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Geschichte

Die Olympischen Sommerspiele 1988 in Seoul

2015-07-28

Die Olympischen Sommerspiele 1988 in Seoul
Am 30. September 1981 brach um 11:45 Uhr nach einer Mitteilung des damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch ganz Korea in einen rauschhaften Jubel aus. Seoul hatte bei der Abstimmung der IOC-Vollversammlung in der deutschen Stadt Baden-Baden am Ende den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele 1988 erhalten. Nagoya in Japan war als Konkurrent gegen Seoul im Rennen um die Austragung gewesen, und nicht wenige Beobachter hatten erwartet, dass die japanische Stadt gewinnt. Aber der Wahlgang erbrachte 52 Stimmen für Seoul gegenüber 27 für Nagoya, ein unerwartet eindeutiger Sieg für die koreanische Hauptstadt. So wurde Korea nach Japan das zweite asiatische Land, und das erste Entwicklungsland, dem die Organisation einer der weltweit größten Sportveranstaltungen anvertraut wurde.

Koreas Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele wurde das „Wunder von Baden-Baden“ genannt. Vor der Eröffnung der IOC-Generalversammlung hatten Beobachter aus dem In- und Ausland Koreas Bewerbung um die Olympischen Spiele als ein aussichtsloses Unterfangen und vergeudete Mühen bezeichnet. Derartige Kritik war nicht ganz unbegründet, da das Land nur drei Jahrzehnte zuvor vom Krieg verwüstet worden war und die Spannungen zwischen dem demokratischen Süden und dem kommunistischen Norden groß waren. Außerdem wurde Korea als wirtschaftlich zu schwach eingeschätzt, um so eine große Veranstaltung zu stemmen. Die Skepsis überdauerte auch die Entscheidung, Seoul als Gastgeberstadt für die Olympischen Spiele 1988 auszuwählen. Der ehemalige Abgeordnete Chung Mong-joon, der in Baden-Baden anwesend war, erinnert sich an die Stimmung damals.

In Baden-Baden wurde beschlossen, dass Seoul die Olympischen Sommerspiele 1988 ausrichten sollte, aber viele dachten, dass Korea dazu gar nicht in der Lage sei und die Ausrichtung der Spiele am Ende abgeben würde. Kritiker stellten andauernd in Frage, ob ein geteiltes und wirtschaftlich so schwaches Land überhaupt die Olympischen Spiele ausrichten könne.

Trotz der weit verbreiteten Skepsis war Korea fest entschlossen, eine erfolgreiche Olympiade durchzuführen. Hören wir dazu einen Ausschnitt aus einer Nachrichtensendung damals.

Die Olympischen Spiele werden in 33 Stadien und Sportanlagen innerhalb eines 15-Kilometer-Radius von der Innenstadt aus stattfinden. Dazu können bereits bestehende Anlagen genutzt werden, wie der Sportkomplex in Jamsil mit seinen fünf Stadien und Sporthallen. Dieser Sportkomplex umfasst ein Sportstadion mit rund 545.000 Quadratmetern, eine Sporthalle, ein Hallenbad, eine kleinere Sporthalle und ein Baseball-Stadion. Das große Sportstadion mit einer maximalen Kapazität von 100.000 Zuschauern wird im September 1984 fertiggestellt und ist für die Eröffnungs- und Schlussfeier, für Leichtathletik-Veranstaltungen und für Fußballspiele vorgesehen.

Eine Reihe wichtiger Bauprojekte wie der Sportkomplex in Jamsil, wo wichtige Veranstaltungen stattfinden sollten, und der Olympic Expressway, der die Ost- und Westseite der Stadt miteinander verbindet, wurde durchgeführt, und Seoul wurde zu einer echten Olympiastadt geformt.

Am 17. September 1988 wurden die Olympischen Sommerspiele in Seoul feierlich eröffnet. Hier der Gastgeber der Eröffnungszeremonie dazu:

Im Gegensatz zu anderen Eröffnungsfeiern, die nur in Stadien stattfanden, begann diese auf dem Han-Fluss. Der Fluss sollte der Wasserweg der Versöhnung und der Wunder sein, da die fünf Weltmeere in Seoul, der Stadt der Olympischen Spiele, zusammenkommen.

