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Geschichte

Bahnbrechende Entwicklungen in den innerkoreanischen Beziehungen

2015-07-14

Bahnbrechende Entwicklungen in den innerkoreanischen Beziehungen
Am 4. Juli 1972 veröffentlichten Süd- und Nordkorea gleichzeitig ein bahnbrechendes „Joint Statement“. Es war die erste Vereinbarung zwischen den beiden koreanischen Staaten seit der Teilung. Bis dahin hatten sich die beiden Seiten immer nur gegenseitig ideologisch verurteilt. Basierend auf den Prinzipien der Autonomie, des Friedens und der nationalen Einheit weckte die gemeinsame Erklärung vom 4. Juli bei den Menschen die Erwartung nach Wiedervereinigung. Doch im folgenden Jahr weigerte sich Nordkorea, in einen wechselseitigen Dialog einzutreten, wodurch die bahnbrechende innerkoreanische Vereinbarung sabotiert wurde und die Feindseligkeit zwischen den beiden Seiten wieder aufflammte. Erst im Jahr 1984 fand ein weiteres Ereignis statt, das eine Entspannung in den innerkoreanischen Beziehungen bewirkte. Nordkorea bot Hilfe für Südkoreaner an, die nach einer Flutkatastrophe aus ihren Häusern vertrieben worden waren.

Sintflutartige Regenfälle hatten sich im Jahr 1984 über Südkorea ergossen und zerstörte Gebäude und 3,5 Millionen Menschen ohne Obdach hinterlassen. Der unerwartete Vorschlag der nordkoreanischen Roten Kreuzes eröffnete einen Kanal für den Dialog zwischen den beiden koreanischen Staaten. Der Generalsekretär des südkoreanischen Roten Kreuzes, Kang Ho-kwon, erzählt uns mehr über die Situation zu der damaligen Zeit.

Am 8. September 1984 hat das nordkoreanische Rote Kreuz dem südkoreanischen Roten Kreuz vorgeschlagen, den Opfern der Flut in Südkorea Reis, 500.000 Festmeter Stoff und 100.000 Tonnen Zement zu schicken. Zu dieser Zeit waren jedoch die Aufräum- und Reparaturarbeiten nach der Flut im Süden fast vorbei. Dennoch nahmen wir den Vorschlag des Nordens an, um einen Durchbruch in den innerkoreanischen Beziehungen zu erzielen und schlugen ein Arbeitstreffen vor.

So kam es am 29. September 1984 zu einem Warenaustausch zwischen den beiden Seiten. Damit war mehr als drei Jahrzehnte nach dem Waffenstillstand ein neues Kapitel in der innerkoreanischen Geschichte aufgeschlagen.

In den 1980er Jahren war Südkorea sehr daran interessiert, seine Beziehungen zu Nordkorea zu verbessern. In seiner Rede zur Lage der Nation am 22. Januar 1982 hatte der damalige Präsident Chun Doo-hwan dem nordkoreanischen Regime sogar eine Reihe von Plänen vorgelegt, um eine demokratische Vereinigung und die Einheit für alle Koreaner zu erreichen. Die Pläne zeigten detailliert, wie die beiden Koreas durch eine innerkoreanische Volksabstimmung eine einzige demokratische Republik bilden könnten. Dann legte Seoul am 1. Februar 20 Pilotprojekte vor, die von den beiden koreanischen Staaten durchgeführt werden sollten.

Doch Nordkorea lehnte Südkoreas Projektvorschläge ab. Dr. Chon Hyun-joon, der Direktor des Nordostasiatischen Instituts für Frieden und Kooperation (NAPCI), erklärt uns, warum.

Der Vorschlag über die 20 Aufgaben war für die Zeit außergewöhnlich. Der Plan beinhaltete den Bau einer Straße zwischen Seoul und Pjöngjang, den Austausch von Briefen, Familientreffen, die Öffnung der Gebirge Sorak und Kumgang für Touristen sowie großer Häfen wie Incheon und Nampo zur gegenseitigen Nutzung. Nordkorea lehnte diesen Vorschlag jedoch ab und schlug stattdessen vor, am 10. Februar 1982 eine gemeinsame Sitzung von 100 Politikern abzuhalten, fünfzig von jeder Seite. Dieser Vorschlag spiegelte Pjöngjangs Absicht, die südkoreanische Regierung beim Thema Wiedervereinigung herauszuhalten und stattdessen die Bürger Südkoreas anzusprechen.

Am 9. Oktober 1983 wurden siebzehn südkoreanische Regierungsvertreter bei einem Besuch der Hauptstadt von Myanmar durch einen Bombenanschlag von nordkoreanischen Agenten getötet. Präsident Chun entkam nur knapp der Explosion, doch durch den Tod der hochrangigen Beamten gerieten die innerkoreanischen Beziehungen außer Kontrolle und Nordkorea wurde von der internationalen Gemeinschaft noch weiter isoliert. Als sich die Spannung zwischen den beiden Seiten auf dem Höhepunkt befand, machte Pjöngjang das Angebot, den Flutopfern zu helfen. Diese freundliche Geste half dabei, die eingefrorenen Beziehungen zwischen den beiden Seiten wieder aufzutauen. Der NAPCI-Direktor Dr. Chon Hyun-joon erklärt uns mehr dazu.

Obwohl Südkorea in der Lage war, die Hochwasserschäden allein zu bewältigen, sah die südkoreanische Regierung Nordkoreas Angebot als Chance, die Gespräche wieder aufzunehmen. Die Naturkatastrophe erwies sich somit als ein Segen, als eine gute Gelegenheit zur Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen. Diese Entwicklung führte letztendlich zur ersten Zusammenführung getrennter Familien.

Auf der wieder geöffneten Straße des Dialogs trafen sich Vertreter von beiden Seiten und einigten sich daraufhin auf den Austausch von Musikgruppen und anderer Delegationen. Generalsekretär Kang Ho-kwon vom südkoreanischen Roten Kreuz erzählt uns mehr darüber.

Die Größe der Besuchergruppen betrug 151 Personen auf jeder Seite, darunter ein Aufseher. Fünfzig Personen waren von Familien, deren ehemalige Heimatstädte Seoul beziehungsweise Pjöngjang waren, fünfzig waren Mitglieder der Aufführungsgruppe, und die restlichen fünfzig waren Reporter und Begleitpersonen. Die Besuche fanden vier Tage lang gleichzeitig in Seoul und Pjöngjang statt, vom 20. bis zum 23. September. Es gab bei den Besuchen zwei Aufführungen, jedes Konzert war 120 Minuten lang.

Am Morgen des 20. September 1985 schritten Menschen, die sich nach ihren verlorenen Angehörigen sehnten, sowie darstellende Künstler über die Grenze, um die jeweils andere Seite zu besuchen. An jenem Abend fanden im Nationaltheater Korea in Seoul und im Großen Theater in Pjöngjang gleichzeitig Aufführungen statt. Dann kam es endlich zum großen Tag des Wiedersehens. Familien aus beiden Seiten waren endlich in der Lage, ihre Angehörigen zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren wiederzusehen. Die Haare waren inzwischen grau geworden und die Gesichter von Falten durchzogen, doch sie erkannten ihre lange vermissten Familienmitglieder auf den ersten Blick und brachen in Tränen aus.

Jeder dieser Menschen, die so lange voneinander getrennt waren, hatte eine herzzerreißende Geschichte zu erzählen. In einem Fall traf eine Mutter aus Nordkorea endlich ihren Sohn in Seoul wieder, doch die an Alzheimer leidende Mutter erkannte ihren geliebten Sohn kaum wieder. Um seiner Mutter die Erinnerung zurückzubringen, zeigte der Sohn ihr eine alte Narbe am Auge. Plötzlich quollen der alten Dame auf wundersame Weise Tränen aus den Augen.

Die gleichen herzzerreißenden Treffen fanden auch in Pjöngjang statt. Die Familien aus Südkorea waren begierig danach, ihre Angehörigen zu treffen, doch die Wiedersehensfreude war nur von kurzer Dauer. Die Leute erkannten schnell, dass die mehr als drei Jahrzehnte der Teilung eine große Kluft in der Art zu denken und zu handeln hinterlassen hatten.

Mann 1: Sie sprachen darüber, warum die beiden Koreas gespalten bleiben sollten und dass wir gemeinsam in Richtung Wiedervereinigung arbeiten sollten. Ich glaube, es ist ihnen gesagt worden, solche Dinge zu sagen.

Mann 2: Ich war der einzige Sohn in meiner Familie, und es brach mir das Herz, als ich sah, wie meine Familie und Verwandten nicht frei sprechen konnten aus Angst, dass ihre Meinung an die Behörden gemeldet wird. Es zerriss mir das Herz, als ich meine 82-jährige Mutter allein zurücklassen musste. Niemand wusste, ob wir uns jemals wiedersehen würden.


