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Geschichte

Von der Unterdrückung zur Demokratie

2015-06-16

Von der Unterdrückung zur Demokratie
Am 3. März 1981 wurde der ehemalige Armeegeneral Chun Doo-hwan zum zwölften Präsidenten Koreas ernannt. Damit begann das Zeitalter der Fünften Republik.

Nach der Machtergreifung durch einen Militärputsch am 12. Dezember 1979 hatte Chun im Mai 1980 ein blutiges Massaker an pro-demokratischen Demonstranten in Gwangju angeordnet und war am 1. September des gleichen Jahres zum elften Präsidenten Koreas ernannt worden. Danach änderte er die Verfassung und wurde nur sieben Monate später zwölfter Präsident. Die neue Fünfte Republik wurde von einem Militärregime geführt und zerstörte die Hoffnung der Menschen auf Demokratie. Doch die Sehnsucht nach Demokratisierung konnte in den Herzen der Menschen nie ganz ausgelöscht werden.

Nach seinem Amtsantritt ging Präsident Chun unter dem Vorwand, die Gesellschaft zu säubern, hart gegen politische Dissidenten vor und erzwang Zusammenlegungen und Schließungen von Zeitungsredaktionen und Rundfunkanstalten, um die Presse zu kontrollieren. Dann änderte er die Verfassung, um die Präsidentschaft auf eine einzige siebenjährige Amtszeit zu beschränken und mehrere Amtszeiten eines Präsidenten zu verbieten. Er löste die Nationalversammlung auf und setzte eine zeitweilige Institution zur Gesetzgebung ein, den sogenannten Legislativrat zur nationalen Sicherheit.

In den nächsten 156 Tagen verabschiedete der Legislativrat 215 Gesetze, die zum Teil die politischen Aktivitäten der Mitglieder von Oppositionsparteien einschränkten und praktisch alle Versammlungen und Demonstrationen verboten. Von Anfang an unterdrückte die eiserne Fünfte Republik die Forderungen der Menschen nach Demokratie. Professor Lim Hyung-Jin vom Humanitas-College der Kyung-Hee-Universität erzählt uns mehr über diese Zeit.

Nach ihrem Anfang in unsicheren Zeiten erklärte die Fünfte Republik alle Arten von demokratischer Betätigung für illegal. Das Verbot politischer Aktivitäten beseitigte im Grunde alle offiziellen Möglichkeiten der Regierungskritik in der koreanischen Gesellschaft. Die einzigen, die sich der eisernen Hand des Regimes widersetzen konnten, waren Studenten. Doch auch sie wurden zum Ziel der Unterdrückung, sodass es schwierig für Schulen und Universitäten war, sich aktiv an der Demokratisierungsbewegung zu beteiligen. Sämtliche pro-demokratischen Aktivisten wurden in der Fünften Republik verfolgt.

Universitäten und Schulen standen in der Zeit der Fünften Republik, die sich die Unterdrückung der Forderungen der Menschen nach Demokratie zur Aufgabe gemacht hat, unter gezielter Beobachtung. Die Behörden schickten uniformierte und verdeckte Polizeibeamte auf den jeweiligen Campus, um die Augen nach verärgerten Studenten und Anzeichen von Protest offen zu halten. Im Jahr 1981 immatrikulierte sich Herr Lee Ho-yun an der Seoul National-Universität, während Frau Bae Oi-suk ihren Abschluss an der Ewha Frauen-Universität machte. Sie erinnern sich an damals.

Mann: Als wir an der Uni neu anfingen, gab es die ganze Zeit Polizisten in Zivil und Spione der Regierung auf dem Campus. Sie kamen mit uns an und verließen das Gelände zur selben Zeit wie wir. Es gab eine Schlange von Studenten, die darauf warteten, in die Kursräume zu gehen, und eine andere Schlange von Polizisten und Geheimdienstagenten. Es war wirklich bizarr.

Frau: Weil es immer Polizisten an unserer Frauen-Universität gab, nannten wir es einen Campus der Koedukation. Manche von ihnen ließen sich mit uns auf dem Rasen nieder, und einige Polizisten in Zivil waren an den Sicherheitskontrollen und Verwaltungsbüros stationiert. Sie wollten herausfinden, wo all die regierungsfeindlichen Flugblätter aufbewahrt wurden und schnappten sich die Beschuldigten, wenn sie den Campus verließen.


Doch selbst die Überwachung durch die Polizei konnte den ersehnten Wunsch der Studenten nach Demokratie nicht unterdrücken. Auch wenn es praktisch unmöglich war, frei über Demokratie zu diskutieren, prangerten einige Studenten die Illegitimität des Chun-Regimes und die gewaltsame Unterdrückung der Demokratiebewegung in Gwangju an. Sie sprachen unter den wachsamen Augen der Polizei und des nationalen Geheimdienstes über die harte Realität in Korea und die Zukunft des Landes.

Der Funke der Demokratisierung wurde erneut entzündet, als ein paar Universitäten in Seoul Gedenkfeiern zum ersten Jahrestag des demokratischen Aufstands in Gwangju am 18. Mai veranstalteten. Herr Lee Ho-Yun erzählt uns, was er in dieser Zeit erlebte.

Ich war damals gerade ganz neu an der Uni. Es war Ende Mai 1981, als ein großer Protest auf unserem Campus stattfand. Es handelte sich um eine Demonstration anlässlich des ersten Jahrestags der Demokratiebewegung am 18. Mai in Gwangju. Der Protest dauerte drei Tage lang. Ein Student namens Kim Tae-hun zündete sich selbst an, was die emotionale Intensität bei den Demonstranten weiter anheizte. Anstatt Angst zu empfinden, wurde ich von dem Eindruck so vieler Studenten, die sich selbst für etwas aufopfern, wachgerüttelt. Und so schloss ich mich den Demonstranten an.

Die Regierung zerschlug die Demonstrationen erbarmungslos. Neben normalen Polizisten kam auch die Bereitschaftspolizei, die für Anti-Terror-Operationen vorgesehen war, zum Einsatz, um gegen die Demonstranten vorzugehen. Auch der damalige Geheimdienst ANSP (Agency for National Security Planning), der Vorgänger des heutigen NIS (National Intelligence Service), sowie das koreanische Militärsicherheitskommando, das für die Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit Militärpersonal zuständig ist, waren an der Bekämpfung der pro-demokratischen Aktivisten und Studenten beteiligt. Hier ist erneut Herr Lee Ho-yun.

Alle Demonstrationen waren zu dem Zeitpunkt verboten. Wer nicht wirklich an die Sache glaubte, wagte es nicht, an der Studentenbewegung teilzunehmen. Man musste bereit sein, seine Privilegien ganz aufzugeben, denn wenn man bei einem Protest erwischt wurde, wurde man sofort festgenommen und von der Uni geschmissen. Selbst, wenn man nur Mitläufer war, kam jeder, der sich an einer pro-demokratischen Aktion beteiligte, vors Militär und wurde eingesperrt oder von der Uni-Verwaltung bestraft. Man musste also wirklich entschlossen sein, einen starken Glauben an die Demokratie haben und alles dafür riskieren.

Während der ersten drei Jahre der Fünften Republik, von 1981 bis 1983, wurden etwa 1.400 Studenten inhaftiert oder von der Universität verwiesen. Diese Zahl deutet das Ausmaß der Regierungskontrolle zu der Zeit an.

Im Dezember 1983 erließ die Regierung eine versöhnliche Geste an die Öffentlichkeit in Form einer Deregulierungsmaßnahme für die Universitäten. Der Slogan der Fünften Republik war die Verwirklichung einer gerechten Gesellschaft, doch der moralische Kredit des Regimes war bereits seit 1982 verspielt, als eine Reihe von Korruptionsskandalen bekannt geworden war, in denen Chuns Leute und Familienmitglieder involviert waren. Die Deregulierungsmaßnahme war ein Trick des Regimes, um die empörte Öffentlichkeit zu beschwichtigen. Hier ist erneut Professor Lim Hyung-Jin von der Kyung-Hee-Universität.

Die Regierung lockerte im Dezember 1983 ihren Griff auf die Universitäten. Die Polizisten wurden von den Universitäten zurückgezogen, zwangsexmatrikulierten Studenten wurde die Wiederaufnahme ihres Studiums erlaubt, Studentenräte wurden wieder zugelassen und gefeuerte Professoren wurden wieder zurückgeholt. 1984 waren die Universitäten wieder voller Energie und Hoffnung.

Die Demokratisierungsbewegung an den Hochschulen gewann an Dynamik, als die Unterdrückung durch das Regime nachließ und zwangsexmatrikulierte Studenten wieder zurückkehrten. Zu jener Zeit tauchten auch politische Dissidenten und Oppositionelle, die seit 1980 weitgehend untergetaucht waren, allmählich wieder auf, um gegen die Regierung zurückzuschlagen.

Dann fanden am 12. Februar 1985 Parlamentswahlen statt, in der die regierende Demokratische Gerechtigkeitspartei (DJP) glatt besiegt wurde. Während ihrer Wahlkampagnen hatten die Mitglieder von Oppositionsparteien und demokratische Aktivisten die Menschenrechtsverletzungen gegen Anti-Regierungs-Demonstranten enthüllt und die gewalttätige Natur des autoritären Regimes offen gelegt. Die Niederlage der Demokratischen Gerechtigkeitspartei war eine Möglichkeit der Öffentlichkeit gewesen, ihre Enttäuschung und Wut auf das Chun Doo-hwan-Regime zu zeigen. Die Menschen forderten immer stärker die Direktwahl des Präsidenten und der Ruf nach Demokratisierung wurde lauter als je zuvor. Die Regierung empfand das als Bedrohung und verfiel wieder auf die gewaltsame Unterdrückung der Studentenaktivisten, denen sie vorwarf, „linke Rebellen“ zu sein. Dann nahm am 14. Januar 1987 eine Tragödie ihren Lauf, die die Geschichte verändern sollte. Ein 23-jähriger Student der Seoul National-Universität namens Park Jong-Chul starb, während er von der Polizei verhört wurde. Park war geschlagen und zu Tode gefoltert worden, weil er sich geweigert hatte, den Aufenthaltsort von einem verdächtigten Kommilitonen bekannt zu geben.

Die Polizei erklärte, dass Park einfachen an einem Schock gestorben sei, doch nur einen Tag später wurde die Lüge offensichtlich. Eine Autopsie des jungen Mannes zeigte Prellungen am ganzen Körper und klare Anzeichen für Folter durch Stromschläge und Waterboarding. Noch wütender war die Öffentlichkeit über die glatte Lüge der Polizei, und die Menschen forderten in zahlreichen Straßenprotesten Aufklärung und Gerechtigkeit. Mit dem Rücken derart an der Wand gab die Regierung zu, dass Park gefoltert worden war und beeilte sich damit, zwei Polizisten für Parks Tod verantwortlich zu machen.

Jedoch hatten die Menschen bereits jegliches Vertrauen in die Regierung verloren. Im klaren Bewusstsein über den Verlust der Unterstützung machte Präsident Chun am 13. April eine wichtige Ankündigung. Chuns sogenannte „Rede über den Schutz der Verfassung“ heizte die Enttäuschung und Wut der Öffentlichkeit weiter an. Die Menschen sahen die Fünfte Republik nicht länger als eine Regierung an, die das koreanische Volk repräsentiert. Überall in der Gesellschaft kam es zu Demonstrationen und Petitionen, um Chuns Maßnahmen zu bekämpfen, und ein nationales Bündnis von politischen Dissidenten, Vertretern der Religionsgemeinschaften und Studentenaktivisten wurde gegründet.

Dann wurde am 9. Juni der Student Lee Han-yeol von der Yonsei-Universität von einer Tränengasgranate getroffen und fiel in ein Koma. Dieser Tragödie folgte der historische Demokratieaufstand vom 10. Juni. Dieses Mal erhielten die Demonstranten begeisterte Unterstützung von den Bürgern. Überall erklangen Autohupen, als die Demonstranten durch die Straßen der Stadt marschierten, und Büroangestellte winkten zum Gruß mit ihren Taschentüchern aus den Bürofenstern. Die Regierung errichtete Polizeisperren und versuchte, die Demonstrationswellen durch Tränengas zu stoppen, doch das reichte nicht aus, um die überwältigende Flut öffentlicher Wut einzudämmen. Die Proteste verbreiteten sich landesweit; am 26. Juni gingen mehr als 1,5 Millionen Menschen auf die Straße.

Am 29. Juni machte Roh Tae-woo, der damalige Chef der Demokratischen Gerechtigkeitspartei und von Chun selbst für die nächste Präsidentschaft auserwählt, eine Ankündigung und versprach eine demokratischere Verfassung sowie die Direktwahl des Präsidenten. Er versprach auch, den Oppositionsführer Kim Dae-jung zu begnadigen und zu rehabilitieren. Dies war eine segensreiche Wendung der Ereignisse auf Koreas Weg in Richtung Demokratie. Der Demokratieaufstand am 10. Juni hatte der Welt gezeigt, wie kraftvoll und entschlossen das koreanische Volk sein kann. Professor Lim Hyung-Jin von der Kyung-Hee-Universität erklärt dazu:

Der Demokratieaufstand am 10. Juni war der Höhepunkt aller bisherigen Demokratisierungsbewegungen. Es war ein Sieg für alle Koreaner, die nach Demokratie dürsteten. Dieses Ereignis brachte das Ende der Fünften Republik, also das Ende der Militärdiktatur und den Beginn der richtigen bürgerlichen Bewegungen.

Unzählige Opfer und der unermüdliche Kampf gegen Tyrannei und Ungerechtigkeit haben Korea zu einer echten Demokratie gemacht, und die Geschichte hat bewiesen, dass Menschen, die für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie eintreten, am Ende siegen. Auch heute noch setzten Koreaner ihren Weg in Richtung einer freieren und noch blühenderen Zukunft fort.

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