Hier der ehemalige Kommentator Shin Myeong-cheol dazu:

Der Fluss Han spielte eine wichtige Rolle in der koreanischen Geschichte und war immer ein großes Wahrzeichen von Seoul. Die Teilnehmer der Zeremonie fuhren über den Fluss zum Sportstadion in Jamsil und begannen die Eröffnungsfeier.

Bei Gruppenaufführungen und Tänzen wurde die prachtvolle Schönheit Koreas gezeigt, die während der festlichen Veranstaltung Zuschauer wie Teilnehmer faszinierte. Danach zogen die Sportler und Funktionäre aus der ganzen Welt ins Stadion ein. Passend zum Motto „Harmonie und Fortschritt“ nahmen rund 13.800 Athleten aus 161 der 167 IOC-Mitgliedsländern an den Olympischen Spielen in Seoul teil. Diese stellten an Größe und Umfang alle bisherigen Olympischen Spiele in den Schatten.

Selbst kommunistische Länder wie China, die Sowjetunion und die DDR nahmen an den Spielen teil, nicht aber Nordkorea. Die Anwesenheit der kommunistischen Länder bedeutete den Organisatoren sehr viel, da dies die ersten Olympischen Spiele mit fast komplettem Teilnehmerfeld seit den Winterspielen 1980 in Lake Placid waren. Die USA und über 60 weitere Länder hatten die Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau vor allem aus Protest gegen die sowjetische Invasion in Afghanistan boykottiert, und die Sowjetunion und 18 von ihnen beeinflusste Länder hatten ihre eigene Unzufriedenheit im Gegenzug durch den Boykott der Olympischen Sommerspiele 1984 in Los Angeles zum Ausdruck gebracht.

Nach der Begrüßungsansprache von IOC-Präsident Samaranch hielt der koreanische Präsident die offizielle Eröffnungsrede. Dann wurde endlich das olympische Feuer entzündet, das den Himmel von Seoul die nächsten zwei Wochen lang erhellte. Insgesamt sechzehn Tage lang kämpften Athleten aus der ganzen Welt und stellten eine erstaunliche Anzahl neuer Rekorde auf. Die 33 Weltrekorde und 227 olympischen Rekorde übertrafen die Leistungen der Spiele 1980 in Moskau und 1984 in Los Angeles bei weitem.

Koreas erste Goldmedaille errang Kim Young-nam beim griechisch-römischen Ringkampf im Weltergewicht (bis 74 kg). Es sollten bald noch viele weitere im Ringen und Bogenschießen folgen. Koreas Handballspielerinnen erzielten einen dramatischen Sieg gegen die Spielerinnen aus der Sowjetunion, obwohl sie die Koreanerinnen in der Körpergröße im Durchschnitt um 10 Zentimeter überragten. Die Damen holten ihrem Land die erste olympische Goldmedaille in einer Ballsportart. Am Ende gewann Korea insgesamt 33 Medaillen: zwölf Goldmedaillen, zehn Silbermedaillen und elfmal Bronze, und landete vor Westdeutschand auf dem vierten Platz des inoffiziellen Medaillenspiegels. Der Sportkommentator Shin Myeong-cheol sagt, dass die Olympischen Spiele 1988 Korea mit dem Impetus einer Sport-Supermacht ausgestattet haben.

Die Olympischen Spiele in Seoul waren der Ausgangspunkt. Der koreanische Sport konnte mit den damals entdeckten und ausgebildeten Athleten die nächsten 10 oder 15 Jahre lang glänzen und international mithalten. Die Olympischen Spiele hinterließen weit reichende und tief sitzende Spuren in allen Bereichen der koreanischen Gesellschaft – von Politik und Wirtschaft bis zu Kultur und soziale Normen – und hievten den Sport in Korea auf ein höheres Niveau.

Es gab einige spektakuläre Begegnungen bei den Olympischen Spielen in Seoul. Zum ersten Mal seit 12 Jahren standen sich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion in fast allen Veranstaltungen im verbissenen Wettstreit gegenüber. Am Ende lag die Sowjetunion mit 55 Goldmedaillen in der Leichtathletik, im Turnen, Rudern und Gewichtheben, beim Radfahren und Hockey und vielen weiteren Disziplinen an der Spitze. Auf Platz zwei lag die DDR mit 37, gefolgt von den USA mit 36 Goldmedaillen. Die Olympischen Spiele in Seoul lieferten auch viele interessante Geschichten und Anekdoten.

