutensilien der Leute, die in Kartuschen und Waffen verwandelt werden konnten, wurden ihnen genommen. Schulen sahen aus wie Militärbaracken. Anstatt zu lernen wurden Schüler und Studenten zu harter Arbeit, militärischer Ausbildung und psychologischer Kriegsführung gezwungen.

Japan setzte auch alles darauf an, die gesprochene und geschrieben Sprache Koreas auszuradieren. Hier ist das Zeugnis eines anderen Widerstandskämpfers, Kim Woo-jeon:

Die japanische Kolonialregierung hatte versucht, die eigenständige Kultur Koreas auszulöschen. Also wurden alle koreanischen Zeitungen geschlossen, Japanisch wurde als offizielle Sprache unterrichtet und Koreanisch Sprechen und Schreiben wurde verboten. Bis ich in die dritte Klasse ging, gab es noch ein Fach namens Joseon-Sprache, danach war es aber verschwunden.

Doch die Koreaner ließen sich nicht brechen. Trotz der weit verbreiteten Quälerei und Unterdrückung durch die Japaner begannen Koreaner den Widerstandskampf gegen die japanische Kolonialregierung, um ihrem Heimatland die Unabhängigkeit zu bringen. Der Geschichtsprofessor Park Chan-seung sagt, dass die unablässigen anti-japanischen Kampagnen schließlich den Weg zur koreanischen Unabhängigkeit geebnet hätten.

Es ist wahr, dass die koreanische Unabhängigkeit am 15. August 1945 mithilfe westlicher Alliierten errungen wurde. Doch die Alliierten hätten Korea nie befreien können, wenn es nicht wegen der hartnäckigen Bemühungen der Koreaner um Unabhängigkeit gewesen wäre, die ab 1910 anfingen und ununterbrochen bis 1945 dauerten. Die unermüdliche Unabhängigkeitsbewegung seit 1910 zeigte den westlichen Verbündeten das starke Verlangen der Koreaner nach Unabhängigkeit und veranlasste die westlichen Führer dazu, rechtzeitig zur Kairoer Erklärung auf die Knechtschaft des koreanischen Volks aufmerksam zu werden und seinen Willen nach staatlicher Souveränität anzuerkennen. Die wesentliche Kraft hinter der Befreiung Koreas war also Koreas eigene Unabhängigkeitsbewegung.

Die Befreiung Koreas kam nicht von allein, sondern war eine historische Leistung der unbeugsamen und unendlichen Anstrengungen der Koreaner, dem Vaterland die Unabhängigkeit zu ermöglichen. Sie träumten davon, auf der koreanischen Halbinsel einen neuen, freien und unabhängigen Staat zu errichten.

Nach der Unabhängigkeit arbeitete die koreanische Gesellschaft hart daran, die Spuren der kolonialen Vergangenheit auszutilgen und ihre nationale Identität zurückzugewinnen. Der gesellschaftliche Sektor, der darauf am schnellsten reagierte, war die Pop-Kultur beziehungsweise die Showbusiness-Industrie.

Das erste Lied, das die Unabhängigkeit feierte, war „Öffnet die vier Tore“ („Open the Four Gates“), ein Ausdruck der Freude über die Freiheit. Der Popmusik-Kritiker Lee Jun-hee beschreibt diese Zeit wie folgt:

1945 hatten nicht viele Leute die Unabhängigkeit Koreas vorhergesehen. Das war ein großer Schock für die koreanischen Musiker damals, doch zugleich war es die Ouverture zu einem neuen, hoffnungsvollen Zeitalter. Sicher war erst einmal, dass Koreaner nicht mehr gezwungen sein würden, pro-japanische Militärlieder zu singen. Die Koreaner wollten nun ihre eigenen Lieder, und so entstand „Öffnet die vier Tore“. Der ursprüngliche Titel lautete „Song of the People“. Es soll Ende August 1945 geschrieben worden sein und ist heute nur noch durch seine Partitur bekannt, die gleich darauf veröffentlicht wurde. Der Text geht wie folgt: „Öffnet die vier Tore und läutet die Glocken! Der Morgen dämmert an der alten Stätte von fünf Jahrtausenden. Arbeiter, Bauern, Studenten! Die neue Welt gehört uns. Lasst uns vorwärts gehen, vorwärts!“

Der flotte Marschrhythmus hilft uns heute, die aufgeregte Jubelstimmung zu verstehen, die sich gleich nach der Unabhängigkeit unter den Menschen auf der Straße verbreitete. Sein Text weist darüber hinaus auf die wahre Bedeutung der Unabhängigkeit hin, wenn er von der Absicht der Koreaner handelt, ein neues Land der Hoffnung zu errichten. Während die Musik dabei half, Koreas kulturelle Tradition zu bewahren, befand sich auch die Wiederbelebung der gesprochenen und geschrieben koreanischen Sprache sowie der eigenen Geschichtsschreibung in Arbeit. Zeitungen und Zeitschriften erschienen wieder auf Koreanisch, und in den Schulen wurden wieder Koreanisch und Hangeul unterrichtet.