Eines der bemerkenswertesten Familientreffen in Pjöngjang war dasjenige zwischen dem katholischen Bischof Daniel Hak-soon Tji aus Südkorea und seiner Schwester aus dem Norden. Bischof Daniel Tji war 1950 aus seiner Heimat in der Provinz Süd-Pyeongan geflohen und ganz allein nach Südkorea gekommen. Hier beschreibt er das Treffen mit seiner Schwester nach 35 Jahren.

Sie sagte mir, dass es Religionsfreiheit im Norden gebe, also sagte ich ihr, dass sie mir einen Katholiken zeigen sollte, aber sie konnte nicht. Sie sagte auch, dass es ihr sehr gut ginge, aber meine sechzigjährige Schwester aus wie achtzig.

Bischof Tji was schockiert darüber, wie sich seine tief religiöse Schwester verändert hatte. Noch bis zu seinem Tod 1993 soll er zutiefst betrübt und enttäuscht von Notlage seiner Schwester gewesen sein.

In den vier Tagen wurden 35 Familien aus dem Süden und 30 aus dem Norden, insgesamt also 65 Familien, wieder mit ihren Angehörigen vereint. Doch der Tag des Abschieds kam viel zu früh für sie alle, und niemand wusste, ob sie sich jemals wiedersehen würden. Die Familienmitglieder klammerten sich verzweifelt aneinander in der Hoffnung, den Abschied ein bisschen länger hinauszuschieben. Kim Ki-Mann, damals Reporter der Zeitung Dong-A-Ilbo, berichtete vom ersten innerkoreanischen Familientreffen und erinnert sich noch an die herzzerreißenden Szenen an jenem Tag.

In dem Jahr war der 40. Jahrestag der Unabhängigkeit Koreas und der 35. Jahrestag des Ausbruchs des Koreakriegs. Die voneinander getrennten Familienmitglieder hatten all die Jahre keine Chance dazu gehabt, ihre Angehörigen zu sehen. Dieses Treffen im Jahr 1985 war wirklich bewegend. Damals war ich Reporter, und mich hatte bereits die landesweite Ausstrahlung der Fernsehsendung über getrennte Familien in Südkorea im Jahr 1983 sehr mitgenommen. Als zwei Jahre später die innerkoreanischen Familientreffen stattfanden, wurde ich direkt mit dem Schmerz und der Frustration durch die tragischen Ereignisse in der modernen Geschichte Koreas konfrontiert und dachte darüber nach, wie man all diese Hindernisse überwinden könnte, um die Wiedervereinigung zu erlangen. Ich erinnere mich, dass ich damals voller Gram und Verbitterung über die Ereignisse berichtet habe.

Die Familientreffen von 1985 waren viel zu kurz und viel zu wenig Menschen konnten daran teilnehmen angesichts der Tatsache, dass mehr als 10 Millionen Menschen von ihren Familien getrennt worden waren. Doch es war ein wichtiger Schritt in Richtung auf eine Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen. Hier ist die Sichtweise des NAPCI-Direktors Dr. Chon Hyun-joon über das Ereignis.

Das Jahr 1985 war ein entscheidender Zeitpunkt in der Geschichte der innerkoreanischen Beziehungen. Zum ersten Mal seit der Teilung kam es zu einer Heimkehr und zur Zusammenführung getrennter Familien, und Musiker und Tänzer machten Aufführungen für das Publikum von der jeweils anderen Seite. Dieses Ereignis führte zu dreizehn Runden von Folgetreffen, an denen verschiedene Bereiche der Gesellschaft teilnahmen, wie das süd- und nordkoreanische Rote Kreuz, Wirtschaftsvertreter, Parlamentsmitglieder und Sportler. Die Ereignisse von 1985 waren ein wichtiger Vorläufer der Gespräche auf hoher Ebene in den frühen 1990er Jahren, wo das innerkoreanische Versöhnungsabkommen beschlossen wurde.

Noch bevor die Freude über die Familientreffen abklingen konnte, führte der Umschwung in der Einstellung Nordkoreas zum Abbruch aller Arten von Kommunikation zwischen den beiden Seiten für die nächsten fünfzehn Jahre. Erst im Jahr 2000 wurden die Treffen wieder aufgenommen, an denen etwa ein Jahrzehnt lang über 22.500 Menschen teilnahmen, um ihre lang vermissten Familienmitglieder wiederzusehen. Diese Bemühungen wurden jedoch wieder unterbrochen, als es im Jahr 2014 erneut zu Unstimmigkeiten in den Nord-Süd-Beziehungen kam. Das frustriert viele ältere Südkoreaner, denen nicht mehr viel Zeit bleibt, ihre Angehörigen im Norden noch einmal zu sehen, bevor sie sterben.

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