Der kanadische Sprinter Ben Johnson ließ seinen US-amerikanischen Rivalen Carl Lewis im 100-Meter-Finale weit hinter sich, verlor seine Goldmedaille aber nur drei Tage später, weil er positiv auf Anabolika getestet wurde. Die DDR-Schwimmerin Kristin Otto wurde die erste Frau, die sechs Goldmedaillen bei einer olympischen Veranstaltung gewann. Dann kam der 2. Oktober, und die tollen Olympischen Spiele von Seoul waren zu Ende.

Die Koreaner zeigten für die Dauer der Spiele ein unerwartetes Maß an Disziplin. Von den gefürchteten Verkehrsstaus war fast nichts zu bemerken, weil die Bürger Seouls eifrig an einem Programm teilnahmen, nur alle zwei Tage das Auto zu benutzen, um die Anzahl der Fahrzeuge auf den Straßen zu reduzieren.

Mann 1: Ich habe bei dem Programm, nur alle zwei Tage zu fahren, nicht mitgemacht, aber die Fahrer hinter mir hupten ständig, was mir sehr peinlich war. Ich glaube, die anderen Leute haben ganz eifrig dabei mitgemacht.

Frau 1: Die Leute warfen ihren Müll in die Mülleimer oder gaben ihn den Müllmännern. Sie steckten ihren Müll in Plastiktüten, um die Umgebung sauber zu halten.

Mann 2: Es war eine Frage des Nationalstolzes. Bei so vielen Ausländern, die uns beobachteten, tat jeder und jede seinen und ihren Teil dazu, um Ordnung zu halten und der Welt zu zeigen, wie gut sich die Koreaner benehmen konnten.


Neben der Disziplin der Bewohner Seouls spielten Freiwillige eine wichtige Rolle dabei, die Olympischen Spiele zu einem großen Erfolg zu machen. Die erfolgreiche Ausrichtung der Olympischen Spiele vermittelte Stolz und stärkte das Selbstwertgefühl des koreanischen Volkes.

Mann1: Es ist sehr bewegend, zu sehen, wie Korea nach dem Koreakrieg wieder aufgebaut werden und so ein globales Ereignis wie die Olympischen Spiele durchführen konnte.

Mann 2: Ich war am Anfang nicht wirklich an den Olympischen Spielen interessiert, aber als ich gesehen habe, wie koreanische Athleten alle diese Goldmedaillen gewannen, wurde mir klar, dass die Olympischen Spiele eine toll Gelegenheit darstellten, das Ansehen des Landes zu erhöhen, und das machte mich stolz darauf, in Korea zu leben.

Mann 3: Jeder wollte, dass die koreanischen Sportler bei den Olympischen Spielen ihr Bestes gaben. Uns wurde klar, dass wir die Veranstaltung als Sprungbrett nutzen konnten, um in die Reihen der fortgeschrittenen Nationen aufzusteigen.


Nach der erfolgreichen Durchführung der Olympischen Spiele wuchs der Status Koreas in der internationalen Gemeinschaft beträchtlich. Hier ist erneut der Sport-Kommentator Shin Myeong-Cheol.

Koreas erfolgreiche Austragung der Olympischen Spiele half dabei, die Beziehungen des Landes zur Sowjetunion und zu anderen kommunistischen Ländern in Osteuropa zu verbessern. Durch die Spiele konnte Korea enge Beziehungen mit diesen Ländern nicht nur im Sportbereich, sondern auch in der Außenpolitik aufbauen. Die Olympischen Spiele gaben Korea die Gelegenheit, sich mit der Sowjetunion und den osteuropäischen Ländern auszutauschen.

Die Olympischen Spiele in Seoul fanden zwar in einem geteilten Land voller Probleme statt, doch sie zeigten der Welt am Ende die Zähigkeit und Zielstrebigkeit des koreanischen Volkes, das das Wunder auf dem Han-Fluss vollbracht hat, ebenso wie seine Entschlossenheit, den Frieden in der Welt zu fördern. Die Olympischen Sommerspiele 1988 in Seoul lösten bei allen Koreanern Stolz und Selbstvertrauen aus.

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