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Nordkorea

Das innerkoreanische Wörterbuch-Projekt (1. Teil)

2018-10-18

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ KBS News

Am 9. Oktober fand auf dem Gwanghwamun-Platz in der Innenstadt von Seoul eine Gedenkzeremonie zur Erfindung des koreanischen Alphabets Hangeul statt. Premierminister Lee Nak-yon äußerte die Absicht der südkoreanischen Regierung, das Gemeinschaftsprojekt mit Nordkorea zur Erstellung eines einheitlichen Wörterbuchs der koreanischen Sprache wiederaufzunehmen. Das Gyeoremal-keunsajeon, was sich in etwa mit “ungekürztes und einheitliches koreanisches Wörterbuch” übersetzen lässt, ist das erste derartige Gemeinschaftsprojekt, an dem Sprachwissenschaftler beider Länder gearbeitet haben. Um staatliche Unterstützung dafür zu erhalten, wurde 2007 ein Sondergesetz verabschiedet. Der Sprach- und Literaturwissenschaftler Hong Jong-seon, der Co-Vorsitzender des entsprechenden Komitees auf südkoreanischer Seite ist, sagt: 


Als der mittlerweile verstorbene Geistliche Moon Ik-hwan 1989 Nordkorea besuchte, schlug er dem damaligen Staatschef Kim Il-sung vor, dass beide Koreas ein koreanisches Wörterbuch schreiben sollten. Der Norden sagte zu. 2004, also Jahre später, unterzeichneten die südkoreanische Gruppe Toward One Korea und der nordkoreanische Nationale Rat für Aussöhnung ein Abkommen über die Zusammenstellung des Wörterbuchs. Im Februar 2005 wurde ein gemeinsames Wörterbuch-Komitee am Kumgang-Gebirge in Nordkorea gegründet. 


Die Geschichte zur Niederschrift eines koreanischen Wörterbuchs geht auf das Jahr 1910 zurück, als der Linguist Ju Si-gyeong damit begann, die Wörter für ein solches Projekt zusammenzustellen. 1938 wurde das erste Wörterbuch des Koreanischen veröffentlicht: 


Die Nordkoreaner wählen normalerweise Wörter der eigenen Sprache, wenn sie reden, während die Südkoreaner zahlreiche ausländische Ausdrücke aufgenommen haben. In einigen Fällen betonen beide Seiten dasselbe Fremdwort unterschiedlich. So wird zum Beispiel Tank (Panzer) in Nordkorea als „ttank“ ausgesprochen. Selbst koreanische Wörter können unterschiedliche Bedeutungen haben. „Dongmu“ wird in Südkorea als „enger Freund“ verstanden, in Nordkorea ist es ein „Kamerad“ oder „revolutionärer Kollege“. 


Die Landesteilung führte dazu, dass viele Wortbedeutungen in Süd- und Nordkorea voneinander abweichen. So sagt eine geflüchtete Frau aus Nordkorea: 


Wir können sagen, „lass uns die Rechnung aufteilen“. Doch viele Südkoreaner sagen „let’s go Dutch“. Ich hatte keine Ahnung, was das heißt. 


In Südkorea sind durch die Entwicklung der Digital-Kultur neuartige Wörter hinzugekommen. In der geschlossenen Gesellschaft Nordkoreas hingegen werden ausländische Lexika nur zögerlich akzeptiert. Die Sprache soll auch dazu dienen, die sozialistische Idee zu vermitteln:


Der wichtigste Grund für ein innerkoreanisches Wörterbuch ist es, die koreanische Sprache zu vereinheitlichen, die sich auf jeder Seite unterschiedlich entwickelt hat. Für die Koreaner ist es das höchste Ziel, die Halbinsel wiederzuvereinigen. Doch selbst wenn Korea politisch und geographisch vereinigt ist, wird es zu Verwirrungen kommen, solange es keine Vereinigung der Gesellschaft und Kultur gibt. Da die Sprache die Basis für beides ist, sollten Süd- und Nordkorea die Sprache der jeweils anderen Seite verstehen und integrieren. 


Das Wörterbuch soll nicht nur Wörter enthalten, die in Süd- und Nordkorea gebraucht werden, sondern auch solche, die von ethnischen Koreanern in der ganzen Welt verwendet werden. Für die Linguisten und Lexikografen aus beiden Koreas ist eine Herausforderung, die Wörter dafür auszuwählen, sie zu definieren und die Schriftkonventionen zu vereinheitlichen: 


Süd- und Nordkorea sind in einigen Punkten voneinander entfernt, darunter bei den Schreibregeln. Für beide Seiten war es schwierig, ihre Prinzipien aufzugeben, weil die Sprache mit dem täglichen Leben der Menschen zu tun hat. Die Gelehrten können aus akademischer Sicht einen Kompromiss eingehen, doch konnten sie es nicht, wenn es um die öffentliche Meinung geht. Sie wissen aber auch, wie wichtig das große Projekt ist. 


Am 16. August 2005 verständigten sich die Spezialisten auf beiden Seiten auf ein gemeinsames Prinzip für die Wörterbuch-Zusammenstellung. Nach diesem Prinzip wollen sie zunächst die Wörter aufnehmen, die in beiden Ländern verwendet werden. Bei unterschiedlichen Wörtern soll eine gemeinsame Absprache getroffen werden. Auf diese Weise sollen mehr als 300.000 Wörter Eingang finden: 


Zunächst wählten wir Wörter aus, die sowohl im südkoreanischen Standard-Wörterbuch des Koreanischen und im Chosun-Sprach-Wörterbuch in Nordkorea stehen. Wir ließen die Wörter aus, die die Menschen nur selten benutzen. Wir hatten dadurch etwa 200.000 Wörter. Wir fügten 100.000 Wörter hinzu einschließlich neuer Wörter und auch solcher Ausdrücke, die sich in regionalen Dialekten wiederfinden. Auf der nächsten Stufe nahmen die südkoreanischen Linguisten Wörter, die mit dem ersten Buchstaben des koreanischen Alphabets beginnen, und die Nordkoreaner wählten die Wörter, die mit dem zweiten Buchstaben anfangen. So wechselten sich die Lexikografen auf beiden Seiten ab und tauschten die Listen aus. Sie versprachen, in den Fällen, in denen es bei Wörtern zu Differenzen kam, das Problem bei künftigen Treffen zu lösen. 


Das gemeinsame Komitee traf sich im November 2005 in Kaesong zum vierten Mal. Dabei wurde eine Einigung über die Richtlinien für die Zusammenstellung des Wörterbuchs erzielt. Im April 2007 verabschiedete die Nationalversammlung in Südkorea ein Gesetz für das gemeinsame Gremium Süd- und Nordkoreas für die Zusammenstellung eines ungekürzten, einheitlichen koreanischen Wörterbuchs. 


Das Gesetz schuf die Grundlage für die Umsetzung des Projekts. In der nächsten Ausgabe wollen wir uns mit dem Fortschritt des Wörterbuch-Projekts befassen.

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