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Geschichte

Die koreanische Wirtschaft wird international

2015-05-19

Die koreanische Wirtschaft wird international
Seit Mitte der 1970er Jahre wehte die koreanische Flagge nach und nach in vielen Ländern rund um die Welt, wo der Name „Korea" zuvor noch ganz unbekannt gewesen war. Durch Lateinamerika und Südostasien rasten Autos Made in Korea, und im Nahen Osten schossen Gebäude und Industrieanlagen in die Höhe, die von koreanischen Bauarbeitern gebaut wurden.

Das erste Auto Koreas war bereits 1955 hergestellt worden. Damals befand sich die koreanische Automobilindustrie noch in den ersten Anfängen und lernte gerade die Grundlagen der Fahrzeugtechnik, indem amerikanische Autos auseinander genommen und wieder zusammengesetzt wurden. Professor Kim Pil-soo vom Institut für Kraftfahrzeugtechnik an der Daelim-Universität erzählt uns mehr über den Status der koreanischen Autoindustrie bis Mitte der 1960er Jahre.

Das erste Auto Koreas hieß „Sibal“, das bedeutet der Anfang. Seitdem hat Korea sehr viel Mühe aufgewendet, um Automobilkomponenten und fertige Autos eigenständig zu produzieren, doch noch in den 1960er Jahren war die einheimische Automobilindustrie auf ihrem Niveau nur in der Lage, Teile zusammenzumontieren. Anfangs konnte Korea nur einfache Plastikteile oder Formen herstellen, Ende der 1960er Jahre erste Schlüsselkomponenten. Die ganze Industrie befand sich noch in der Entstehungsphase.


Bestehend aus rund 20.000 verschiedenen Einzelteilen ist für ein Auto ein ganzes System aus Stahl- und Autozuliefererindustrie erforderlich. Erst in den 1970er Jahren, als die koreanische Regierung ihre wirtschaftliche Entwicklungspolitik um Stahl, Schwerindustrie und chemische Produkte zentrierte, konnte eine wettbewerbsfähige Basis für eine Automobilindustrie in Korea aufgebaut werden. Angetrieben durch die Gründung des Eisen- und Stahlwerks in Pohang (POSCO) im Jahr 1976 und eine konzentrierte, gelenkte Förderung der koreanischen Regierung konnte die koreanische Automobilindustrie endlich Fuß fassen. Hier ist erneut der Professor für Kraftfahrzeugtechnik, Kim Pil-soo.

Die koreanische Regierung hatte ihren Plan, die Automobilindustrie aufzubauen, bereits im Jahr 1969 angekündigt. Der Plan bestand aus drei Phasen. In der ersten Phase, von 1967 bis 1969, wurden Montagewerke für Autoteile aufgebaut. In der zweiten Phase, von 1970 bis 1973, gingen Kfz-Teile in die Massenproduktion und Fabriken für Motoren und Fahrgestelle wurden eröffnet. In der letzten Phase, von 1973 bis 1975, wurden schließlich komplette Autos in Korea hergestellt. Ziel der Regierung war es, im Verlauf der drei Phasen ein eigenes, einheimisches Modell zu entwickeln.

Die koreanische Automobilindustrie war kaum aufgebaut, da erreichte sie 1975 bereits einen wichtigen Meilenstein. Am 1. Dezember jenes Jahres rollte das erste eigenständig produzierte Auto-Modell der Nation, der Pony von Hyundai Motor, aus der Fertigung. Das war der Anfang der verblüffenden Entwicklung der koreanischen Automobilindustrie. Professor Kim Pil-soo von der Daelim-Universität erklärt dazu:

Nach der Einführung des Ponys als Serienmodell im Jahr 1975 wurden die Autos ab 1976 nach Ecuador exportiert; das war der erste Automobilexport Koreas. Es bedeutete dem Land sehr viel, ganze Autos zu exportieren, weil diese Art von Geschäft ein Zeichen dafür war, dass Korea sich auf dem besten Weg zu einem entwickelten Land befand. Autos repräsentierten damals Reichtum und Lebensstandard eines Landes. So war das Jahr 1976 für Korea sehr bedeutsam, denn es war der Beginn der koreanischen Auto-Exporte.

In Wahrheit stellte die Entwicklung und Produktion des Pony ein reines Glücksspiel für Hyundai Motor dar. Nach einem Joint Venture mit Ford im Jahr 1967 kam Hyundai in eine ernsthafte Krise, als die Partnerschaft mit Ford fünf Jahre später zerbrach. Das Hyundai-Management war gezwungen, schnell eine Lösung zu finden, um das Unternehmen zu retten, und die Lösung bestand darin, ein eigenes Auto herzustellen. Der im Jahr 2005 verstorbene langjährige Vorsitzende von Hyundai Motor, Chung Se-yung, spricht über die Entwicklung eines eigenen Serienmodells für Hyundai:

General Motors verkündete im März 1972 seinen Plan, mit Shinjin Automobiles zusammenzuarbeiten. Wir dachten, diese Kooperation würde in ein oder zwei Jahren scheitern, sodass wir uns nicht so viele Sorgen darüber machten. Zwei Monate später machten die beiden Unternehmen das Joint Venture offiziell. Damit brach für uns die Welt zusammen! Was sollte aus Hyundai Motor werden, wenn der weltgrößte Automobilkonzern, GM, so einen kleinen Markt wie in Korea eroberte? Also steckten wir unsere Köpfe zusammen, um einen Weg aus dieser Krise zu finden. Schließlich entschieden wir uns dazu, ein eigenes Auto zu bauen, das im In- und Ausland gleichermaßen verkauft werden konnte. Es musste ein eigenes Serienmodell sein, nicht die Kopie eines bereits bestehenden Fahrzeugs. So wurde der Pony entwickelt.

Als Hyundai Motor seinen Plan veröffentlichte, ein eigenes Serienmodell einzuführen, hagelte es kritische Reaktionen. Der ehemalige Präsident von Hyundai Motor, Lee Yang-sup, der eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Pony gespielt hat, erinnert sich an diese Zeit.

Wir begannen Ende 1973 oder Anfang 1974 mit der Herstellung des Pony. Niemand hatte Vertrauen in dieses Projekt. Die Leute dachten, es sei unmöglich, ein Automodell zu entwickeln und eine Fabrik zu bauen, um es innerhalb von zwei Jahren in Serie anzufertigen. Ein koreanisches Vorstandsmitglied von General Motors sagte schon damals dem Hyundai-Vorsitzenden Chung Se-yung, dass er sich seine Finger verbrennen werde, wenn er dieses Projekt durchziehen wollte.

Derartige Skepsis war damals nicht von der Hand zu weisen, da das technologische Niveau von Hyundai nicht auf der Höhe der Zeit war. Hyundais Ingenieure suchten ausländische Automobilhersteller auf, um ihr Knowhow zur Entwicklung eines eigenen Automobils zu übernehmen. Zum Beispiel stammte das Fahrzeugdesign von Italdesign, Getriebe und Motorentechnik waren von Mitsubishi. Der erste Prototyp war im Juni 1974 fertig, und der Name Pony wurde nach einem Wettbewerb im September festgelegt. Dann begann Hyundai im Dezember 1975 endlich mit der Herstellung des Pony, drei Jahre nach der ersten Ankündigung, das erste einheimische Auto zu entwickeln. Damit war Korea hinter Japan erst das zweite Land in Asien, und das sechzehnte weltweit, das ein eigenes Automodell herstellte.

Gleich im ersten Verkaufsjahr, 1976, verkaufte Hyundai Motor 10.726 Ponys und eroberte fast die Hälfte des lokalen Automobilmarkts. Auch im Ausland wurde der Pony zu einem überraschenden Verkaufsschlager. Das erste Exportziel für den Pony war Ecuador, und bereits 1976 wurden 1.019 Autos in Mittel- und Südamerika sowie in Afrika verkauft. Die Zahl stieg 1977 auf 4.523 und auf 12.195 ein Jahr danach, was auf die Entstehung eines machtvollen Automobil-Herstellers hinwies. Hier ist erneut der Professor für Kraftfahrzeugtechnik, Kim Pil-soo.

Nach dem Pony wurde 1975 auch der Hyundai Granada populär. Weitere begehrte Modelle waren der Lizenznachbau des Peugeot 604 von Kia Motors von 1977 sowie der Fiat 133 von 1979. Korea setzte die Einführung neuer Modelle in den späten 1970er und 1980er Jahren fort: 1983 kam der Hyundai Stella, 1985 der Pony Excel, bereits 1978 die Royal-Serie von Daewoo, der Hyundai Grandeur und Daewoo Lemans. Bis Mitte der 1980er Jahre gab es Dutzende von Modelle auf dem koreanischen Automobilmarkt. Die Exporterfolge der Modelle Kia Pride und Daewoo Lemans steigerten die Aufmerksamkeit auf Fahrzeuge Made in Korea im Ausland.

Ein weiterer Faktor, der die globale Präsenz Koreas in den 1970er Jahren steigerte, waren Baukonstruktionen in Übersee. Korea wurde damals mit Bauaufträgen förmlich überschwemmt und koreanische Bauarbeiter verdienten im Ausland nicht nur für sich selber Geld, sondern brachten damit die Wirtschaft des Landes weiter voran. Professor Kim Seung-wook von der Wirtschaftsabteilung der Chungang-Universität erklärt dazu, dass die koreanischen Baufirmen nach der Ölkrise von 1973 dazu gezwungen waren, ihren Blick ins Ausland zu richten.

Die Ölkrise wurde ausgelöst, als der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat im Oktober 1973 den sogenannten Jom-Kippur-Krieg gegen Israel anführte. Die Ölförderländer setzten Rohöl als Kriegsmittel ein, was die Ölpreise explodieren ließ. Das war ein schwerer Schlag für ein Land wie Korea, das kaum natürliche Ressourcen hat.

