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Die Schließung des Kaesong-Industrieparks in Nordkorea

2018-07-26

ⓒ YONHAP News

Am Morgen des 27. April dieses Jahres brach der südkoreanische Präsident Moon Jae-in zum dritten innerkoreanischen Gipfeltreffen auf, das an der Grenze zwischen beiden Ländern stattfinden sollte. Kurz nach der Abfahrt stieg er aus dem Auto aus, um winkende Bürger am Straßenrand zu begrüßen. Eine Gruppe von Geschäftsleuten hielt dabei ein Plakat mit den Worten hoch: „Die neue Wirtschaftskarte der koreanischen Halbinsel sollte mit der Normalisierung des Kaesong-Industriekomplexes beginnen“. Er werde sein Bestes tun, sagte Moon zu ihnen. Das Gipfeltreffen hat auch die Hoffnungen auf einen Neustart des Industrieparks in der grenznahen nordkoreanischen Stadt Kaesong genährt. Am 10. Februar 2016 hatte die südkoreanische Regierung überraschend die Schließung des innerkoreanischen Fabrikparks angekündigt. Sie reagierte damit auf einen weiteren Atomtest durch Nordkorea und den Start einer Langstreckenrakete. Der Fabrikpark galt seit dem Baubeginn 2003 als Symbol der innerkoreanischen Aussöhnung und Zusammenarbeit. Die Schließung war ein Schock für die südkoreanischen Produzenten in dem Komplex. Zum Thema sagt der Vorsitzende des Unternehmensverbands des Kaesong-Industriekomplexes, Shin Han-yong:


Ich kann nicht sagen, was ich damals empfand. Ich erinnere mich, dass es der letzte Tag des Mondneujahrstags war. Regierungsbeamte riefen uns an und informierten uns über die Entscheidung nur drei Stunden vor der offiziellen Ankündigung. Sie sagten, dass es keine andere Wahl gebe und dass sie uns unterstützen würden. Doch die Dinge liefen nicht so wie erwartet. Wir fühlten uns vor den Kopf gestoßen. 


Die Unternehmen mussten sich beeilen, um zu packen. Es befanden sich etwa 280 Südkoreaner in dem Komplex, als die Schließung verkündet wurde. Am darauffolgenden Tag kehrten sie über die Grenze nach Südkorea zurück, sie mussten aber zahlreiche fertige Produkte zurücklassen, ganz zu schweigen von den Ausrüstungen. Am selben Tag erklärte auch Nordkorea, den Industriepark zu schließen. Dieser werde unter militärische Kontrolle gebracht. Die Südkoreaner müssten das Land verlassen und die Anlagen würden konfisziert. Es war nicht das erste Mal, dass der Park – zumindest vorübergehend - dichtgemacht wurde. Durch den dritten Atomtest Nordkoreas im Februar 2013 hatten sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern deutlich verschlechtert. Im April desselben Jahres erklärte Nordkorea, dass der Kaesong-Industriepark geschlossen werde. Doch im September wurden die Anlagen wieder in Betrieb genommen. Zur jüngsten Schließung sagt Shin:


Die meisten Unternehmen mussten finanzielle Schwierigkeiten hinnehmen. Nachdem der Industriepark geschlossen wurde, sagten ihnen die lokalen Banken, dass sie ihre Kredite zurückzahlen sollten. Selbst wenn die Unternehmen die Kredite nicht sofort zurückzahlen mussten, so berechneten die Banken doch höhere Zinsen wegen der sinkenden Kreditwürdigkeit der Firmen. Einige von ihnen beschlossen, ihre Fabriken im Ausland zu betreiben, doch auch das war nicht so einfach. 


Die Schließung führte zu Verlusten in Höhe von 1,5 Billionen Won, oder 1,3 Milliarden Dollar. Viele der kleinen Hersteller mussten Insolvenz anmelden. Einige andere verlegten die Produktion ins Ausland, so zum Beispiel nach Vietnam Doch war es schwierig, von gleichen geringen Löhnen wie in Kaesong und ausgebildeten Arbeitern zu profitieren: 


Meine Visitenkarte zeigt noch meinen sehnlichen Wunsch, dass ich dort eines Tages wieder hingehen werde. Es gibt eine kleine Flagge, die die Geschäftsleute an ihre Fahrzeuge kleben, wenn sie nach Kaesong fahren. Auch das Nummernschild wird verdeckt. Einige der Geschäftsleute tragen diese Flagge immer noch bei sich. 


Mittlerweile steigen die Hoffnungen wieder auf die Wiederinbetriebnahme. Bei ihrem Gipfeltreffen am 27. April einigten sich der südkoreanische Präsident Moon Jae-in und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un darauf, ein Verbindungsbüro in Kaesong zu eröffnen: 


Als die neue südkoreanische Regierung im vergangenen Jahr angetreten war, führten wir unter den Unternehmen, die in Kaesong produzierten, eine Umfrage durch. Vor anderthalb Monaten gab es in Zusammenarbeit mit dem koreanischen Verband für kleine und mittelgroße Unternehmen eine ähnliche Umfrage. Das Ergebnis war das gleiche. Fast 90 Prozent der Teilnehmer sagten, dass sie wieder den Parkt betreten wollen. Das ist keine Überraschung, ihre Anlagen befinden sich nach wie vor dort. Hinzu kommt, dass sie bisher keine ausreichende Entschädigung erhielten. Abgesehen von Geschäftsgründen empfinden sie auch eine Art Verantwortung, da sie in Kaesong etwa zehn Jahr lang etwas Besonderes gemacht haben. Einige der Produzenten sagen, dass sie etwas für die Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen tun wollen und ein positives Resultat von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erwarten. 


Was wollen die Unternehmen zunächst tun, wenn der Park wieder geöffnet werden sollte? 


Ich denke nach wie vor an die nordkoreanischen Arbeiter dort. Als ich noch mit ihnen war, dachte ich noch nicht viel an sie. Doch jetzt ist es, als ob ich ihnen näher bin, fast wie zu Verwandten. Als der Fabrikpark 2003 schloss, wurden sie wahrscheinlich an andere Arbeitsplätze beordert. Als ich sie wiedersah, waren ihre Gesichter sonnenverbrannt. Wenn ich sie jetzt wiedersehen würde, würde ich ihnen die Hand geben und mit ihnen essen und trinken.

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