Teil 1: Der Tempel Bulguksa und die Seokguram-Grotte

Dem Tempel Bulguksa und der Seokguram-Grotte wurden 1995 als erste koreanische Kulturgüter der Titel UNESCO-Welterbe verliehen.
Von 'Bulguksa' und 'Seokguram', den beiden Meisterwerken der buddhistischen Philosophie und des künstlerischen Geistes der Menschen von Silla, die sich auf dem Toham-Berg in Gyeongju befinden, wird ein geheimnisvoller Mythos um deren Entstehung erzählt.

"Mutter, Mutter, wo bist du?"
"Ich bin hier, Dae-seong. Was ist los?"
"Mutter, ich hörte einen Mönch vor unserem Haus, ein Mantra singen. Er sagte, wenn wir dem Buddha eine Gabe bringen, werden wir mit allem Glück der Welt gesegnet."
"Aber wir haben doch nichts, das wir dem Buddha geben könnten."
"Uns gehört doch ein winziges Stück Acker. Wenn wir dieses mit unserem ganzen Herzen darbringen, wird uns sicherlich Gutes widerfahren."

Es war in den Anfängen des Vereinigten Silla-Reiches, unter der Regentschaft von König Hyoso, der 692 den Thron bestieg.
In dem Dorf Moryang-ri lebte ein 17-jähriger Junge mit dem Namen Dae-seong, der trotz eigener Armut sein hart erarbeitetes Grundstück an einen Tempel gab.
Aber nicht lange nachdem er die Gabe dargebracht hatte starb Dae-seong.

Zehn Monate danach~~

"Liebe Frau, es ist schon eine Woche her, seit das Kind geboren wurde. Kann es immer noch nicht die Finger der linken Hand strecken?"
"Heute Morgen hat es endlich seine Finger gestreckt. Aber .... auf der Handfläche standen Buchstaben geschrieben."
"Buchstaben? Stand vielleicht ‚Dae-seong‘ darauf?"
"Wie konntet Ihr das wissen?"
"Vor zehn Monaten verkündete mir eine Stimme des Himmels, Dae-seong aus dem Dorf Moryang-ri werde bei uns auf die Welt kommen. Da es sicherlich einen Grund gibt, dass er in unserem Haus wiedergeboren wurde, sollten wir ihn nicht Dae-seong nennen und seine alte Mutter zu uns nehmen?"

Von da an lebte Dae-seong mit seinen neuen Eltern und mit seiner Mutter aus seinem früheren Leben und kümmerte sich fürsorglich um sie. Er wuchs zu einer bedeutenden Person heran und wurde Minister. 751 ließ er für seine Eltern in seinem neuen Leben, das Ehepaar Kim Mun-ryang, den Tempel ‚Bulguksa‘ errichten. Für seine Mutter aus seinem früheren Leben baute er ‚Seokguram‘.
Beide Bauwerke wurden 774, im zehnten Regierungsjahr von König Hyegong, fertiggestellt.
Sie sind eine Verkörperung der Hoffnung der Menschen von Silla.

Nach erbitterten Kämpfen um die Vormachtstellung auf der koreanischen Halbinsel vereinigte das Silla-Königreich im Jahr 668 die Reiche Baekje und Goguryeo und bemühte sich seitdem um die Schaffung eines friedlichen ‚Bulguk‘, eines ‚Landes des Buddhas‘.
Die 33 Stufen der Brücke der blauen Wolken ‚Cheongungyo‘ und der Brücke der weißen Wolken ‚Baegungyo‘ stehen für den Weg vom Diesseits ins Reich des Buddhas.
Die beiden Steinpagoden ‚Dabotap‘ und ‚Seokgatap‘ sind dem Dabo Yorae, dem Buddha der vielen Schätze, und Shakyamuni Buddha und ihren buddhistischen Lehren geweiht.
Die vier Haupthallen Gwaneumjeon, Birojeon, Daeungjeon und Geungnakjeon symbolisieren die Welt des Buddhas in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Dass so viele Buddhas in einem Tempel verweilen ist ein Ausdruck des Wunsches der Menschen von Silla, die Wunden der Kriege zu heilen und eine Utopie Realität werden zu lassen.

Während der Tempel Bulguksa die Realisierung der Welt des Buddhas in dieser Welt versinnbildlicht, stellt die Seokguram-Grotte den Augenblick des Erreichens des Nirwana, die Erlösung des Buddhas Shakyamuni aus dem Kreislauf des Leidens und seinen Wandel zum erleuchteten Buddha dar.
Seokguram wurde am östlichen Teil des Toham-Berges gebaut, von wo aus man eine gute Sicht auf die über dem Ostmeer aufgehende Sonne hat. Damit sollte das Erlöschen der Dunkelheit und die gleichsam von Licht durchflutete Erleuchtung zum Ausdruck gebracht werden. 565 Meter über dem Meeresspiegel wurde eine künstliche Grotte aus Granitblöcken errichtet und in deren Zentrum eine 3,5 Meter hohe Statue des Buddhas im Lotossitz mit einem sanften Lächeln gestellt.
Am Eingang und im Korridor wachen Statuen von Schutzgeistern und Tor- und Welthütern.
An den Wänden der inneren Kammer wurden Arhats und Bodhisattvas dargestellt.

Von den Baumeistern des Silla-Reiches wurden die harten Granitblöcke behauen und die Kuppel nach einem die heutige Wissenschaft noch immer überraschenden Verfahren mit mehr als 360 schweren Steinplatten geschaffen.
Seokguram ist daher nicht nur der Ausdruck des Bestrebens der Person Kim Dae-seong, sondern vereint in sich die Religion, Kunst, Architektur und Wissenschaft der Silla-Zeit.

Bulguksa', die perfekte architektonische Darstellung der Lehren des Buddhas.
Seokguram', ein einzigartiges Objekt der Wissenschaft und Kunst
Beide Bauwerke versinnbildlichen die Kraft der Kultur und Wissenschaft und die religiöse Hingabe des Vereinigten Silla-Reiches. Sie verkörpern den Traum von einer schönen Welt, den die Menschen von Silla vor rund 1200 Jahren träumten.

Close