Studenten, die in der Kolonialzeit geboren wurden und denen es nicht erlaubt gewesen war, Koreanisch zu sprechen und zu schreiben, fingen an, koreanisch geschriebene Lehrbücher zu studieren und eigneten sich koreanische Bräuche und die Mentalität wieder an.

Als Korea ein unabhängiges Land wurde, kehrten koreanische Aussiedler langsam in die Heimat zurück. Selbst diejenigen, die gezwungen worden waren, im japanischen Militär zu dienen oder in japanischen Fabriken und Bergwerken zu arbeiten, schifften sich für die Rückkehr zu ihren Familien zuhause ein.

Das Lied, das als erster Hit nach der Unabhängigkeit angesehen wird, war „Ein zurückkehrendes Schiff“ („A Returning Ship“). Es berührte die Herzen der Zuhörer damals sehr. Der Popmusik-Kritiker Lee Jun-hee kommentiert das so:

Das Lied „Ein zurückkehrendes Schiff“ wird normalerweise als ein Lied angesehen, das direkt nach der Befreiung Koreas erschien. Aber Zeitungsartikeln zufolge geschah die Veröffentlichung erst 1949. Der Text beschreibt jedoch die Stimmung von 1945. Es heißt dort: „Sie kommen zurück, zurück in ihr Heimatland. Wie müssen sie nach den Sharonrosen gerufen haben! Wie müssen sie nach der Flagge Koreas gerufen haben! Lacht laut auf, ihr Seemöwen! Tanzt, ihr Wellen! Die hohen Hoffnungen warten sehnsüchtig am Bug des zurückkehrenden Schiffs.” Worte wie „Mugunghwa“ (Südkoreas Nationalblume, die Sharonrose) und „Taegeukgi“ (die südkoreanische Flagge) waren bis 1945 verboten, doch das Lied hat eine Botschaft, die uns erzählt, dass sich die Welt geändert hat und dass die Leute darüber freimütig singen können.

Unabhängigkeitskämpfer kehrten ebenfalls in ihr Vaterland zurück, und auch Dr. Syngman Rhee, der Präsident der provisorischen Regierung Koreas im Exil in Shanghai gewesen war, kam im Oktober 1945 zurück nach Korea. Etwa vierzig Tage später tauchte auch Kim Gu, der letzte Präsident der koreanischen Exilregierung in Shanghai, in Seoul auf.

Doch die Freude über die Wiedererlangung der Freiheit währte nur kurz, denn die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion teilten unter dem Vorwand, das japanische Militär aufzulösen, die koreanische Halbinsel in einen nördlichen und einen südlichen Teil auf. Dazu setzten sie auf den 38. Breitengrad eine militärische Demarkationslinie und postierten ihre Streitkräfte auf beiden Seiten. Professor Park Chan-seung von der Hanyang-Universität erzählt uns, was damals los war.

Die Sowjetunion erklärte Japan am 9. August 1945 den Krieg und besetzte sofort darauf den nördlichen Teil der koreanischen Halbinsel. Das hatte zur Folge, dass die USA und die UdSSR über die militärische Besetzung der Halbinsel verhandeln mussten, und sie einigten sich am Ende darauf, das Land entlang des 38. Breitengrads zu teilen und jeweils eine Hälfte zu besetzen. Als Resultat beendete die Sowjetunion ihre Invasion am 38. Breitengrad, und am 8. September besetzte das US-Militär den Süden. Die Teilung am 38. Breitengrad kam für das koreanische Volk völlig unerwartet. In manchen Fällen teilte die Linie ganze Dörfer, ja sogar ein komplettes Haus.

Der 38. Breitengrad, der Süd- und Nordkorea voneinander trennte, mag für die USA und die UdSSR bloß eine rein militärische Grenze gewesen sein, doch sie durchbrach Familien und Gemeinschaften auf beiden Seiten der Linie.

Das Lied „Verschwinde, 38. Breitengrad“ („Go Away, 38th Parallel Line“) von 1947 oder Anfang 1948 war ein großer Hit. Ironischerweise dachte die Plattenfirma damals, die Leute würden ein anderes Lied auf der anderen Seite der Schallplatte besser finden, aber „Verschwinde, 38. Breitengrad“, das von dem Schmerz der Teilung handelt, entpuppte sich als beliebter. Das zeigt, wie sehr die Koreaner sich damals mehr um die Teilung des Landes sorgten, als sich über die Unabhängigkeit zu freuen.

Die Freude über die Unabhängigkeit war nur kurzlebig und wurde schnell von der Teilung des Landes überlagert, die ins politische Chaos führte. Die Strapazierfähigkeit der Koreaner wurde jedoch erneut entfacht und resultierte in der Entschlossenheit, ein starkes, wohlhabendes Land aufzubauen. Ihre unsterbliche Hoffnung auf eine bessere Zukunft war es, was das heutige Korea möglich gemacht hat.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >