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Nordkorea

Taekwondo in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2023-10-04

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ YONHAP News
Die Asienspiele in der chinesischen Stadt Hangzhou begannen am 23. September. Das Team aus Südkorea gewann seine erste Goldmedaille im Taekwondo. Südkorea dominierte den Taekwondo-Wettbewerb bei den Asiad mit fünf Mal Gold sowie dem Gewinn zweier Silber- und zweier Bronzemedaillen. Nordkorea kehrte nach fünf Jahren Abstinenz zwar wieder erstmals mit einer eigenen Mannschaft zu einer der wichtigsten internationalen Sportveranstaltungen zurück. Doch schickte es keine eigenen Taekwondo-Kämpfer und Kämpferinnen, obwohl es behauptet, Ursprungsland dieser Kampfkunst zu sein. Am 1. September berichtete die offizielle nordkoreanische Zeitung Rodong Sinmun, Nordkorea habe bei der ITF-Weltmeisterschaft in Kasachstan, die vom 18. bis zum 26. August stattfand, den ersten Platz im Gesamtklassement belegt. ITF ist der Internationale Taekwondo-Verband. Nordkorea sandte jedoch keine Taekwondo-Kämpfer zu den laufenden Asienspielen in Hangzhou. Warum? Um diese Frage zu beantworten, sollte untersucht werden, wie Taekwondo eine offizielle Disziplin bei den Olympischen Spielen und den Asienspielen wurde. Die Kampfkunst wurde bei den Asienspielen 1986 in Seoul als offizielle Medaillendisziplin anerkannt. Bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul war sie noch eine Demonstrationssportart, seit den Olympischen Spielen 2000 in Sydney schließlich offizielle Wettkampfdisziplin. World Taekwondo, kurz WT, mit Sitz in Seoul ist der weltweit führende Verband des Sports. Er wird vom Internationalen Olympischen Komittee (IOC) anerkannt. Die WM in Kasachstan wurde jedoch vom Internationalen Taekwondo-Verband organisiert, der von Nordkorea angeführt, aber nicht vom IOC anerkannt wird. Zum Thema sagt Kim Dong-seon, der Honorarprofessor am Kunst- und Sportcollege der Kyonggi-Universität in Südkorea ist:  

Südkoreas Nationalsport Taekwondo hat die gleichen Wurzeln wie das Taekwondo Nordkoreas. Doch beide unterstehen verschiedenen Organisationen. Während der WT von Südkorea angeführt wird, hat der ITF seinen Sitz in Nordkorea. Taekwondo war Demonstrationssportart bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul und 1992 in Barcelona, bevor es bei den Spielen 2000 in Sydney olympisch wurde. Da der IOC nur den WT anerkennt, können die beim ITF angemeldeten Athleten nicht bei Olympia oder den Asienspielen antreten. 

Der Kampfsport hat sich in Süd- und Nordkorea jeweils unterschiedlich entwickelt. Modernes Taekwondo begann in Südkorea in den 1960er Jahren damit, systematisch Gestalt anzunehmen. Dem Kampfsportler Choi Hong-hi kommt der Verdienst zu, Taekwondo verbreitet zu haben. Choi gründete 1966 den Internationalen Taekwondo-Verband. Doch aus politischen Gründen bat er in Kanada um Asyl. Im darauffolgenden Jahr gründete Südkorea eine andere internationale Taekwondo-Organisation, die es Welt-Taekwondo-Verband nannte, und die heute der WT ist. Choi fuhr 1980 mit einem ITF-Demonstrationsteam nach Nordkorea und lehrte dort die Kampfsportart. Während das WT-Taekwondo olympisch wurde und sich zu einem globalen Sport entwickelte, der praktisch von jedem ausgeübt werden kann, richtet der ITF den Fokus mehr auf die Kampfsportart als solche, die in einem realen Kampf angewandt werden kann. Wie sich das in Nordkorea praktizierte Taekwondo von der südkoreanischen Version unterscheidet, konnte beim Auftritt eines nordkoreanischen Demonstrationsteams bei der Welt-Taekwondo-Weltmeisterschaft 2017 im südkoreanischen Muju und den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang beobachtet werden:

Das südkoreanische Demontrationsteam konzentrierte sich mehr auf die sportlichen Aspekte mit spektakulären Bewegungen und Kicks, während die Nordkoreaner kraftvolle und gerichtete Tritte, Schläge und Fausttechniken vorführten, die in einem realen Kampf angewandt werden könnten. Die Südkoreaner trugen Schutzausrüstung an Kopf und Körper, die Nordkoreaner Handschuhe und Schutzvorrichtungen an ihren Händen und Füßen. Auch benutzten sie lediglich einen Mundschutz statt eines Schutzhelms. Das südkoreanische WT-Taekwondo entwickelte sich nach der Anerkennung als olympische Disziplin zu einem Sport. Das nordkoreanische ITF-Taekwondo hingegen bewahrt die Elemente der traditionellen Kampfkunst, die die Disziplin und den eigentlichen Kampf hoch einschätzt. 

Nach Berichten nordkoreanischer Medien verbreitete sich Taekwondo in den 1980er Jahren als nationale Sportart. Ein nordkoreanischer Flüchtling, der Takwondo-Athlet war, sagt, die Regierung Nordkoreas betone, der Republikgründer Kim Il-sung und sein Sohn Kim Jong-il hätten eine große Rolle bei der Entwicklung der Kampfkunst gespielt. In Pjöngjang wurde 1992 die Taekwondo-Halle fertiggestellt. In dieser Einrichtung werden Sportler und Trainer aus Taekwondo-Schulen ausgebildet, die in jeder Provinz entstanden sind. Nordkorea richtete 2017 die Taekwondo-Weltmeisterschaft unter dem jetzigen Machthaber Kim Jong-un aus. Das Land hat Fernsehserien über den Sport ausgestrahlt. Auch wird er in Massenkundgebungen als Instrument zur Förderung der totalitären Herrschaft und des Kollektivismus vorgeführt. Nordkorea behauptet unter Verwendung verschiedener Medien, dass Taekwondo seine Wurzeln in dem Land habe. Es gilt jedoch als allgemein anerkannte Theorie, dass sich Taekwondo in den 80er Jahren gleichermaßen systematisch in Süd- und Nordkorea verbreitet habe. Doch wie so viele Bereiche existiert aufgrund der Landesteilung auch diese Kampfkunst in unterschiedlichen Versionen. So sagt ein Flüchtling aus Nordkorea: 

Zuerst war ich geschockt, als ich die fantastische Fußtechnik der südkoreanischen Athleten sah. Im nordkoreanischen Taekwondo sind die Tritte zwar kräftig, aber eher langsam. Nachdem sie der Vorführung der Südkoreaner zugeschaut hatten, änderten zahlreiche nordkoreanische Athleten ihre Trainingsmethoden. 

Zudem gibt es verschiedene Taekwondo-Ausdrücke. In Südkorea wird beispielsweise das Wort „poomsae“ für bestimmte Muster verwendet, während in Nordkorea dafür „teul“ benutzt wird. Auch gibt es zwei Versionen für Übungskämpfe. Die grundlegenden Bewegungen gleichen und unterscheiden sich zugleich. Professor Kim:

Im südkoreanischen WT erhalten Athleten einen Punktabzug, wenn sie ihrem Gegner mit der Faust ins Gesicht schlagen, während Faustattacken im nordkoreanischen ITF als wichtige Technik gesehen werden. Nordkoreanische Athleten tragen Hand- und Fußschutz wie auch einen Mundschutz. Die WT-Regeln fordern von den Athleten, bei Olympischen Spielen oder anderen internationalen Wettbewerben einen elektronischen Körperschutz wie Polster und Helme zu tragen, die mit einem Sensor ausgestattet sind. Der WT teilt die Athleten in acht Gewichtsklassen bei den Männern und Frauen ein, der ITF in jeweils fünf. 

Das nordkoreanische Taekwondo fügte zudem ein neues Muster, oder “teul“, namens Juche ein. Nordkorea benannte dieses Muster nach seiner Staatsideologie der Eigenständigkeit wohl auch in dem Versuch, diese Idee weltweit durch Taekwondo zu verbreiten: 

Das Juche-Muster besteht aus 45 Bewegungen, die Techniken mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad umfassen. Nordkorea sagt, dass diese Bewegungen den Berg Paektu repräsentieren, der den Geist der koreanischen Nation symbolisiert. Wie wir alles wissen, sollte Sport nie durch politische Faktoren beeinflusst sein. Das ist der Grund, warum sich das IFT-Taekwondo, bei dem die Zahl der Mitglieder begrenzt ist, nicht weltweit verbreiten konnte. 

Obwohl sich das Taekwondo in Süd- und Nordkorea unterschiedlich entwickelte, hat die Kampfkunst auch in der Geschichte der Bemühungen um innerkoreanische Einheit und Harmonie eine Rolle gespielt. Nach dem historischen gesamtkoreanischen Gipfeltreffen im Juni 2000 nahm der grenzüberschreitende Taekwondo-Austausch zu. Ein südkoreanisches Demonstrationsteam besuchte Nordkorea und umgekehrt. Die Taekwondo-Organisationen beider Seiten unterzeichneten 2014 ein wegweisendes Abkommen über die gegenseitige Anerkennung. Sie verschuchten mit gemeinsamen Taekwondo-Demonstrationskämpfen etwas Neues. Die erste gemeinsame Vorführung fand 2014 auf der russischen Insel Sachalin statt, um den 150. Jahrestag der Übersiedlung von Koreanern nach Russland zu begehen. Beide Koreas führten gemeinsame Deomstrationskämpfe am Rande der Weltmeisterschaft 2017 in Muju wie auch der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang auf. Die beiden Hauptverbände einigten sich auch, zusammenzuarbeiten, um Taekwondo in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufzunehmen. Das war Teil der Anstrengungen, den Sport zu integrieren. Selbst nachdem die innerkoreanischen Beziehungen 2019 nach dem Scheitern des zweiten Gipfeltreffens Nordkoreas mit den USA zum Stillstand gekommen waren, gab es gemeinsame Taekwondo-Vorführungen in Europa:

Der innerkoreanische Taekwondo-Austausch wurde ein Thema, nachdem Südkoreas Taekwondo bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul Demonstrationssportart gewesen war. 30 Jahre später wurde anlässlich der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang Taekwondo zu Demonstrationszwecken in Seoul und Pjöngjang vorgeführt. Im November desselben Jahres unterzeichneten WT und der ITF in Pjöngjang ein Abkommen über die Integration des Taekwondo. Auch beschlossen sie, sich zusammen für die Auflistung des Sports unter der UNESCO einzusetzen. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Taekswondo-Verbänden führte dazu, das Taekwondo zu einem wichtigen Sport im grenzüberschreitenden Austausch zu machen und dessen Status in der internationalen Sportgemeinschaft zu heben. Ich denke, diese Bemühungen werden sich positiv auf das Ziel auswirken, dass Taekwondo ein permanenter Bestandteil der Olympischen Sommerspiele und der Paralympischen Spiele wird. Um bei Olympia anzutreten, sollten sich nordkoreanische Athleten, die beim ITF registriert sind, mit den WT-Regeln vertraut machen. Sie könnten darüber hinaus gemeinsam mit südkoreanischen Taekwondo-Kämpfern für verschiedene technische Austauschprogramme trainieren, um so hoffentlich den Prozess der Integration von WT und ITF zu befördern. 

Viele Akteure in der Taekwondo-Gemeinschaft betonten immer wieder, dass die traditionelle Kampfkunst in Süd- und Nordkorea die gleichen Ursprünge habe. Es ist über 20 Jahre her, dass Taekwondo olympisch wurde. Es hat sich nun als globaler Sport etabliert. Es bleibt daher die Hoffnung, dass Süd- und Nordkorea den bilateralen Austausch in diesem Bereich wiederaufnehmen.

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