Die Energiekrise stellte ein großes Problem für Korea dar. Die Verbraucherpreise explodierten und die Staatsfinanzen schmolzen zusammen. Nur ein Jahr nach Beginn der Ölkrise, 1974, sank die Zahlungsbilanz Koreas auf über 1,7 Milliarden Dollar ins Minus ab. Korea stand am Rande des Staatsbankrotts und brauchte schnell eine Lösung aus dieser misslichen Lage. In dieser Situation wendeten sich die Regierung und die Baubranche dem Nahen Osten zu. Hier ist erneut der Wirtschaftsprofessor Kim Seung-wook.

Die Ölförderländer im Nahen Osten schwammen im Geld, das sie durch ihr teures Öl verdient hatten. So beschlossen sie, ihre Infrastruktur aufzubauen, also Straßen, Fabriken, Häfen etc. zu bauen, und lösten einen Bauboom aus. Korea hatte viele Arbeiter, aber kein Geld, während die arabischen Länder Geld hatten, aber keine Arbeiter. Also gingen die koreanischen Bauarbeiter zum Arbeiten in den Nahen Osten.

Das erste Bauprojekt für koreanische Bauarbeiter im Ausland war 1965 die Schnellstraße zwischen Pattani und Narathiwat in Thailand von Hyundai Construction gewesen. Danach folgte im Zuge des Vietnamkriegs eine Reihe von Bauvorhaben in Südostasien. Die Erfahrungen in diesem Bereich halfen den koreanischen Baufirmen, die Pionierarbeit im Infrastrukturmarkt des Nahen Ostens zu bewerkstelligen. Hier ist eine Aufzeichnung des verstorbenen Yoo Yang-soo, des damaligen koreanischen Botschafters in Saudi-Arabien.

Der Einstieg in den Markt im Nahen Osten geschah nicht über Nacht. Es war die Ausweitung der koreanischen Bemühungen im Vietnam der späten 1960er Jahre. Fünf oder sechs koreanische Bauunternehmen waren damals zusammen mit 330.000 Soldaten nach Südvietnam gegangen und hatten an kleinen Projekten gearbeitet, die von der US-Armee vergeben worden waren. In den frühen 1970er Jahren, als Amerika sich allmählich aus Vietnam zurückzog, verließen auch die meisten koreanischen Bauarbeiter das Land. Einige gingen in andere südostasiatische Ländern, aber die meisten Bauarbeiter dachte damals, dass es im Ausland keine Arbeit mehr geben würde. Dann tauchte der Nahen Osten als neues Ziel für koreanische Bauunternehmen auf.

Der Einsatz koreanischer Unternehmen im Nahen Osten begann, nachdem Samhwan Construction 1973 den Zuschlag für eine Schnellstraße von Alula nach Khayba in Saudi-Arabien erhalten hatte. Viele andere koreanische Baufirmen machten sich nach und nach in Jordanien, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Namen. Dank ihrer Bemühungen erzielte Korea 1974 im Bauboom des Nahen Ostens 260 Millionen US-Dollar und im darauf folgenden Jahr mehr als das Dreifache, 850 Millionen Dollar.

Einen weiteren Schub erlebte Koreas Bauindustrie, als Hyundai Construction den Zuschlag für einen Industriehafen in Jubail, Saudi-Arabien, erhielt. Die gesamten Baukosten beliefen sich auf 940 Millionen US-Dollar, etwa 25 Prozent des damaligen koreanischen Staatshaushalts. Dank des Geldes aus den riesigen Infrastrukturprojekten im Nahen Osten gelang es der koreanischen Wirtschaft, einen Weg aus der Energiekrise zu finden. Professor Kim Seung-wook erzählt uns mehr darüber.

Wenn Korea kein Geld im Nahen Osten gemacht hätte, dann wäre es unmöglich gewesen, im eigenen Land die schwere und chemische Industrie aufzubauen. Es braucht eine Menge Geld, die Schwerindustrie in Gang zu bringen, und Korea konnte das nicht nur mit geliehenem Geld machen. Das Geld kam von diesen Arbeitern, die in der sengenden Hitze wirklich schwer geschuftet haben. Dank ihrer Opferbereitschaft sowie einer abgestimmten Politik war Korea in der Lage, die Ölkrise zu überwinden.

Trotz fehlendem Kapital und Technologie überwand Korea die Energiekrise in den 1970er Jahren durch Einsatzfreude und beispielloser Leistungsbereitschaft. Koreas Automobilproduktion, die in nur einem halben Jahrhundert zu der weltweit fünf größten ihrer Art wurde, und seine Bauarbeiter, die die sengende Hitze und die staubige Trockenheit ertrugen, um in der Wüste Autobahnen und Häfen zu bauen, waren die stolzen Pioniere, die das Ansehen Koreas auf der ganzen Welt steigerten und die Grundlage für das phänomenale Wirtschaftswachstum des Landes legten.

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