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Geschichte

Der Gwangju-Aufstand von 1980

2015-06-09

Der Gwangju-Aufstand von 1980
Am 18. Mai fand am Nationalfriedhof in der Stadt Gwangju um zehn Uhr morgens eine bedeutungsvolle Zeremonie statt. Es war das Andenken an die tapferen Seelen, die ihr Leben im Kampf um wahre Demokratie verloren hatten. Die Teilnehmer durchlebten bei der Erinnerung an die Ereignisse, die zu dem Bürgeraufstand geführt hatten, erneut jene erschütternden Tage vor 35 Jahren. Die Menschen in Gwangju hatten die Demokratiebewegung damals in die Hand genommen und sahen sich mit schwer bewaffneten Einsatzkräften konfrontiert, die das Kriegsrecht durchsetzten. Der Gwangju-Aufstand am 18. Mai war der Startschuss der Demokratiebewegung in Korea und stellt eine historische Wunde dar, die niemals heilen wird.

Am 26. Oktober 1979 wurde Präsident Park Chung-hee bei einem ausschweifenden Abendessen in Gungjeong-dong, einem Viertel neben der Residenz des Präsidenten (Cheongwadae), ermordet. Der Tod des Präsidenten beendete eine achtzehnjährige diktatorische Herrschaft und schürte in den Herzen der Menschen Hoffnungen auf eine echte Demokratie. Doch der damalige Armeekommandant Chun Doo-hwan, der eine vereinigte Untersuchungsgruppe über die Ermordung des Präsidenten leitete, nutzte das anschließende Chaos als Gelegenheit, eine neue Machtbasis innerhalb der Armee zu bilden und damit einen Militärputsch durchzuführen. Die Menschen sahen die Etablierung einer neuen Militärdiktatur als einen großen Rückschritt auf dem Weg zur Demokratie und fingen an, sich gegen die eiserne militärische Hand zu erheben.

Nicht anders war die Situation in der Stadt Gwangju im Südwesten Koreas im Mai 1980. Professor Kim Hee-Song vom Forschungsinstitut 18. Mai an der Chonnam-Nationaluniversität in Gwangju erinnert sich, wie es während dieser Zeit in der Stadt war.

In ganz Gwangju brachen im Mai pro-demokratische Demonstrationen aus. Am 14. Mai standen rund 200 Professoren der Chonnam-Universität vor den Demonstranten, um die Studenten davor zu beschützen, von den bewaffneten Truppen verletzt zu werden. Sie begleiteten sie von der Provinzregierung von Süd-Jeolla bis zur Universität. Am folgenden Tag nahmen noch viel mehr Studenten an der Demonstration teil, und am 16. Mai planten die Demonstranten, sich zu einem gemeinsamen Protest am Haupteingang der Universität zu versammeln, falls die neue Militärregierung das Kriegsrecht auf andere Teile des Landes ausweiten sollte.

In jener Nacht zum 17. Mai verhängte das neue Militärregime um Mitternacht das Kriegsrecht über das ganze Land und verbot mit Dekret Nr. 10 alle politischen Aktivitäten, schloss alle Universitäten, löste die Nationalversammlung auf und verstärkte die Pressezensur.

Dann kam der Morgen des 18. Mai. Studenten versammelten sich vor dem Eingang der Universität, wie sie es zwei Tage vorher ausgemacht hatten. Die Studenten trafen auf die Soldaten der 7. Luftlandebrigade. Die Truppen prügelten rücksichtslos auf die protestierenden Studenten ein, um sie am Betreten des Campus zu hindern. Schockiert durch das unerwartet heftige Eingreifen der Soldaten flohen die Demonstranten zur Geumnam-Straße, der Hauptverkehrsstraße von Gwangju, um andere Bürger vor dem brutalen Einsatz zu warnen, doch die Situation war dort nicht besser. Soldaten in der Innenstadt gingen äußerst gewaltsam gegen Demonstranten wie Unbeteiligte vor. Das folgende ist der Bericht von Kim Yang-rae, dem Leiter der Gedenkstiftung für den 18. Mai, der damals Student an der Chonnam-Nationaluniversität war.

Die Menschen in Gwangju dachten zuerst, dass die Soldaten auf ihrer Seite waren, aber das waren sie gar nicht. Die Luftlande-Truppen griffen die Menschen blind an. Es war unfassbar. Die Menge war aufgebracht. Ab dann ging die ganze Sache schief.

Am 19. Mai gegen drei Uhr morgens kam zusätzlich die 11. Luftlandebrigade in Gwangju zum Einsatz, was die Grausamkeit und Gewalttätigkeit der Truppen weiter verschärfte. Herr Jang Seon-ho, ein Vertreter einer Gruppe, die für die Opfer des Gwangju-Aufstandes eintritt, war zu der Zeit ein ganz normaler fünfundzwanzigjähriger Mann. Er erlebte die brutalen Angriffe der Fallschirmjäger auf Studenten und Bürger in der Geumnam-Straße hautnah.

Ich ging aus Neugierde am 19. Mai zur Geumnam-Straße. Die Demonstranten und Soldaten standen sich zunächst nur am Katholischen Zentrum gegenüber, wo sich heute das Gedenkarchiv zum 18. Mai befindet. Plötzlich fuhr ein Militär-LKW auf uns zu, als wollte er uns alle überfahren. Die Leute stürzten zur Seite, um nicht vom Lastwagen erwischt zu werden. Was für eine verstörte Aktion war das denn? Daraufhin warfen wir Steine auf die Soldaten und bauten als Schutz gegen die Bewaffneten auf der Geumnam-Straße eine Barrikade.

Der Einsatz der Fallschirmjäger war gnadenlos. Sie griffen mit ihren schweren Schlagstöcken und Gewehrkolben wahllos die Leute an. Die Nachricht über die brutalen Übergriffe verbreitete sich im Rest der Stadt, und immer mehr Menschen schlossen sich der Demonstration an. Am Nachmittag des 19. Mai versammelten sich mehr als 3.000 Menschen auf der Geumnam-Straße. Doch dann kam die Nachricht vom ersten Todesfall des demokratischen Aufstands. Ein gehörloser Mann namens Kim Gyeong-cheol starb einen Tag, nachdem er von den Soldaten verprügelt worden war.

Am 20 Mai wurden noch mehr Fallschirmjäger nach Gwangju geschickt. Trotz der aggressiven und angespannten Atmosphäre versammelten sich die Leute immer noch auf der Straße, und dieses Mal kamen auch alte Leute, Schüler und sogar junge Mütter mit ihren Babys auf dem Arm hinzu. Doch die Einsatzkräfte wurden noch gnadenloser. Menschen fielen blutüberströmt und bewusstlos auf die Straße und die Krankenhäuser in Gwangju wurden mit Verletzten überschwemmt. In den Medien wurden Aussagen von Regierungsvertretern gezeigt, die die Situation in Gwangju als Krawalle bezeichneten. Hier ist als Beispiel eine Darstellung des damaligen stellvertretenden Premierministers, Park Chung-hoon.

Gwangju befindet sich in einem Zustand der Gesetzlosigkeit. Es gibt dort weder Militär noch Polizei. In Gwangju findet etwas Unvorstellbares statt. Eine Reihe von Rebellen hat Regierungsgebäude in Brand gesetzt, die Waffen geplündert und Soldaten angegriffen. Mehrere Soldaten wurden getötet, aber sie können nicht zurückschießen, weil eine Regierungsanordnung das verbietet.

In der Nacht des 20. Mai starben zwei Bürger auf dem Bahnhofsplatz von Gwangju an den Schüssen bewaffneter Soldaten. Nach dieser Nachricht schlossen sich noch mehr Menschen den Protesten an. Bis zu 20.000 Demonstranten wurden gezählt, die bis in die Frühe des nächsten Morgens durch die Stadt zogen. Am vierten Protesttag, am 21. Mai, blockierten die Streitkräfte den Verkehr von und nach Gwangju und kappten die Telefonleitungen, um zu verhindern, dass die Menschen nach außen Kontakt halten konnten.

Die Menschen belagerten die Geumnam-Straße und sangen zusammen die Nationalhymne in dem Versuch, die unglaubliche Tragödie, die sich in ihrer geliebten Stadt abspielte, abzuwenden. An jenem Morgen machten Vertreter der Stadt den Versuch, mit den bewaffneten Streitkräften zu verhandeln, doch die Gespräche scheiterten. Um 13 Uhr standen sich die Streitkräfte und die Demonstranten vor dem Regierungsgebäude von Süd-Jeolla einander gegenüber, als die Truppen plötzlich in die Menge der rund 20.000 Menschen schossen. Hören wir einen Zeitzeugen:

Der ganze Bereich um die Provinzregierung war voller Tränengas. Die Menschen versuchten zu fliehen und liefen in die Gebäude, um dem Gas zu entkommen, und kurz danach eröffneten die Soldaten das Feuer. Ich wurde dann gleich angeschossen. Ich sah genau, wie die Soldaten auf die Menschen zielten. Sie behaupteten, dass sie auf die Beine zielten, aber ich war in den Oberkörper getroffen worden. Die Kugel ging durch meine Schulter.

Das war Herr Jang Seon-ho, der während der Schießerei verletzt wurde. Krankenhäuser waren mit Verletzten und Toten überfüllt, und die Menschen beschlossen, sich zum Selbstschutz zu bewaffnen. Die Bürgermiliz kämpfte in den Hauptstraßen von Gwangju gegen die Streitkräfte und um 17 Uhr wurde den Truppen befohlen, sich zum Stadtrand zurückzuziehen. Befreit von ihren Unterdrückern übernahm die Bürgerwehr die Provinzregierung von Süd-Jeolla.

In den nächsten fünf Tagen schlossen die Soldaten Gwangju vollständig von der Außenwelt ab, doch die Bürgerwehr übernahm die Sicherheit und die Verteidigung der Stadt und setzte eine Selbstverwaltung ein, um die Stadt zu kontrollieren. Hier ist erneut Herr Jang Seon-ho.

Die Studenten verteilten Informationsbroschüren und strömten durch die Stadt, um die Bürger über Lautsprecher dazu aufzufordern, die Stadt zu sichern. Frauen brachten uns Wasser, etwas zu essen und andere Notwendigkeiten. Die Menschen teilten das Wenige, das sie noch hatten und nahmen anderen nichts mit Gewalt weg. Wir übten uns freiwillig in Selbstbeschränkung.

Studenten und Bürger meldeten sich freiwillig, um in der Stadt aufzuräumen, und einige gaben ihre Schusswaffen wieder ab. Die Menschen standen Schlange, um Blut für die Verletzten zu spenden.

Doch der Friede war nur von kurzer Dauer. Am 27. Mai marschierten morgens um 4 Uhr erneut Streitkräfte in Richtung der Provinzregierung von Süd-Jeolla. Warnungen wurden ausgerufen, um Demonstranten dazu zu bringen, sich zu ergeben. Unmittelbar danach stürmten gut 25.000 Mann das Regierungsgebäude; dabei fielen mehr als 10.000 Schüsse. Nur vier Stunden nach dem Sturm auf das Gebäude übernahm das Militär die Kontrolle über die gesamte Stadt.

Der zehntägige demokratische Aufbruch war damit am Ende. Nach offiziellen Zahlen der Stadtregierung hinterließ der Aufstand der Demokratie 155 Tote, 81 Vermisste und 3.328 Verletzte. Unter den Toten waren acht Kinder unter 14 Jahren, 36 Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren und eine schwangere Frau auf der Suche nach ihrem verschwundenen Mann.

Mann 1: Nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 18. Mai litten die meisten Menschen von Gwangju am sogenannten Überlebendensyndrom.

Mann 2: Mein Herz schmerzt immer um diese Zeit des Jahres. Ich bin nicht der einzige. Es gibt einen ungelösten Groll in uns allen.

Frau: Das Leben nach dem Protest war noch schwieriger. Ich weinte und machte immer wieder andere dafür verantwortlich. Ich möchte dahin zurück, als ich zwanzig war, und möchte meine Jugendzeit in vollen Zügen ausleben. Ich wünschte, jemand könnte mich dorthin zurückschicken. Ich wünschte, ich könnte die Jahre in meinen 20ern noch einmal erleben.


Es gibt noch viele unbeantwortete Fragen rund um den Gwangju-Aufstand am 18. Mai 1980, etwa, wer den ersten Schuss auslöste und wie viele Menschen bei dem Militäreinsatz tatsächlich ums Leben kamen. Aber die tapferen Menschen aus Gwangju werden für immer als Helden in Erinnerung bleiben, die dabei geholfen haben, Korea die Demokratie zu bringen.

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