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Das innerkoreanische Projekt zur Wiederherstellung der Gyeongui-Strecke

2018-08-02

ⓒ KBS

Süd- und Nordkorea treiben ihre Kooperation im Bereich des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs voran. Beide Seiten inspizierten am 20. Juli Teile der Donghae-Eisenbahnverbindung an der Ostküste. Am 24. Juli folgte die Inspektion an der Gyeongui-Verbindung im westlichen Teil. Der Zustand der Trassen scheint einigermaßen gut zu sein. Falls Nordkorea sein Atomprogramm abbaut und die Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden, könnten beide koreanischen Staaten ihre Verkehrsverbindungen wiederherstellen. Schon 2000 hegten beide Seiten entsprechende Hoffnungen. Am 18. September 2000 besuchte der damalige südkoreanische Präsident Kim Dae-jung die Zeremonie für die Einrichtung der Gyeongui-Strecke am Imjingak-Pavillon an der innerkoreanischen Grenze. Der Leiter einer lokalen Gesellschaft, die sich „Eisenbahn der Hoffnung“ nennt, Lee Chul, sagt: 


Es hatte damals eine große symbolische Bedeutung. Die Eisenbahnstrecke würde beide Koreas mit China verbinden, von Seoul über Pjöngjang und Sinuiju bis nach Peking. Außerdem war es notwendig für Südkorea, Leute und Materialien in den Kaesong-Industriepark in Nordkorea zu bringen, und von dort Fertigprodukte über die Grenze zu schaffen. Die Gyeongui-Strecke war die nächste Eisenbahnroute zwischen Kaesong und Südkorea. 


Die Strecke geht über 518,5 Kilometer und verbindet Seoul mit Sinuiju an der nordkoreanisch-chinesischen Grenze. Diese wichtigste Verkehrsader der koreanischen Halbinsel wurde 1906 fertiggestellt. Doch wurde sie 1951 während des Korea-Kriegs wieder unterbrochen. Ein Sprichwort sagt mit Blick auf die Strecke: „Das eiserne Pferd hofft, wieder loslaufen zu können.“ Beim innerkoreanischen Gipfeltreffen im Juni 2000 einigten sich beide Länder auf die Wiederherstellung der grenzüberschreitenden Verkehrswege. Am 17. Mai 2007 fuhren versuchsweise wieder Züge auf der Strecke im Westen. Die Gyeongui-Strecke wurde damit zum ersten Mal seit 56 Jahren wieder in Betrieb genommen. Auf dem südkoreanischen Grenzbahnhof in Munsan waren die Menschen sehr aufgeregt: 


Zahlreiche Vertreter der koreanischen Eisenbahngesellschaft, oder Korail, waren anwesend, und auch ich bestieg damals den Zug. Ich war damals für das Projekt zuständig. Es war eine aufregende Veranstaltung. Der Zug verließ Munsan und fuhr zum Bahnhof Bongdong, der am Kaesong-Industriepark lag. Es war wirklich ein historischer Moment, als der Zug die militärische Demarkationslinie überfuhr. Viele, die im Zug waren, darunter auch Nordkoreaner, waren zu Tränen gerührt. 


Die Testfahrt ging über eine Teilstrecke von 27,3 Kilometern. Die Menschen jubelten damals und riefen „Wiedervereinigung“. Der reguläre Frachtbetrieb begann am 11. Oktober 2007 zwischen Südkorea und Kaesong. Doch der Service endete bereits wieder am 28. November 2008. Hintergrund war der Tod einer südkoreanischen Touristin im Kumgang-Gebirge in Nordkorea, wo sie von einem Soldaten erschossen wurde: 


Ich erinnere mich, dass während der zehn Monate 222 Mal Güterzüge fuhren. Es war bedeutungsvoll, dass der innerkoreanische Schienenverkehr zum ersten Mal seit dem Korea-Krieg wieder regelmäßig betrieben wurde. Doch unglücklicherweise wurde der Betrieb nach weniger als einem Jahr wieder eingestellt. Ich hoffte nur, dass die Eisenbahnstrecke wieder geöffnet wird. 


Als Folge der gespannten Beziehungen zwischen beiden Ländern wurde die Strecke bis heute nicht mehr geöffnet. Bei ihrem Gipfeltreffen Ende April einigten sich beide Seiten aber darauf, die Eisenbahnverbindungen wiederherzustellen: 


Südkorea hängt zum großen Teil vom Transport über das Meer oder durch die Luft ab, was eine Menge Geld und Zeit kostet. Der Gütertransport auf der Schiene würde nur etwa zwischen einem Fünftel und der Hälfte davonkosten. Die Gyeongui-Strecke im Westen der Halbinsel ist angesichts des wachsenden wirtschaftlichen Austausches mit China wichtig. Die östliche Donghae-Strecke, die  mit Russland und selbst London verbunden sein würde, könnte Südkorea finanzielle Vorteile verschaffen, wenn Öl und Gas befördert werden. Zahlreiche Menschen werden sehr aufgeregt sein bei dem Gedanken, mit der Transsibirischen Eisenbahn fahren zu können. 


Sollten die innerkoreanischen Eisenbahnverbindungen wiederhergestellt werden, könnten Südkoreaner problemlos mit dem Zug bis nach Europa reisen. Es dauert derzeit 35 bis 50 Tage, Güter von Korea nach Europa mit dem Schiff zu transportieren. Auf der Schiene würde diese Zeit auf 17 bis 25 Tage verkürzt. Die Wiederverbindung wäre der erste Schritt, das wirtschaftspolitische Ziel einer „neuen Wirtschaftskarte für die koreanische Halbinsel“ der südkoreanischen Regierung zu erfüllen. Die Wiederherstellung der Gyeongui-Strecke würde die Ära einer “Eisen-Seidenstraße” einläuten, die Europa mit Asien verbindet. Zunächst müssen noch die Streckenteile in Nordkorea modernisiert werden. Viele Koreaner wie Lee hoffen derweil auf eine rasche Öffnung der grenzüberschreitenden Strecke.

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